Hohle Köpfe
daß er braucht Stuhlprobe«, antwortete der
Trol und ging wieder.
Grinsi öffnete den Mund, um Detritus aufzuhalten, doch dann zuckte
er mit den Schultern. Schaden konnte es sicher nicht. Je weniger Möbel,
desto besser.
Damit schienen al e erforderlichen Maßnahmen getroffen zu sein.
Kleinpo hielt es für übertrieben, auch die Tapeten abreißen zu lassen…
Samuel Mumm starrte aus dem Fenster.
Vetinari hatte nur selten die Dienste von Leibwächtern in Anspruch
genommen. Er beschäftigte Vorkoster, aber das war keineswegs unüb-
lich. Außerdem pflegte er auch dabei einen eigenen, ganz persönlichen
Stil: Seine Vorkoster wurden gut bezahlt und waren ausnahmslos die
Söhne von Chefköchen. Doch der größte Schutz des Patriziers bestand
darin, daß er allen Beteiligten lebend mehr nützte als tot. Die großen,
mächtigen Gilden mochten ihn nicht, aber die Vorstel ung, daß ein ande-
rer vom Rechteckigen Büro aus über die Stadt regierte, gefiel ihnen noch
viel weniger. Lord Vetinari repräsentierte Stabilität, eine kalte, klinische Art von Stabilität. Zumindest ein Teil von Vetinaris Genie bestand aus
der Erkenntnis, daß die Bürger sich nichts mehr wünschen als Stabilität.
Er hatte einmal folgende kluge Worte an Mumm gerichtet: »Die Leute
glauben, daß sie eine gute Regierung und Gerechtigkeit für al e wol en,
Mumm. Aber was wünschen sie sich wirklich, tief in ihrem Herzen? Sie möchten, daß al es normal bleibt und der morgige Tag dem heutigen
gleicht.«
Mumm drehte sich um. »Was soll ich jetzt unternehmen, Fred?«
»Keine Ahnung, Herr Kommandeur.«
Mumm nahm auf Lord Vetinaris Stuhl Platz. »Erinnerst du dich an den
letzten Patrizier?«
»Meinst du den alten Lord Schnappüber? Ich entsinne mich an seinen
Vorgänger, den mörderischen Lord Winter. O ja. Üble Burschen. Dieser
Patrizier kicherte wenigstens nicht und trug auch keine Kleider.«
Er spricht bereits in der Vergangenheitsform von ihm, dachte Mumm.
So schnel geht das. Das Unterbewußtsein ist sich der neuen Situation
bereits bewußt geworden.
»Unten ist es sehr still, Fred«, sagte er.
»Pläne zu schmieden, macht keine lauten Geräusche, Herr Komman-
deur.«
»Vetinari ist noch nicht tot.«
»Ja, Herr Kommandeur. Aber er regiert auch nicht. Wer nimmt seinen
Platz ein?«
Mumm hob und senkte die Schultern. »Niemand.«
»Mag sein, Herr Kommandeur. Andererseits… man kann nie wissen.«
Colon stand steif und gerade. Sein Blick reichte in die Ferne, und sein
Tonfall blieb neutral, verriet keine Empfindungen.
Mumm erkannte die Haltung. So hatte er ebenfal s gestanden, wenn es
notwendig war. »Was meinst du damit, Fred?«
»Oh, gar nichts, Herr Kommandeur. Nur eine Redewendung.«
Mumm lehnte sich zurück.
Heute morgen glaubte ich zu wissen, was mich an diesem Tag erwartet,
dachte er. Ein Besuch bei den Wappenherolden. Dann ein Termin beim
Patrizier. Nach dem Mittagessen wollte ich einige Berichte lesen, um
anschließend zur Kröselstraße zu gehen und zu sehen, wie weit die Ar-
beiten am neuen Wachhaus vorangekommen sind. Und abends dann
früh ins Bett. Doch was Fred jetzt andeutet…
»Hör mal, Fred, wenn es wirklich einen neuen Herrscher geben sol ,
komme ich nicht dafür in Frage.«
»Wer dann, Herr Kommandeur?« Colon sprach noch immer in dem
vorsichtigen, neutralen Tonfall.
»Woher soll ich das wissen? Vielleicht…«
Vor Mumm öffnete sich ein mentales Loch und saugte seine Gedanken
an. »Du meinst Hauptmann Karotte, habe ich recht?«
»Er wäre ein geeigneter Kandidat. Keine Gilde würde zulassen, daß das
Oberhaupt einer anderen zum neuen Patrizier wird. Und Hauptmann
Karotte… Alle mögen ihn. Außerdem heißt es, er sei der Thronerbe.«
»Dafür gibt es keine Beweise, Feldwebel.«
»Mir steht es nicht zu, darüber zu urteilen, Herr Kommandeur. Bin nur
ein einfacher Wächter. Weiß gar nicht, was Beweise sind.« Colons Worte drückten einen Hauch Trotz aus. »Aber eins steht fest: Karotte hat ein
Schwert und ein Muttermal in Form einer Krone und… Nun, al e wis-
sen, daß er etwas Königliches hat. Er steckt vol er Charisma.«
Mumm mißtraute dem Phänomen namens Charisma. »Es gibt keine
Könige mehr, Fred.«
»Da hast du völlig recht, Herr Kommandeur. Übrigens ist Nobby wie-
der aufgetaucht.«
»Der Tag wird immer schlimmer, Fred.«
»Du wol test mit ihm über al die Beerdigungen und so weiter reden…«
»Ich schätze, auch das gehört zur Pflicht. Na schön.
Weitere Kostenlose Bücher