Hoffnung ist mehr als ein Wort (Bianca) (German Edition)
…
„Mrs Redding“, begann der Richter mit tiefer dröhnender Stimme, „ist es wahr, dass Sie dieses Flugblatt an sämtliche Geschäftspersonen in IdaBelle Falls und in einem Umkreis von zehn Meilen verteilt haben?“
Bisher war die Anhörung recht zwanglos verlaufen. Als Beulahs Rechtsbeistand nun die Frage für sie zu beantworten versuchte, rief der Richter ihn jedoch streng zur Räson und beharrte: „Mrs Redding, haben Sie diese Flyer verteilt oder nicht?“
„Ja, Sir.“
„Angesichts der fadenscheinigen Grundlage für die Testamentsanfechtung habe ich mir bereits eine Meinung gebildet.“ Er blickte von Beulah zu Travis. „Doch im Interesse des Kindes, dessen Wohl im Mittelpunkt dieser Anhörung steht, möchte ich von Ihnen beiden hören, warum es Ihrer Meinung nach in Ihrem Zuhause jeweils am besten aufgehoben wäre. Mrs Redding, Ladys first!“
„Danke, Euer Ehren.“ Beulah stand auf, räusperte sich und betupfte sich die stark geschminkten Augen. „Was ich meiner Enkeltochter zu bieten habe, mag jemandem wie Travis Callahan als wertlos erscheinen. Aber es ist etwas, das meinem Sohn und Mr Callahans Schwester sehr viel bedeutet hat.“ Sie holte zittrig Luft. „Dieses Etwas ist das Kleinstadtleben. Die Gewissheit, dass niemand in IdaBelle Falls jemals allein ist. Dass wir alle Gottes Geschöpfe sind und einander beistehen in jeder …“
„Ach, hast du deswegen jeden in der Stadt angestiftet, keine Geschäfte mit mir zu machen?“
„Mr Callahan!“, rief der Richter, „hätten Sie freundlicherweise die Güte zu warten, bis Sie an der Reihe sind?“
Travis konnte Beulahs schamlose Lügen nicht im Raum stehen lassen. Er sprang auf und knallte die Handflächen auf den Tisch. „Waren diese Flyer dazu gedacht, Gastfreundschaft und warmherzige Gefühle mir gegenüber in dieser ach so anständigen aufrechten Gemeinde zu erwecken?“
„Mr Callahan!“, donnerte der Richter.
Beulah erklärte: „Ich habe die Leute nur gebeten, es dir ein klein bisschen schwerer zu machen, damit du dich an eine bestimmte Person um Hilfe wenden musst. Ich hatte gehofft, dass du und Kit mit ein bisschen Glück …“
Ein kollektives Raunen ging durch den Zuschauerraum.
„Ruhe im Saal!“ Der Richter knallte seinen Hammer auf die Bank.
Travis setzte sich.
„Danke, Mr Callahan. Zurück zu Ihnen, Mrs Redding. Ich will überhört haben, dass Sie gerade eingestanden haben, in dieser Anhörung nichts weiter als ein Spielchen zu sehen. Fangen Sie noch einmal von vorne an. Antworten Sie diesmal bitte aufrichtig und ehrlich.“
Sie schniefte und betupfte sich erneut die Augen.
„Und möglichst bald bitte!“, drängte Richter Washington. „An diesem Gericht ist der Terminplan äußerst straff.“
„Euer Ehren, meine Gründe dafür, Libby hierbehalten zu wollen, sind sehr persönlich. Ich habe meinen Sohn inniglich geliebt. Ihn zu beerdigen, war das Schlimmste, was ich mir vorstellen kann – abgesehen von dem Gedanken, seine geliebte Tochter auch zu verlieren und niemals wiederzusehen. Deswegen und weil ich einfach zu alt bin, um das Kind aufzuziehen, wollte ich Travis zu der Einsicht bringen, wie wundervoll sich in IdaBelle Falls eine Familie gründen lässt.“
Sie legte eine kleine Pause ein und verkündete dann reumütig: „Mir ist doch bewusst, dass meine Methoden fragwürdig waren. Ich kann ihn nur ebenso wenig dazu bringen, sich in die Patentante meines kleinen Schatzes zu verlieben, wie ich ihn dazu bewegen kann, unser nettes kleines Städtchen zu mögen. Aber finden Sie nicht, dass ich es mir und meiner Enkeltochter schuldig war, es wenigstens zu versuchen?“
Mit einem Blick über die Schulter stellte Travis fest, dass Levi die Zähne zusammenbiss.
„Kurzum“, fuhr Beulah fort, „ich weiß nicht, wie ich es verwinden soll, nach meinem Sohn auch noch meine Enkeltochter zu verlieren. Aber der Wahrheit halber muss ich zugeben, dass Travis seine Sache gut macht. Er versagt keineswegs in der Vaterrolle, wie ich erwartet hatte. Trotzdem kann ich es nicht gutheißen, dass er mit dem Kind nach Chicago verschwindet. Es tut mir also einfach nur leid. Ich dachte, ich hätte im Interesse aller Beteiligten gehandelt, aber …“ Sie sank auf ihren Stuhl und putzte sich lautstark die Nase.
„Danke, Mrs Redding. Das Gericht weiß Ihre Aufrichtigkeit zu schätzen. Ich gehe davon aus, dass Sie Buch über Ihre Zahlungen an diverse Geschäfte in der Stadt geführt haben. Hiermit ordne ich die
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