Hollys Weihnachtszauber
Coco an den Hals hetzen, nur weil sie die Nase voll von ihr haben. Sie hoffen, dir nachzustellen, hält sie bei Laune.«
Er zuckte die Schultern. »Ohne unbescheiden klingen zu wollen, mir sind auch schon andere hinterhergelaufen – und sie ist nicht mein Typ. Aber ich betrachte es gewissermaßen als den Preis dafür, hier über Weihnachten als unerwarteter Gast so herzlich willkommen zu sein.«
»Ich würde nicht sagen, dass Jude den Anschein erweckt, als wärst du ihm herzlich willkommen!«
»Dafür wird er seine Gründe haben«, antwortete Michael mit einem Lächeln. »Genauso wie ich den Verdacht habe, dass Guy zum Teil nur deshalb mit dir flirtet, um seinen Bruder zu ärgern – was aber keineswegs heißen soll, dass er dich nicht attraktiv fände, denn das merke ich ihm an.«
»Ich sehe nicht, warum es Jude kümmern sollte, wenn Guy mit mir anbändeln würde. Aber daraus wird nichts, auch wenn Guy dem Irrtum erlegen ist, er könnte mich um den kleinen Finger wickeln, wenn er nur seinen Charme genug spielen lässt.«
»Wir müssen uns einfach gegenseitig zu Hilfe eilen, wenn es eng wird«, schlug Michael vor.
»Kommt ihr zwei denn überhaupt nicht wieder ins Wohnzimmer zurück?«, fragte Jess, die noch immer mit ihrer juwelenbesetzten Krone auf dem Kopf im Türrahmen auftauchte. »Mir wird wieder langweilig!«
»Wir sind gerade fertig«, antwortete ich und stellte die Becher auf das Tablett, um sie zusammen mit einigen Käsestangen und kleinen Schälchen voll Nüssen und Oliven hinüberzutragen.
Jess kam in die Küche und sah Michael mit fragendem Blick eindringlich an. »Michael, stehst du auf Holly? Also Guy und George und Onkel Jude schon.«
»Jess!«, rief ich aus.
»Nein«, antwortete er ernsthaft, »ich finde sie wirklich nett und hoffe, wir werden immer gute Freunde bleiben, aber verknallt bin ich nicht in sie.«
»Ach gut, genau das hatte ich mir gedacht«, antwortete sie, und ihre Miene hellte sich auf. »Für Onkel Guy hat sie ja wirklich nicht viel übrig, das merke ich, und George ist viel, viel zu alt. Bleibt also nur Onkel Jude, nicht wahr?«
»Wofür bleibe nur ich?«, fragte Jude, der gerade ein Tablett voll gebrauchter Gläser hereinbrachte – alles wunderschöne alte Bleikristallgläser, die mit der Hand abgewaschen werden mussten.
»Ach, wir haben nur gerade darüber gesprochen, wer gerne Süßes isst«, sagte ich schnell. »Jess, soll ich dir zeigen, wie man in einer Mikrowelle blitzschnelle Baisers und Schokoladenkuchen in der Tasse zaubern kann?«
»Was, jetzt?«, fragte sie. »Ist es dafür nicht schon zu spät?«
»Nicht wirklich – dauert nur ein paar Minuten. Dann kannst du sie essen, bevor du zu Bett gehst.«
»Super«, sagte sie. »Ich wünschte, du wärst immer hier, Holly – du nicht auch, Onkel Jude?«
»Ich weiß nicht«, antwortete er und betrachtete mich finster. »Sie kommt mir ein bisschen vor wie das Sandkorn in einer Auster, und ich bin mir nicht sicher, ob eine Perle aus ihr wird oder nicht.«
Falls Michael und Jess recht haben und Jude sich tatsächlich ein bisschen zu mir hingezogen fühlt, klingt es, als wollte er das eigentlich gar nicht – und ganz genauso geht es mir mit ihm!
Kapitel 32
Puzzleteile
Mr Bowman ist ein liebenswürdiger, freundlicher Mann, und auch wenn ich wusste, dass meine Geschichte ihn zutiefst betrüben würde, hoffte ich doch, dass er so viel Mitgefühl aufbrächte, mir ein gewisses Maß an Vergebung und Verständnis entgegenzubringen.
Juni 1945
Omas Geschichte hatte eine schrecklich traurige Wendung genommen, aber natürlich sehe ich jetzt, worauf alles hinsteuert, und bin wirklich froh, dass ein derart lieber Mensch wie mein Großvater sie gerettet hat! Kein Wunder jedoch, dass sie danach hochgradig reserviert und zugeknöpft war.
Obwohl ich mir schon denken kann, wie es ausgeht, bin ich fest entschlossen, nicht zu den letzten Einträgen vorzublättern, sondern alles der Reihe nach zu lesen, auch wenn sie nach ihrem Beschluss, den Pfarrer aufzusuchen, über drei volle Seiten hinweg in so erschöpfender Tiefe ihr Gewissen erforschte und das Ausmaß ihrer Schuld beleuchtete, dass ich schließlich darüber einschlief.
An diesem Morgen, nachdem ich Merlin hinausgelassen und den Pferden jeweils ein Stück Karotte gegeben hatte, kam ich wieder hinein, um Wasser aufzusetzen, und fand Jude bereits in der Küche vor, der in alten Jeans und einem Marinepullover einsatzbereit am Tisch saß und sich gerade die Socken
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