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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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wechselt. Ich denke immer an den alten Sconner, wenn
    der Wind aus der Mitte weht.«
    »Oh. Nun, ich…«
    »Und dies hier.« Nobby griff unter seinen rostigen Brustharnisch – der
    ein echtes Wunder darstellte. Selbst Feldwebel Colons Harnisch konnte
    glänzen, sogar schimmern. Aber wenn Metal (gleich welcher Art) in die
    Nähe von Nobbs’ Haut gelangte, korrodierte es innerhalb kürzester Zeit.
    Der Korporal zog an einer ledernen Schnur, die er sich um den Hals
    geschlungen hatte, und zum Vorschein kam ein goldener Ring. Zwar
    kann Gold eigentlich nicht korrodieren, aber dieses Gold war mit einer
    Schicht Patina bedeckt.
    »Diesen Ring überließ er mir, als er im Sterbebett lag«, erklärte Nobby.
    »Nun, wenn ich von ›überlassen‹ spreche…«
    »Hat dein Vater etwas gesagt?«
    »Oh, ja. Er sagte: ›Gib ihn mir zurück, du kleiner Mistkerl!‹ Weißt du,
    er trug den Ring an einer Schnur um den Hals, so wie ich. Normalerwei-
    se hätte ich ihn längst verscherbelt, aber nur er erinnert mich an meinen
    Vater. Und die Schmerzen im Ellenbogen.«
    Mumm nahm den Ring und versuchte, den Schmutz abzureiben. Es
    war ein Siegelring. Doch hohes Alter, Abnutzung und die Nähe von
    Nobbs’ Körper hatten dafür gesorgt, daß das Siegel kaum mehr zu er-
    kennen war.
    »Du hast ein Wappen, Nobby.«
    »Und es ist nicht gestohlen, das kannst du mir glauben«, erwiderte der
    Korporal.
    Mumm seufzte. Er war ehrlich – das war schon immer einer seiner
    größten Charakterfehler.
    »Schau gelegentlich mal bei den Wappenherolden in der Mumpitzstra-
    ße vorbei«, sagte er. »Nimm diesen Ring mit und sage, daß ich dich ge-
    schickt habe.«
    »Äh…«
    »Keine Sorge, Nobby. Du gerätst dadurch nicht in Schwierigkeiten.
    Zumindest nicht in die üblichen.«
    »Wie du meinst, Herr Kommandeur.«
    »Und nenn mich nicht dauernd ›Kommandeur‹.«
    »Ja, Kommandeur.«
    Als Nobby gegangen war, griff Mumm hinter den Schreibtisch und
    holte eine vergilbte Ausgabe von Twurps Adelsstände hervor. Für ihn war es ein Handbuch der kriminel en Klassen. Die Bewohner der Elendsvier-tel waren darin nicht aufgeführt, wohl aber ihre Hausherren. Es galt als
    sicheres Zeichen von Kriminalität, in einem Slum zu wohnen, doch der
    Eigentümer einer ganzen Barackenstraße wurde zu allen wichtigen gesel -
    schaftlichen Anlässen eingeladen.
    Twurps Werk erlebte neuerdings fast jede Woche eine neue Auflage.
    Zumindest in diesem Punkt hatte Drachenkönig recht: Die Bürger von
    Ankh-Morpork waren offenbar sehr bestrebt, sich mit irgendwelchen
    Wappen zu schmücken.
    Mumm sah unter »de Nobbes« nach.
    Er fand tatsächlich ein Wappen. Der Schild wurde von zwei Geschöp-
    fen gehalten: von einem Nilpferd (vermutlich eins der königlichen Fluß-
    pferde von Ankh-Morpork und somit ein Vorfahr von Roderick und
    Kimbert) und von einer Art Stier, dessen Schnauze eine gewisse Ähn-
    lichkeit mit dem Gesicht von Nobby hatte und der ein Henkelkreuz hielt
    – vermutlich ein gestohlenes, denn es war immerhin das Nobbs-
    Wappen. Der Schild war rot und grün und zeigte einen Sparren mit fünf
    Äpfeln. In welchem Zusammenhang die Äpfel mit der Kriegführung
    standen, blieb ein Rätsel. Vielleicht symbolisierten sie irgendein seltsames Wortspiel, über das sich die Wappenherolde so sehr amüsiert hatten, daß
    sie sich tagelang auf die Schenkel klopften. Wenn sich Drachenkönig
    allerdings zu sehr auf die Schenkel klopfte, fielen ihm vielleicht die Beine ab.
    Eigentlich war es gar nicht so schwierig, sich einen adligen Nobbs vor-
    zustel en. Nobby machte nur den Fehler, in zu kleinen Bahnen zu den-
    ken. Er schlich sich an irgendwelche Orte, um dort eigentlich wertlose Dinge zu klauen. Wenn er statt dessen auf Kontinenten herumspazierte,
    ganze Städte raubte und dabei viele Bewohner niedermetzelte… dann
    würde er wahrscheinlich als Säule der Gesellschaft gelten.
    Der Eintrag »Mumm« fehlte in dem Buch.
    Ich-dulde-keine-Ungerechtigkeit-Mumm war nie eine Säule der Gesel -
    schaft. Er hat einen König getötet, mit seinen eigenen Händen. Es war
    notwendig, aber die Gesel schaft – was auch immer sie sein mag – hält
    nicht viel von Leuten, die erforderliche Maßnahmen ergreifen und die
    Wahrheit laut aussprechen. Zugegeben, Steingesicht hat auch einige an-
    dere Personen hingerichtet, aber die Stadt war damals in einem lausigen
    Zustand. Sie hatte einige Kriege hinter sich, gehörte praktisch zum klat-
    schianischen Reich. Manchmal braucht man jemanden,

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