Hohle Köpfe
hatte sein Intel ekt eine geringere Ge-
schwindigkeit. Colon steckte noch immer im Spuren-sind-wichtig-
Stadium.
Warum hatte man ihn mit einer Schnur gefesselt? Teile davon hingen
nach wie vor an ihm.
»Und du weißt wirklich nicht, wo man mich gefangengehalten hat?«
fragte er.
»Du hast das Haus betreten«, erwiderte der neben Colon gehende
Kleine Irre Arthur. »Du sol test eigentlich wissen, wo du eingesperrt ge-
wesen bist.«
»Es war dunkel und neblig. Außerdem habe ich kaum auf die Umge-
bung geachtet. Ich wol te nur die al gemeine Routine erledigen.«
»Tja, und fast hätte man dich erledigt.«
»Aber wo ?«
»Keine Ahnung«, erwiderte der Kleine Irre Arthur. »Ich jage unter dem Viehmarkt. Was oben los ist, interessiert mich nicht. Wie ich schon sagte: Die Tunnel führen überallhin.«
»Gibt es in dem Viertel jemanden, der solche Schnüre herstellt?«
»Im Bereich der Schlachthäuser und des Viehmarkts? Dort dreht sich
al es um tierische Produkte. Würstchen und Seife und so. Kommen wir
jetzt zu der Stelle, an der du mir das Geld gibst?«
Colon klopfte auf seine Taschen. Sie glucksten und quatschten.
»Du mußt mich zum Wachhaus begleiten, Kleiner Irrer Arthur.«
»Und meine Arbeit?«
»Ich vereidige dich als Sonderwächter für die Nacht«, sagte Colon.
»Wieviel bekommt man dafür?«
»Einen Dollar.«
Die Augen des Kleinen Irren Arthur glühten. Sie glühten rot.
»Meine Güte, du siehst schrecklich aus«, brachte Colon hervor. »Was
starrst du mein Ohr so an?«
Der Kleine Irre Arthur schwieg.
Colon drehte sich um.
Ein Golem stand hinter ihm. Er war größer als alle anderen Golems,
die der Feldwebel bisher gesehen hatte, und seine Gestalt hatte auch
wesentlich mehr Details. Er wirkte nicht plump und primitiv, sondern
fast schön wie eine Statue. Und seine Augen strahlten wie zwei rote
Suchscheinwerfer.
Er hob eine Faust über seinen Kopf und öffnete den Mund, aus dem
es rot schimmerte.
Der Golem schrie wie ein Stier.
Der Kleine Irre Arthur trat Colon gegen den Fußknöchel.
»Was hältst du davon, wenn wir weglaufen, hm?«
Colon wich zurück und starrte das Ding weiter an.
»Es… besteht keine Gefahr, sie sind nicht sehr schnell…« Und dann
setzte sich die Vernunft des Körpers gegen die Dummheit des Gehirns
durch. Die Beine starteten, drehten Colon um und beschleunigten ihn.
Er riskierte einen Blick über die Schulter. Der Golem nahm die Ver-
folgung auf, lief mit langen, mühelosen Schritten.
Der Kleine Irre Arthur erschien neben dem Feldwebel.
Colon war an langsame, gemütliche Streifengänge gewöhnt. Sein Leib
eignete sich nicht für hohe Geschwindigkeiten, worauf er auch hinwies.
»Außerdem kannst du nicht schneller laufen als das Ding!« fügte er schnaufend hinzu.
»Es genügt mir, schneller zu sein als du«, erwiderte der Kleine Irre Ar-
thur. »Hier entlang!«
An der Seite eines Lagerhauses führte eine alte Holztreppe empor. Der
Gnom sauste ebenso flink über die Stufen wie eine von ihm gejagte Rat-
te. Colon folgte ihm und schnaufte wie eine Dampfmaschine.
Auf halbem Wege nach oben verharrte er und sah zurück.
Der Golem erreichte die unterste Stufe und setzte vorsichtig einen Fuß
darauf. Das Holz knarrte, und die ganze Treppe – sie trug das graue Ge-
wand des Alters – erzitterte.
»Sie hält das Gewicht nicht aus!« sagte der Kleine Irre Arthur. »Der
Bursche fäl t und zerschellt auf dem Boden, wart’s ab!«
Der Golem wagte einen zweiten Schritt. Das Holz ächzte.
Die Gestalt aus Ton schien zu dem Schluß zu gelangen, daß die Treppe
stabil genug war. Sie stieg von einer Stufe zur anderen, und das ganze
Holzgerüst schwankte.
Das Geländer unter Colons Hand wand sich wie eine Schlange hin und
her.
»Komm endlich!« drängte der Kleine Irre Arthur, der bereits das obere
Ende der Treppe erreicht hatte. »Der Bursche holt auf!«
Der Golem sprang, und der Treppe wurde es zuviel – sie gab nach.
Colon streckte die Hände aus und bekam den Dachrand zu fassen. Sein
Körper klatschte gegen die Seitenwand des Gebäudes.
In der Ferne erklang das Geräusch von Holzteilen, die auf ein hartes
Pflaster prasselten.
»Na komm schon«, sagte der Kleine Irre Arthur. »Zieh dich endlich
hoch, du Idiot!«
»Kann nicht«, stöhnte Colon.
»Warum nicht?«
»Der Golem hält sich an meinem Fuß fest…«
»Eine Zigarre, Euer Lordschaft?«
»Brandy, Herr Graf?«
Lord de Nobbes lehnte sich in einem bequemen Sessel zurück.
Weitere Kostenlose Bücher