Hollisch verliebt
…“
„Hör doch zu.“ Ganz sanft nahm er ihr Kinn in die Hand. „Wenn das passiert, mach einfach weiter mit dem, was du gerade tust, bleib ruhig und versuch nur, keine Energie zu ziehen.“
„Bleib ruhig … Wie soll das gehen, wenn dein Leben in Gefahr ist?“
„Ich bin überzeugt davon, dass du aufhören kannst. Es ist nur eine Frage der Selbstbeherrschung. Aber wir können nur sicher sein, wenn wir es probieren.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das sollte ich mit anderen probieren, nicht mit dir.“
„Mach einfach, was Riley dir sagt, und vielleicht gefällt dir das Ergebnis.“
Als Antwort schnaubte sie. „Reden wir jetzt in der dritten Person von uns? Das gefällt Mary Ann nämlich nicht.“
„Eigentlich waren wir gerade bei unseren Geheimnissen.“ Er konzentrierte sich wieder ganz darauf, sie zu küssen, und bald ging es ihr genauso. Obwohl sie früher schon weiter gegangen waren, hielt er sich zurück, bis sie schließlich schwer atmete und sich auf ihm wand, als könne sie nicht ruhig sitzen bleiben.
Er zog sein T-Shirt aus, streifte ihr die Bluse über den Kopf und zog sie so nahe heran, dass sie sich bei jedem Atemzug berührten. Mit den Händen erforschte er ihren Körper. Auch sie begann ihn zu streicheln, und seine Haut wurde auf ganz urtümliche Art immer empfänglicher. Bald stöhnte er bei jeder Berührung ihrer Fingerspitzen.
Wenn er gelegentlich ein Auto vorbeifahren hörte, unterbrach er den Kuss lang genug, um aus dem Fenster zu spähen und sicherzugehen, dass der Fahrer uninteressant war, bevor er sich wieder nur ihr zuwandte.
Zweimal erstarrte Mary Ann, sie spannte jeden Muskel im Körper an. Beide Male war das letzte Auto längst vorbeigefahren, damit konnte ihre Reaktion also nicht zusammenhängen. Ob sie gemerkt hatte, dass sie ihm Energie entziehen wollte, und sich gerade noch bremsen konnte? Offenbar. Er hatte nicht einen Hauch von Kälte gespürt. Wenn ein Kraftdieb zuschlug, fror sein Opfer bis ins Mark. Gegen solche Kälte konnte auch der dickste Wintermantel nichts ausrichten.
„Riley“, sagte sie, und er wusste, was sie meinte. Sie wollte mehr. Er sah sich im Wohnzimmer um. An einer Wand stand ein Sofa, alt, rissig, voller Flecken. Auf keinen Fall. Auf dem Ding würde er nicht mit ihr schlafen. Nicht zum ersten Mal. Aber er war so scharf auf sie, dass er …
Er sah eine Bewegung. Auf der anderen Straßenseite, im Gebüsch neben einem Haus. Blätter raschelten, ein orangefarbener Schimmer war zu erkennen. Die Farbe bedeutete Zuversicht und Entschlossenheit. Riley unterbrach den Kuss und sah genauer hin. Der Schimmerwar matt, als würde er von einem übernatürlichen Schleier verdeckt, aber er war da.
„Riley?“
„Warte mal.“
Im Gebüsch stand ein blondes Mädchen auf. Er kannte sie. Eine Hexe. In den Händen hielt sie eine Armbrust, mit der sie genau auf Mary Ann zielte. Riley sprang auf, riss Mary Ann mit sich und stieß sie aus dem Weg.
Zu spät. Die Hexe hatte mit der Bewegung gerechnet. Geschmeidig verschob sie ihr Ziel und folgte Riley. Der Pfeil brauchte nicht einmal einen Wimpernschlag. Glas zerbarst, der Pfeil traf Mary Ann in den Rücken.
Sie schrie gellend auf vor Schmerz und Schock, riss die Augen weit auf, und ein Ruck ging durch ihren Körper. Sie war Riley so nah, dass die Pfeilspitze noch seine Brust anritzte. Als ein zweiter Pfeil durch das jetzt offene Fenster pfiff, riss er sie zu Boden. Der Pfeil blieb in der gegenüberliegenden Wand stecken.
„Was … war das?“ Sie keuchte, ihre Worte waren kaum zu verstehen. Über Brust und Rücken lief Blut in schmalen scharlachroten Rinnsalen. Jetzt war ihre Aura wieder blau, aber sie verblasste, nachdem die anderen Farben bereits verschwunden waren. Mary Ann verlor selbst Kraft.
„Die Hexen haben uns gefunden.“ Ihre Fähigkeit, mit den Mitteln der Menschen jemanden aufzuspüren, hätte er nicht unterschätzen dürfen. Und er hätte Mary Ann nicht küssen dürfen. Im Innersten hatte er die Gefahren und Risiken gekannt, aber er hatte sie so begehrt, dass er nur darauf gehört hatte.
Das war alles seine Schuld.
Und er konnte dieses Miststück nicht mal jagen, weil er Mary Ann in diesem Zustand nicht allein lassen konnte. Verdammt noch mal! Sie hätte doch vor tödlichen Verletzungen geschützt sein müssen. Eigentlich müsste ihre Wunde schon heilen.
Vor Wochen schon hatte er ihr ein Schutzzeichen gegen genau so etwas eintätowiert. Messerstiche, Schüsse, Pfeile, egal, was. Die Wunde
Weitere Kostenlose Bücher