Hollywood
Schatz, ob…«
»Will aber welche!« rief sie und schlug auf den Tisch.
Joe warf Rosa einen resignierten Blick zu und kramte gehorsam in seinem Jackett. Zwei Tootsie Rolls erschienen in seinen Händen. »Na, wie sagt ein braves Mädchen?« fragte er.
»Danke«, sagte Caroline lächelnd und fetzte bereits die Verpackung herunter. Sie war vollkommen mit der Schokolade beschäftigt und interessierte sich nicht mehr für Joe.
Es klingelte an der Haustür. Joe ging durchs Wohnzimmer hinaus in die Halle und machte die Tür auf. Es war der Postbote. »Ein Päckchen für Sie, Mr. Crown.«
Joe nahm das Paket in die Hand. ›Unverlangte Manuskriptsendung / Zurück an den Absender‹ hatte jemand auf die Verpackung gestempelt. Schweigend quittierte er den Empfang.
»Tut mir leid für Sie, Mr. Crown«, sagte der Postbote. »Das ist schon das zweite Mal in diesem Monat.«
Joe warf ihm einen prüfenden Blick zu. »So ist es nun mal«, sagte er. »Da kann man nichts machen.«
Der Postbote nickte mitfühlend. »Vielleicht haben Sie das nächste Mal mehr Glück«, sagte er. »Schönen Tag noch.«
»Ihnen auch«, sagte Joe und machte die Tür zu. Ohne Umweg über die Küche ging er ins Arbeitszimmer hinauf und legte das Paket auf den Tisch. Er hätte nie gedacht, daß sich der Postbote so für das interessierte, was er austrug. Joe würde vorsichtiger sein müssen. Er nahm ein Messer, schnitt die Schnur durch und löste die Verpackung ab. Dann öffnete er den Pappkarton, der sich im Inneren befand. Es war kein Manuskript. Der Karton enthielt vierzig sorgfältig zugefaltete Umschläge mit Kokain. Jeder Umschlag war fünfundzwanzig Dollar wert, das ganze Paket also tausend. Jamaica brauchte er aber bloß zweihundertfünfzig zu schicken. Das waren siebenhundertfünfzig für ihn.
Joe klappte den Karton wieder zu. Er mußte unbedingt ein Postfach mieten. Heute allerdings hatte er Glück, daß ihn A.J. ins Studio gerufen hatte. Er würde sämtliche Umschläge innerhalb von einer Stunde an den Mann bringen können. Er mußte bloß in die Aufnahmestudios der Musiker gehen. Musiker waren die sicherste Kundschaft für Rauschgift. Wenn er bloß einen guten Lieferanten für Marihuana auftreiben könnte! Dann wäre er bald Millionär.
Er ging in die Garage hinunter und verstaute das Päckchen im Auto. Dann kehrte er zurück in die Küche. Carolines Gesicht war bereits über und über mit Schokolade verschmiert. Rosa wusch Wäsche. Über die Schulter warf sie ihm einen Blick zu.
»Sag der Señora, daß ich heute nachmittag ins Studio muß«, sagte er.
»Sí, Señor.« Rosa machte sich daran, Carolines Windeln auszuwringen. »Zum Abendessen gibt's Polio veracruzana. Ist das okay?«
»Ja, wunderbar«, sagte er. »A las ocho.«
»Sí, Señor«, erwiderte sie.
***
Als er mit seinem Vorkriegs-Chrysler beim Arbeitsamt vorfuhr, war es kurz vor zehn. Dennoch war der Parkplatz schon gut gefüllt, und vor der Einfahrt wartete eine ganze Wagenschlange. Jedesmal, wenn ein Wagen hinausfuhr, schob sich der nächste hinein. Joe hielt gar nicht erst an, sondern parkte ein paar hundert Meter weiter, wo mehr Platz war. Auch hier fielen ihm einige Straßenkreuzer auf, von denen er wußte, daß sie Filmstars gehörten. Auch die Besitzer von solchen Luxuskarossen waren gegen Arbeitslosigkeit nicht gefeit. Kein Wunder, daß das Arbeitsamt von Hollywood in den Studios nur der Club California genannt wurde. Die Filmstars versuchten sich zwar vor der Öffentlichkeit zu verstecken, wenn sie ihr Arbeitslosengeld abholten, aber dennoch kamen jeden Tag die Touristenbusse vorbei, in der Hoffnung, Prominente sehen zu können.
Joe schlenderte am Haupteingang vorbei und ging zielstrebig auf den Personaleingang zu. Dem Wachmann schenkte er ein fröhliches Lächeln und grüßte kurz mit der Hand, dann klopfte er an eine Milchglastür mit der Aufschrift: Geschäftsstellenleiter Jack Ross. Er trat ohne Aufforderung ein.
Jack Ross war ein gemütlicher Dicker mit Glatze. Er lächelte, als er Joe in der Tür stehen sah, und winkte ihm, näherzukommen und sich zu setzen. »Wie geht's, Joe?« fragte er munter.
Joe schüttelte den Kopf. »Das Übliche, Jack«, sagte er. »Ich bin mal wieder auf Eis gelegt worden.«
Ross nahm ein Antragsformular aus der Schublade. »Okay«, sagte er, »fangen wir an.«
Joe nickte. »Ja, fein, vielen Dank. Ich habe nur ein kleines Problem. Nächsten Monat ist Weihnachten, und der erste Scheck kommt immer erst nach sechs Wochen.«
Ross
Weitere Kostenlose Bücher