Hollys Weihnachtszauber
irgendetwas Großes und Weißes entgegengeflattert!«
Zitternd verbarg sie ihr Gesicht an seiner Schulter, während er ihr übers Haar strich und sanft sagte: »Es ist alles gut, Coco, jetzt hab ich dich ja.«
In diesem Moment spürte ich das plötzliche Stechen von etwas, das, wie ich fürchte, Eifersucht sein könnte: Mich hatte noch nie jemand so zärtlich in den Armen gehalten, als sei ich federleicht und zerbrechlich! (Alan wäre umgekippt, wenn er es nur versucht hätte.)
»Am besten legst du sie auf ihr Bett«, schlug Guy vor. »Komm schon, Coco, du bist jetzt in Sicherheit, und irgendwann hätten wir dich schon gefunden.«
»Mir war überhaupt nicht aufgefallen, dass es diese Tür gibt«, sagte Michael.
»Noel hat mir davon erzählt, und plötzlich ist es mir wieder eingefallen. Aber Guy hat recht, sie sollte sich ein bisschen hinlegen. Jemand könnte ihr etwas Heißes zu trinken machen, und ich setze mich zu ihr.«
»Das kann Guy übernehmen, während ich der Sache mit dem Geisterding nachgehe«, erklärte Michael.
Ich ging Jude hinterher, der Coco auf ihr Bett gelegt hatte und nun versuchte, die eiserne Umklammerung ihrer Arme um seinen Hals zu lösen.
»Ach, da bist du ja«, sagte er voller Erleichterung zu mir.
»Guy macht ihr etwas Heißes zu trinken, und Michael geht nachsehen, was sie auf dem Speicher so erschreckt hat.«
»Ach, es war entsetzlich, wie es aus der Dunkelheit auf mich zugeschossen ist!« Coco zitterte und wollte wieder nach Jude greifen, doch der war inzwischen außer Reichweite.
Guy brachte ihr einen Becher Tee und sagte: »Ich habe den anderen erzählt, dass wir sie gefunden haben, und Michael sagt, es war eine Taube dort oben, die ist ihr wohl entgegengeflattert – eine der Fensterscheiben ist zerbrochen.«
Coco setzte sich auf und nahm den Becher. Immerhin schien sie all die Aufmerksamkeit, die ihr zuteilwurde, zu erfreuen, und sie sah allmählich schon deutlich besser aus. »Ist da Zucker drin?«, fragte sie nach einem Schluck.
»Süßstoff«, antwortete Guy, auch wenn ich überzeugt war, dass er schwindelte. Er wechselte einen Blick mit Jude, und sie entfernten sich beide, während ich die Gelegenheit nutzte, Coco ordentlich die Leviten zu lesen, wie sehr man seine Gesundheit gefährdete, wenn man Abführmittel in sich hineinstopfte wie Bonbons. Das ließ sie über sich ergehen wie ein kleines Mädchen, und als ich damit fertig war, fühlte ich mich etwa hundert Jahre älter und ganz schön fies.
Dann entfernte ich ihren Geheimvorrat Fruity-Go aus dem Nachttisch. »Ich weiß, du hast noch mehr davon in deiner Handtasche, aber ich schlage vor, du begnügst dich mit einer normalen Dosis pro Tag, bis alles verbraucht ist, und hörst dann ganz damit auf. Wenn du kleine, vernünftige Mahlzeiten zu dir nimmst, geht es dir bestens, du brauchst dieses Zeug wirklich nicht.«
»Du erzählst es aber nicht meiner Mummy, ja?«, fragte sie, da ich dies als Drohung verwendet hatte, die ich allerdings nicht wahrzumachen gedachte. »Die lässt mich sonst bloß in irgendeine grässliche Entzugsklinik sperren!«
Ich bestätigte ihr, nein, das täte ich nicht, dann trug ich meine Beute davon und spülte sie geradewegs im nächsten Klo herunter. Es brauchte mehrere Wasserladungen, bis alles verschwunden war.
Coco kam später leicht bedrückt und sehr still herunter, wurde jedoch bald wieder sichtlich munterer, da jeder auf seine Weise sehr nett zu ihr war. Sie hatte ihre Handtasche bei sich und behielt sie die ganze Zeit über fest im Griff, von daher befürchtete sie wohl, ich könnte meine Meinung ändern und ihr auch noch die Abführmittel in der Tasche wegnehmen!
Nach dem Abendessen zeigte mir Jess das lange Satinkleid, das sie für mich ausgesucht hatte, leider war es nicht nur von einem ziemlich scheußlichen Lachsrosa, sondern auch an die zwanzig Zentimeter zu kurz, aber anscheinend wäre ich sowieso den größten Teil des Stückes über als Mann verkleidet.
Coco hatte sich ein weißes Kleid gegriffen, in dem sie wie eine magersüchtige Braut aussah, und Jess selbst trug eine Krone aus Pappmaschee mit Glasjuwelen. Die hatte sie auch beim Abendessen aufgehabt.
»Sie gefällt mir eben«, erklärte sie. »Ich brauche kein richtiges Kostüm, da ich mich nur um die Requisiten kümmere, auch wenn Michael sagt, das sei eine der allerwichtigsten Aufgaben im Theater. Ich muss dafür sorgen, dass jeder zur richtigen Zeit für seine Rolle passend gekleidet ist und alles hat, was er
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