Hoffnung ist mehr als ein Wort (Bianca) (German Edition)
gegen alles und jeden auflehnte, seit er in IdaBelle Falls war? Gegen Beulah und Libby, die Hitze und das Haus, die Hunde und jetzt auch die Arbeit in der Kindertagesstätte.
Ganz davon abgesehen fragte sie sich, warum es sie nach ihrer seltsamen Trennung vor über einem Jahrzehnt überhaupt scherte, ob er eine schwierige Zeit durchmachte. Denn Travis hatte schon damals in Chicago gelebt und ihr somit kaum Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft gemacht. Warum hatte sie sich also überhaupt auf ihn eingelassen?
Ganz einfach, weil ich ihn geliebt habe. Und jetzt? Sie trug ihm nichts nach. Sie hatte ihm verziehen. Er tat ihr vielmehr leid, weil er seine Schwester verloren hatte und vor der schweren Aufgabe stand, Libby aufzuziehen.
Wozu sollte Kit ihm sein feiges Verhalten von damals immer noch verübeln? Sie war glücklich verlobt und sie hatte aus der Erfahrung mit ihm gelernt, vor allem, dass sie realistisch bleiben und sich romantische Flausen aus dem Kopf schlagen musste.
„Komm mit.“ Sie ging zur Heubodentreppe und öffnete die Kindersicherung. „Unser Büro ist zwar nicht so effizient ausgestattet wie deins, aber bisher hat es gereicht.“
„Wie stehen die Dinge denn so?“ Er folgte ihr auf die erste Treppenstufe und schloss das Gitter hinter sich. „Geschäftlich, meine ich.“
„Gut.“ Allzu lebhaft erinnerte sie sich, was sie bei ihrem letzten gemeinsamen Aufenthalt in einem Loft getrieben hatten. Eigentlich wollte sie ihm nur helfen, seinen Kummer zu überwinden, aber ganz plötzlich konnte sie nur noch daran denken, dass sich ihr Po auf der Treppe voll in seinem Blickfeld befand.
Oben angekommen, ging sie zu den beiden aneinandergestellten Schreibtischen bei den großen Fenstern – den ehemaligen Ladeluken.
Beide Arbeitsplätze waren mit einem Computer älteren Modells ausgestattet und übersät von aufgestapelten Papieren und einem Sammelsurium aus gebastelten Gegenständen, von Tonaschenbechern über Pappmascheepilzen zu Osterkörben aus Milchpackungen.
Im Gegensatz zum unteren Teil der Scheune, den die Kinder benutzten, war das Loft größtenteils von Modernisierungsarbeiten verschont geblieben. Die jahrhundertealten Dielen waren abgeschliffen, versiegelt und stellenweise mit farbenfrohen Lumpenteppichen ausgelegt worden. Gemütliche Sessel, Bodenlampen und eine kunterbunte Sammlung an Topfpflanzen sorgten für einen heimeligen Touch vor dem Hintergrund unbehandelter Holzpaneele an den Wänden.
Interessiert sah Travis sich um. „Hübsch!“, bemerkte er.
Sie fragte sich, ob er ebenso wie sie an ihre wilde Zeit in einem ganz ähnlichen Raum dachte. „Danke.“
„Das Beste hier oben ist, dass ich von diesen räudigen Hunden weg bin.“
Sie lachte. „Das meinst du nicht im Ernst! Gib ihnen ein paar Tage. Dann wirst auch du sie lieben.“ Und hoffentlich auch IdaBelle Falls.
Sie überlegte, wie sie ihn in Einklang bringen konnte mit dem Jungen von früher, der einmal sehr glücklich in diesem Städtchen gewirkt hatte. Denn das war zweifellos die Aufgabe, die Marlene ihr zugedacht hatte. Von Travis wollte sie wissen: „Wieso sind sie eigentlich frei herumgelaufen? Wenn sie nicht im Haus oder im Schuppen sind, sollten sie im umzäunten Teil des Hofs sein.“
„Ich denke, das ist gestern Abend passiert.“ Er rieb sich das stoppelige Kinn. „Ich habe sie aus dem Haus gescheucht, weil die Situation mit Libby etwas angespannt war.“
„Deswegen kannst du sie doch nicht einfach rauswerfen! Sie leben hier.“
„Falsch. Ich lebe jetzt hier. Und ich sage, dass diese Hunde zu verschwinden haben. Punkt.“
Er stand ihr so nahe, dass sie sein teures Aftershave in einer Mischung aus Babypuder und Pfirsichbrei riechen konnte. Plötzlich fühlte sie sich verloren in seinem Schatten. War er schon immer so groß gewesen? So mächtig? „Das kannst du nicht tun. Marlene und Gary haben diese Hunde geliebt. Sie haben jeden Einzelnen am Straßenrand aufgelesen und gerettet.“
„Ja und? Ich bin nicht wie Marlene oder Gary. Versuch nicht, aus mir einen Ersatz für sie zu machen.“
„Ich kann es nicht fassen!“ Verärgert schüttelte Kit den Kopf. „Was ist bloß aus dir geworden? Du warst früher mal so …“
Er trat einen Schritt auf sie zu. „Was denn?“
Wenn er ihr so nahe kam, konnte sie nicht mehr klar denken, ja nicht einmal richtig atmen. Ihr Herz schien nicht länger reibungslos zu funktionieren. Es schlug nicht mehr stetig, sondern pochte ganz unregelmäßig. Was stimmte
Weitere Kostenlose Bücher