Hoffnung ist mehr als ein Wort (Bianca) (German Edition)
attraktiv fand, obwohl sie am Abend mit Levi verabredet war. Verlobt zu sein, bedeutete allerdings noch lange nicht, dass es ihr verboten war, die Vorzüge anderer Männer zu erkennen. Oder sich daran zu erinnern, welch ungeheures Vergnügen diese Vorzüge ihr verschafft hatten. Und mich zu fragen, was gewesen wäre, wenn es anders zwischen uns gelaufen wäre.
Aber Travis hatte ihr damals sehr wehgetan. Warum also fühlte sie sich nun wieder zu ihm hingezogen?
„Es tut mir leid“, sagte sie.
„Was denn?“, fragte er.
Sie räusperte sich. „Dass ich dir unterstellt habe, dass du die Tür offen gelassen hast. Bevor Lincoln in den Bus gestiegen ist, hat er gestanden. Er war’s, denn er wollte, dass Clara Probleme kriegt, weil sie das Lenkrad von seinem Lieblingsmodellauto abgekaut hat.“
„Schon gut.“
„Na ja, du sollst nicht denken, dass ich dir die Schuld gebe …“
„Machen wir uns nichts vor. Ich funktioniere besser in einem Sitzungssaal als in einem Spielzimmer.“
„Das würde ich nicht sagen.“ Sie stieß ihn mit einem Ellbogen an und traf auf steinharte Bauchmuskeln. Verlegen rückte sie von ihm ab. Nur gucken, nicht anfassen! „Außerdem ist es dein erster Tag. Bis die Sorgerechtsklage vor Gericht kommt, bleibt dir reichlich Zeit, das Babysitten in den Griff zu kriegen.“
„Na, prima.“ Er spülte den letzten roten Plastikbecher ab, zog den Stöpsel aus dem Spülbecken und trocknete sich die Hände ab. „Und ich hatte gehofft, dass du mir nach dem Chaos heute Morgen sagst, dass ich nicht wiederkommen soll.“
„Das hättest du wohl gern!“ Sie schlug ihm auf die Schulter, die ebenfalls steinhart war. Was war nur in sie gefahren? Warum konnte sie die Hände nicht von ihm lassen? Warum wollte sie ihn ständig in ihrer Nähe haben?
Weil sie ihn mochte. Und weil er sie auf subtile Weise an Marlene erinnerte. Demnach diente er ihr gewissermaßen als Trostpflaster. Sollte ich mich zu diesem Zweck nicht eigentlich an Levi wenden?
„Unbedingt.“ Travis zwinkerte ihr zu. „Genau das hätte ich gern.“
Sie vergrub die Hände in den Jeanstaschen – nur für den Fall, dass es sie wieder überkam, seine Vorzüge auszutesten. „Jetzt mal im Ernst. Es wird mit der Zeit leichter. Aber wenn du lieber eine Aufgabe möchtest, die eher deinem Metier entspricht, kann ich dir die Buchführung anbieten.“
„Das klingt gut.“
„Hallo, ihr zwei.“ Chrissy holte ihre Wasserflasche aus dem Kühlschrank und nahm einen großen Schluck. Sie war klein und rundlich und ständig auf Diät. „Gott sei Dank ist die Rasselbande für zwei Sekunden beschäftigt, sie schneiden Melonen aus Bastelpapier aus. He, Travis, wie gefällt Ihnen Ihr neuer Job?“
„Bisher hat es mir mehr Spaß gemacht, mir den Blinddarm rausnehmen zu lassen.“ Obwohl er schmunzelte, verriet eine gewisse Traurigkeit in seinen Augen, dass eine Spur Ernst hinter der Bemerkung steckte.
Kit spürte, dass er sich miserabel fühlte. Lag das nur an den Schwierigkeiten mit den Kindern oder an der Situation im Allgemeinen? Schließlich musste er nicht nur Marlenes Tod verarbeiten, sondern sich auch noch in einen fremden Lebensstil fügen.
„Zum Glück haben Sie Ihren Humor noch nicht verloren.“ Chrissy zwinkerte ihm zu, nahm noch einen Schluck Wasser und lief zu den Kindern zurück.
„Bist du okay?“, erkundigte sich Kit.
„Inwiefern?“ Er rieb sich den Nacken und blickte aus dem Fenster zu dem verwilderten Garten, den traurigen Hunden und dem noch trauriger wirkenden Haus.
Sie trat zu ihm und verspürte erneut den Drang, ihn zu berühren. Warum hatte sie in seiner Nähe immer das Gefühl, dass die Zeit stehen geblieben war und keinerlei Jahre der Trennung zwischen ihnen lagen? „Du wirkst so bedrückt.“
Ohne sie anzusehen, zuckte er die Schultern. „Das liegt wohl an der schweren Situation.“ Er schüttelte den Kopf. „Ist nicht weiter wichtig. Vielleicht hilft mir die Beerdigung, damit abzuschließen. Führst du mich jetzt zu diesen Büchern?“
„Sicher.“ Der Kummer auf seinem Gesicht schnürte ihr die Kehle zu. Sie wollte ihm helfen, sich wieder besser zu fühlen. Sie wollte den letzten Wunsch seiner Schwester erfüllen und ihm zeigen, dass es mehr im Leben gab als Arbeit. Mehr als das schwerwiegende Pflichtgefühl gegenüber seinem Großvater gegenüber, dem er sich unterworfen hatte, seit sein Vater aus dem Familiengeschäft ausgestiegen war.
Doch wie sollte Kit ihn bekehren, wenn Travis sich ständig
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