HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK
wecken.
Plötzlich hörte er es klopfen. Er hob den Kopf und blickte durch die geöffnete Tür in den Salon. Niemand war da.
Es klopfte wieder, nachdrücklicher. Verdammt, verdammt, verdammt! Er setzte sich auf und drehte sich herum.
Emma öffnete verwundert die Augen. „Hugo?“
Erneut klopfte es.
Jetzt hörte sie es auch. Und offensichtlich rechnete sie damit, dass augenblicklich jemand zu ihnen hereinkommen würde.
Hugo nahm ihre Hand und drückte sie fest. „Mach dir keine Sorgen, meine Süße“, beruhigte er sie. „Irgendjemand scheint etwas von mir zu wollen, das ist alles. Gib mir einen Augenblick Zeit, dann werde ich ihn wegschicken.“ Er sah auf sie hinunter. Sie war so begehrenswert, sein ganzer Körper sehnte sich nach ihr. „Bleib hier“, flüsterte er. „Es wird nur einen Moment dauern.“ Er hastete zur Tür und richtete dabei sein Krawattentuch.
Es klopfte weiter. Hugo riss die Tür auf. „Was zum Teufel soll dieser Lärm?“, fragte er wütend, dann verstummte er.
Es gab Ärger.
„Oh Gott“, sagte er matt. „Was ist es diesmal?“
Kit erwiderte nichts, blickte lediglich den Korridor hinauf und hinunter.
„Du solltest wohl besser hereinkommen.“ Hugo drehte sich um und überließ es seinem Bruder, die Tür zu schließen, während er selbst die Tür zum Salon zuzog. Emma sollte besser nichts von dem hören, was jetzt besprochen wurde.
Emma hielt die Augen geschlossen und versuchte nicht zu denken. Denken hinderte sie am Fühlen, und das Fühlen war wundervoll. Er begehrte sie. Wenn er sie berührte, stand sie in Flammen. Wenn er sie küsste, sehnte sie sich danach, eins mit ihm zu werden. Gleich würde er wiederkommen und sie weiter küssen …
Sie war müde, und gleichzeitig wartete ihr ganzer Körper gespannt darauf, dass er sie erneut berührte. Mit ihm fühlte sie sich lebendig wie nie zuvor in ihrem Leben. Sie seufzte und kuschelte sich tiefer in die Kissen. Sie brauchten Zeit, gemeinsam und allein, um ihre Probleme zu lösen. Sie war mehr als bereit, ihre Schwächen zu zeigen, wenn er ihr nur bewies, dass er sie nicht verachtete. Und das tat er nicht, so, wie er sie begehrte.
Sie durchlebte noch einmal die letzten fünf Minuten – die Küsse, die heiteren Neckereien, das Vergnügen, von ihm getragen zu werden. Sie wollte diese Bilder für immer in ihrem Herzen bewahren und versuchte sich zu erinnern, wie er die Stirn gerunzelt hatte, während er sie über die Schwelle trug. Er war viel, viel stärker, als sie es geglaubt hatte, sehr viel stärker …
Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Sie hatte vergessen, wie ermüdend eine lange Kutschfahrt sein konnte. Vielleicht hatte Tante Augusta recht gehabt. Sie sollte ein kleines Schläfchen machen, das würde nichts schaden. Gewiss würde Hugo sie wecken, wenn er zurückkam …
„Nein, Madam“, erklärte die Zofe mit bleichem Gesicht. „Genau das hat der Major gesagt. Er ließ es mich zwei Mal wiederholen, ehe er mit dem anderen Gentleman fortging.“
Emma stand von ihrem Stuhl auf und begann hin und her zu wandern. Das konnte nicht stimmen. Er hatte es versprochen. „Wiederhol es mir bitte, Sawyer“, verlangte sie in scharfem Ton.
„Der Major trug mir auf, Ihnen auszurichten, dass er in einer dringenden Angelegenheit abgerufen wurde. Er wird versuchen, rechtzeitig zurück zu sein, um Sie zu Lady Dunsmore zu begleiten, indes sollen Sie sich seinetwegen nicht verspäten.“
„Ich verstehe“, erwiderte Emma unglücklich. Was konnte derart dringend sein, dass er einfach davonging? So benahm sich kein liebender Ehemann. Sie fühlte den überwältigenden Drang, etwas gegen die Wand zu werfen, doch sie beherrschte sich. Schließlich befand sie sich im Haus ihrer Tante.
„Oh, und er lässt Ihnen sein Bedauern ausrichten. Das habe ich beim ersten Mal vergessen.“
„Danke“, sagte Emma ruhig. Das war wenigstens ein kleiner Trost, auch wenn es ihr nicht über ihre zerstörten Träume hinweghalf. Sie war also begehrenswert, gleichwohl rangierte ihre Anziehung hinter dem beiläufigen Besuch eines Freundes auf dem zweiten Rang. In Major Strattons Welt war sie offensichtlich unbedeutend. Er hatte sich umgezogen und war dann ohne ein Wort verschwunden.
Sie würde ihm nicht zeigen, wie sehr seine Missachtung sie kränkte. Sie hatte ihm bereits genug Schwächen dargeboten. Heute Abend wollte sie eine Dame der Gesellschaft sein, die sich unter den Vornehmsten zu bewegen wusste. Er würde es nicht wagen, sie zu
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