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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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wie von einem Nebelhorn, das in ernsten Schwierigkeiten steckte. Ein solches Brül en hörte man vielleicht auf einem
    Viehhof in einer besonders nervösen Nacht. Es hielt eine ganze Weile
    an, dann hörte es so plötzlich auf, daß die Stille überrascht wirkte.
    »… diesen Ort so schnell wie möglich verlassen«, sagte Nobby. Der
    Laut hatte auf ihn die gleiche Wirkung wie eine eiskalte Dusche und ein
    halber Liter pechschwarzer Kaffee.
    Colon drehte sich um, und sein besorgter Blick bohrte sich in die fin-
    stere Graue. »Woher kam das?« fragte er.
    »Von… dort drüben, nicht wahr?«
    Im Nebel gab es keine unterschiedlichen Richtungen.
    Colon sprach ganz langsam. »Ich glaube, wir sollten sofort Bericht über
    das erstatten, was uns gerade zu Ohren gekommen ist.«
    »Einverstanden«, sagte Nobby. »Wohin gehen wir?«
    »Laß uns einfach losrennen, in Ordnung?«

    Die großen Ohren des Obergefreiten Abfluß zitterten, als das Brül en
    über die Stadt donnerte. Er drehte behutsam den Kopf, um Höhe, Rich-
    tung und Entfernung des Lautes festzustellen. Dann prägte er sich al es
    ein.

    Das Brül en erreichte auch das Wachhaus, gedämpft vom Nebel.
    Es glitt in den offenen Kopf des Golems Dorfl, tanzte darin herum,
    kroch durch die schmalen Ritzen im Ton, bis am Rande des Wahrneh-
    mungsvermögens kleine Körner gegeneinanderrieben.
    Blinde Augen starrten an die Wand. Niemand vernahm den Schrei, mit
    dem der leere Schädel antwortete, denn es gab keinen Mund, der ihn
    ausstoßen konnte, auch kein Ich, das ihn formte. Lautlos hal te er durch
    die Nacht:
    Ton von meinem Ton, du sollst nicht töten, du sollst nicht sterben.

    Samuel Mumm träumte von Indizien.
    Ihre Präsenz erfüllte ihn mit instinktivem Argwohn – seiner Ansicht
    nach störten sie nur.
    Darüber hinaus mißtraute er Leuten, die jemand anderen nur kurz an-
    sahen und dann in einem herablassenden Tonfal zu ihrem Begleiter sag-
    ten: »Ah, mein Lieber, ich weiß nicht mehr als dies: Er ist ein linkshändiger Steinmetz, der einige Jahre in der Handelsmarine verbrachte und vor
    kurzer Zeit einen wirtschaftlichen Niedergang erlebte.« Anschließend
    fügten sie hochnäsige Kommentare über Schwielen, Haltung und den
    Zustand der Stiefel hinzu – obwohl die gleiche Beschreibung auf jemanden zutraf, der zu Hause gemauert und einen neuen Grillplatz gebaut
    hatte. Die Tätowierungen stammten aus einer Zeit, als er siebzehn und
    betrunken* gewesen war. Vielleicht wurde der Betreffende schon auf
    feuchtem Pflaster seekrank. Welche Arroganz verbarg sich hinter solch
    vorschnel en Kategorisierungen! Sie ließen die üppige und chaotische
    Vielfalt der menschlichen Erfahrung völlig außer acht.
    Ähnliches galt für die konstanteren Hinweise. In der wirklichen Welt
    stammten die Fußabdrücke im Blumenbeet vermutlich vom Fensterput-
    zer. Und der Schrei in der Nacht kam wahrscheinlich aus der Kehle eines
    Mannes, der das warme Bett verlassen hatte und auf eine ungünstig lie-
    gende Haarbürste getreten war.
    Die wirkliche Welt war viel zu wirklich für interessante kleine Hinwei-
    se. Sie bot zu viele Dinge an. Man entdeckte die Wahrheit nicht etwa,
    indem man das Unmögliche ausklammerte; man mußte vielmehr eine
    Möglichkeit nach der anderen ausschließen. Man ging der Sache auf den
    Grund, indem man geduldig Fragen stellte und aufmerksam Ausschau
    hielt. Man lief herum und redete, hoffte dabei, daß irgendwann jemand
    die Nerven verlor und sich als Täter zu erkennen gab.

    * Diese beiden Begriffe sind oft synonym.
    Die Ereignisse des vergangenen Tages drängten sich hinter Mumms
    Stirn zusammen. Golems, wie traurige Schatten gefangen. Pater Tubel-
    cek winkte ihnen zu, dann explodierte sein Kopf und überschüttete
    Mumm mit Worten. Herr Hopkinson lag tot in seinem eigenen Ofen,
    eine Scheibe Zwergenbrot im Mund. Stumm marschierten die Golems.
    Dorfl zog das eine Bein nach, sein Schädel war geöffnet: Worte flogen
    hinein und heraus wie ein Schwarm Bienen. Und mitten in dem Durch-
    einander tanzte Arsen, ein kleiner, dorniger grüner Mann, der immerzu
    schnatterte und brabbelte.
    Einmal glaubte Mumm zu hören, wie einer der Golems schrie.
    Anschließend verblaßten die Bilder des Traums. Golems. Ein Ofen.
    Worte. Priester. Dorfl. Marschierende Golems: Das Stampfen ihrer Füße
    ließ den ganzen Traum pulsieren…
    Mumm öffnete die Augen.
    Neben ihm sagte Lady Käsedick »Wsfgl« und drehte sich auf die ande-
    re Seite.
    Jemand hämmerte an die Tür.

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