HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK
Gemahl fragend an. Es schien, als wäre er meilenweit fort. „Richard meinte, du wärest zu beschäftigt zum Schreiben. Verpflichtungen oder so. Aber daran lag es nicht, oder?“
„Nein“, sagte Hugo kurz.
Emma drängte ihn nicht weiter. Stattdessen fuhr sie fort, in ihrem üblichen gesellschaftlichen Tonfall zu plaudern. „Und dann war ich in London und sah Richard seltener. Er erzählte mir, dass ihr gelegentlich wieder korrespondiertet, allerdings las er mir keine Briefe mehr vor. Ich vermisste sie.“ Sie errötete. „Ach je, wie kindisch das klingt! Ich …“
„Es klingt sehr viel netter, als ich es verdiene, Emma“, versetzte Hugo nachdenklich. „Und ich danke dir dafür. Ich denke, ich hätte wissen müssen, dass Richard dir von meinen Briefen erzählt. Er schrieb selbst viel von dir.“
Emma errötete wieder.
„Ich lachte sehr über seine Geschichten von deinen Streichen. Das war natürlich, ehe deine Tante eine Dame aus dir machte.“
„Du hast recht. Alles, was Richard von mir hätte erzählen können, nachdem ich bei Tante Augusta gewesen war, hätte dich nur gelangweilt.“ Sie lächelte ihm neckend zu. Wie würde er darauf reagieren?
„Das wage ich zu bezweifeln, meine Liebe.“
„Mir scheint, Sie möchten mich beleidigen, Sir“, erklärte Emma in gespielter Empörung und warf ihm einen langen Blick zu.
Das war zu viel. Er kam zu ihr und zog sie in seine Arme. „Das, meine liebe Gemahlin, ist etwas, das ich niemals tun würde“, sagte er mit rauer Stimme und beugte sich über sie.
Es war ein zarter, behutsamer Kuss, ganz anders als alle anderen, die sie bisher von ihm erhalten hatte. Emma reagierte mit dem ganzen Körper darauf. Ihr wurde heiß, und diese Hitze breitete sich in ihrem ganzen Inneren aus. Diesmal vermochte sie nicht passiv zu bleiben, die Empfindungen waren zu stark. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und erwiderte seine Liebkosungen, zuerst zögernd, dann immer leidenschaftlicher. Hugo riss sie an sich, eine Hand an ihrem Kopf, die andere ließ er über ihren Rücken gleiten. Der Kuss schien endlos zu dauern, und die Gefühle, die er in ihr weckte, waren schier überwältigend.
Schließlich löste Hugo sich von ihr. Er atmete schwer. Emma selbst keuchte beinahe, während sie ihn mit großen Augen ansah. Sie begriff nicht im Geringsten, was da mit ihr geschehen war, indes wusste sie, sie hatte sich wie ein Straßenmädchen benommen. Was mochte er jetzt von ihr denken? Sie fühlte, wie sie errötete, und wollte aus dem Zimmer laufen, doch Hugo war schneller.
Sacht nahm er ihre Hand. „Emma, du musst keine Angst haben.“ Er zog ihre Finger an seine Lippen und küsste sie mit ausgesuchter Höflichkeit. „Ich habe dich verwirrt. Das tut mir leid. Aber glaub mir bitte, dass ich dir niemals wehtun möchte. Es gibt keinen Grund für dich davonzulaufen.“
Emma wandte sich ab. Sie fürchtete sich vor dem, was sie vielleicht in seinen Augen sehen würde. Und sie wusste, dass seine Worte ihr entsetzliches Benehmen nicht entschuldigten.
„Ich werde gehen“, fuhr Hugo ruhig fort und ließ sie los. „Ich glaubte, du könntest dich an mich gewöhnen, gleichwohl verstehe ich, wie schwierig es für eine schöne junge Frau wie dich sein muss, zu einer Ehe mit einem solchen Wrack wie mir gezwungen zu sein. Vielleicht, mit der Zeit …“
Emma fühlte sich schuldig. Tränen stiegen ihr in die Augen, die jeden Moment überzufließen drohten. Er sollte sie nicht weinen sehen – ebenso wenig jedoch wollte sie, dass er einfach fortging. Sie nahm all ihren Mut zusammen. „Du irrst dich, Hugo“, sagte sie leise. „Ich fürchte mich nicht vor dir. Und du bist nicht …“ Ihre Hände zitterten. Sie presste sie zusammen, damit er es nicht bemerkte. Dann fuhr sie flüsternd fort: „Das, wovor ich mich fürchte, sind die Gefühle, die du mich empfinden lässt.“
20. KAPITEL
Schweigen breitete sich aus, und Emma schluckte schwer. Was hatte sie gesagt? Sie musste fort von ihm und allein sein. Mit gesenktem Kopf wollte sie aus dem Raum eilen.
Mit zwei Schritten war Hugo bei ihr und schloss die Tür. Dann lehnte er sich dagegen und sah sie an. Er unternahm keinen Versuch, sie zu berühren. Er hatte sich über sich selbst geärgert, weil er seinem Vorsatz untreu geworden war, aber nun, da er ihre Tränen sah und ihre Worte vernahm, empfand er nichts als Freude. „Du musst dich vor überhaupt nichts fürchten, meine Liebe“, versicherte er ihr leise und wartete darauf, dass
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