Hohle Köpfe
offenbart.«
Nobby fand die Ausdrucksweise ein wenig seltsam. Aber vermutlich sprachen die Piekfeinen immer so miteinander.
»In der gegenwärtigen Situation muß die Stadt bei den ehrenwertesten Familien nach einem geeigneten Regenten Ausschau halten«, sagte ein Sessel. »Es läge in unser aller Interesse, wenn jemand bereit wäre, die schwere Bürde des Regierens zu tragen.«
»Der Betreffende müßte seinen Kopf untersuchen lassen, wenn ihr mich fragt«, ließ sich Nobby vernehmen. Er trank einen Schluck Brandy und winkte mit der Zigarre.
»Abgesehen davon können wir ganz beruhigt sein«, fügte er hinzu. »Jeder weiß, daß wir einen König in Reserve haben. Wenn ihr meinen Rat hören wollt: Wendet euch an Hauptmann Karotte.«
Ein weiterer Abend hüllte die Stadt in dichten Nebel.
Als Karotte das Wachhaus betrat, schnitt Korporal Kleinpo eine Grimmasse und deutete unauffällig zu den drei Personen, die an der gegenüberliegenden Wand auf der Bank saßen.
»Sie möchten mit einem Offizier der Wache sprechen«, flüsterte Gertie. »Feldwebel Colon ist noch nicht zurück, und ich habe bei Kommandeur Mumm angeklopft – er scheint nicht da zu sein.«
Karotte zauberte ein freundliches Lächeln auf seine Lippen.
»Frau Palm«, sagte er. »Herr Boggis und… Herr Witwenmacher. Es tut mir sehr leid, aber derzeit haben wir viel zu tun. Der Giftanschlag und die Golems…«
Das Oberhaupt der Assassinengilde lächelte, allerdings nur mit dem Mund. »Genau darüber wollten wir mit dir reden, über das Gift«, sagte Witwenmacher. »Gibt es hier einen Ort, an dem wir uns ungestört unterhalten können?«
»Wie wär’s mit der Kantine?« erwiderte Karotte. »Dort hält sich um diese Zeit niemand auf. Hier entlang…«
»Offenbar läßt es sich die Wache recht gut gehen«, kommentierte Frau Palm. »Eine Kantine…«
Sie trat durch die Tür – und blieb stehen.
»Die Leute
essen
hier?« fragte sie ungläubig.
»Nun, meistens beschweren sie sich über den Kaffee«, sagte Karotte. »Und schreiben Berichte. Kommandeur Mumm legt großen Wert auf Berichte.«
»Hauptmann Karotte«, sagte Witwenmacher fest, »wir müssen eine ernste Angelegenheit mit dir erörtern, und sie betrifft… Auf
was
habe ich mich gerade gesetzt?«
Karotte wischte rasch einige Dinge vom nächsten Stuhl. »Entschuldigung. Wir finden nur selten Zeit, hier aufzuräumen und sauberzumachen…«
»Schon gut, schon gut.«
Der Chef der Assassinengilde beugte sich vor und preßte die Fingerspitzen aneinander.
»Hauptmann Karotte… Wir sind hier, um mit dir über die schreckliche Vergiftung von Lord Vetinari zu sprechen.«
»Vielleicht solltet ihr euch an Kommandeur Mumm wenden…«
»Soweit ich weiß, hat Kommandeur Mumm bei mehreren Gelegenheiten abfällige Bemerkungen über die Patrizier fallenlassen«, sagte Witwenmacher.
»Zum Beispiel ›Man sollte ihn hängen, allerdings dürfte man kaum einen Ast finden, der verdreht genug ist‹?« fragte Karotte. »O ja. Aber so reden alle… irgendwann einmal.«
»Auch du?«
»Äh… nein«, gestand Karotte.
»Und er hat die Ermittlungen in der Sache mit dem Gift selbst übernommen, nicht wahr?«
»Ja. Aber…«
»Hältst du das nicht für seltsam?«
»Nein, Herr Witwenmacher. Wenn man genau darüber nachdenkt… In gewisser Weise hat Kommandeur Mumm eine Schwäche für den Patrizier. Er meinte einmal, wenn jemand Vetinari umbringt, möchte er es sein.«
»Ach?«
»Aber er lächelte bei diesen Worten. Das heißt… es war eine
Art
Lächeln.«
»Er… äh… besucht seine Lordschaft recht häufig, nicht wahr?«
»Ja.«
»Und seine Bemühungen, den Täter zu finden, sind bisher erfolglos geblieben, oder?«
»Ja, leider«, erwiderte Karotte. »Allerdings haben wir viele Möglichkeiten gefunden, die
nicht
für Lord Vetinaris Vergiftung in Frage kommen.«
Witwenmacher nickte Frau Palm und Herrn Boggis zu. »Wir möchten das Büro des Kommandeurs inspizieren.«
»Ich weiß nicht, ob…«, begann Karotte.
»Bitte laß es dir gründlich durch den Kopf gehen«, sagte Witwenmacher. »Wir drei repräsentieren die wichtigsten Gilden dieser Stadt. Und wir haben guten Grund für unseren Wunsch, das Büro des Kommandeurs zu inspizieren. Du kannst natürlich mitkommen und sicherstellen, daß wir nichts Illegales anstellen.«
»Nun…«, erwiderte Karotte zögernd. »Wenn ich euch begleite…«
»Ja«, sagte Witwenmacher sofort. »Dann ist es offiziell.«
Karotte ging voraus. »Ich weiß nicht,
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