Hollys Weihnachtszauber
Seite des Hofes hoch aufgetürmt hatte, auf der anderen, wo der Land Rover stand, jedoch nicht. Er schien nicht höher zu liegen als am Vorabend, nur knirschte er merklicher unter den Füßen.
Ich räumte die Asche aus und fachte die Glut des Kaminfeuers im Wohnzimmer neu an, stellte alles fürs Frühstück heraus und bestückte Tildas Tablett.
Während ich damit beschäftigt war, verkündete das Radio immer wieder, dass es Heiligabend war, als hätte ich das Fünf-Minuten-Gedächtnis eines Goldfisches, aber irgendwie schmerzte die Erinnerung nicht ganz so sehr wie sonst, vielleicht weil ich im Moment dermaßen viel anderes um die Ohren hatte.
Womöglich war ich endlich im Begriff, die Vergangenheit loszulassen und weiterzuleben? Ein Neuanfang im neuen Jahr – vielleicht Hand in Hand mit einem völlig neuen Leben? Gott sei Dank war ein uneheliches Kind heutzutage, anders als zu Omas Zeiten, ja vollkommen akzeptabel.
Merlin fraß sein Frühstück, großzügig mit seiner Medizin angereichert, für morgen hatte ich Geflügelbrühe sowie eine Schüssel mit Füllung zubereitet und schob gerade ein Blech mit Plätzchen in den Backofen, als Michael zaghaft in die Küche kam. Er sah ganz anders aus als der durchfrorene Mann vom Vorabend – sehr attraktiv, auf seine etwas magere Art, mit feinen Gesichtszügen, dunkelblondem Haar und haselnussbraunen Augen. Er trug einen hellen Kaschmirpullover, der dem von Guy durchaus Konkurrenz machte, und dazu cremefarbene Chinos – für das Landleben eine in etwa ebenso praktische Aufmachung wie die von Coco.
»Guten Morgen! Ich habe gehört, dass du hier unten zugange bist, und gehofft, du hast nichts dagegen, wenn ich für eine Tasse Kaffee runterkomme? Danach bin ich ziemlich süchtig – und irgendetwas duftet hier ganz köstlich!«, fügte er hinzu und schnupperte genüsslich.
»Lebkuchen für den Weihnachtsbaum«, erklärte ich. »Möchtest du Cornflakes oder ein warmes englisches Frühstück?«
»Also, Schinken und Eier und Toast fände ich herrlich – aber ich kann es auch selbst machen, wenn du zu tun hast?«
»Nein, kein Problem, das hier ist das letzte Blech mit Gebäck. Es schien sonst noch niemand auf zu sein, also dachte ich, ich erledige das, denn ich habe Jess – das ist Judes Nichte – versprochen, dass wir heute Morgen die Plätzchen gemeinsam verzieren«, antwortete ich, von seiner rücksichtsvollen Art angenehm berührt. »Aber dort drüben steht eine Cafetière, und Kaffee ist im Schrank darüber, du könntest also für uns beide welchen machen, ich koche so lange.«
Wir unterhielten uns, während er Kaffee kochte und ich noch rasch die Utensilien abspülte, die ich für die Plätzchen verwendet hatte und die nicht in die Spülmaschine konnten, wie die alten metallenen Ausstecher in Form von Christbäumen, Glocken, Sternen und allen möglichen anderen Sachen. Während er sein Frühstück aß, erzählte ich ihm, dass ich meinen Lebensunterhalt mit Kochen und Haushüten verdiente, und er wiederum gestand in aller Bescheidenheit, dass er Schauspieler war.
»Ach, wirklich? Wahrscheinlich bist du ziemlich berühmt, und ich hätte dich erkennen sollen, nur habe ich selten Zeit, fernzusehen oder ins Kino zu gehen.«
»Nicht wirklich berühmt – ich stehe überwiegend auf der Bühne, nur letztes Jahr hatte ich eine Filmrolle und war damit recht erfolgreich – ›Stunden der Dämmerung‹. Eine Art Mischung aus Harry Potter und Tolkien mit einer Prise C. S. Lewis, kam beim Publikum gut an, und seitdem habe ich einige hochkarätige Nebenrollen bekommen.«
»Oh ja, das war ein sehr erfolgreicher Film! Ich habe ihn zwar nicht gesehen, habe aber davon gehört. Da hast du mitgespielt?« Ich war beeindruckt.
»Zweifellos ist man dadurch auf mich aufmerksam geworden.« Er lächelte melancholisch. »Aber während der Dreharbeiten hatte meine Frau eine Affäre mit einem anderen Schauspieler, und wir haben uns getrennt.«
»Oh, das tut mir leid.«
»Wir hatten … unüberbrückbare Differenzen. Unsere Ehe lief nicht wirklich gut. Debbie hat unsere kleine Tochter, Rosie, über Weihnachten mit zu ihren Eltern nach Liverpool genommen, also habe ich auf dem Weg zu Freunden in Yorkshire dort vorbeigeschaut, um sie zu besuchen und ihr ein paar Geschenke zu bringen. Aber danach war der Abkürzungsvorschlag des Satelliten-Navi mein Untergang.«
»Nun, es hätte schlimmer kommen können – immerhin hast du deine kleine Tochter gesehen, bevor du im Schnee
Weitere Kostenlose Bücher