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Holst, Evelyn

Holst, Evelyn

Titel: Holst, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Liebesunfall
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Lust auf Pizza?“
    Leonie musste dreimal umsteigen, dann stand sie vor der Rehaklinik. Sie betrat das Gebäude und sofort umhüllte sie dieser krankenhaustypische Geruch nach Kampfer, Äther und scharfen Reinigungsmitteln. Der Geruch nach Krankheit und Kummer. Sein Zimmer lag im zweiten Stock. Sie nahm die Treppe, aber dass ihr Herz so wild klopfte, lag nicht daran, dass sie in ihrer Ungeduld zwei Stufen auf einmal nahm. Vor Zimmer 224 blieb sie stehen und versuchte sich zu beruhigen. Sie legte den Kopf an die Tür, es war still dahinter, keine Musik, kein Geräusch. Ob er schlief? Ob sie nicht besser wieder gehen sollte?
    „Kann ich Ihnen helfen?“, Physiotherapeutin Cora Böhm musterte die fremde Frau mißtrauisch. Was machte sie da mit dem Ohr an der Tür? Leonie streckte sich, lächelte: „Ich möchte zu Herrn von Lehsten“, sagte sie. „Er erwartet mich.“ Hhmmm, dachte Cora, Frauenbesuch und nicht von der eigenen. Das ging ja noch schneller, als ich dachte. Auf Männer kann man sich einfach nicht verlassen.
    Hendrik hörte die beiden Frauenstimmen und automatisch fuhr er sich durch sein dichtes, dunkles Haar. Er schlug ein paarmal mit den Handflächen auf seine Wangen, um die Krankenblässe zu vertreiben. Du benimmst dich wie ein Primaner, dachte er und musste lächeln. Und dann klopfte es und er rief: „Herein.“
    Sie war noch hübscher, als er sie in Erinnerung gehabt hatte. Noch leuchtender. „Schön, dass Sie, dass du gekommen bist“, verhaspelte er sich und sah sie nur an. Leonie fühlte, wie sich eine leichte, aber sehr warme Röte in ihr ausbreitete. „Danke, ich freue mich auch“, erwiderte sie etwas steif. „Wie geht’s denn so?“ Er lächelte und zum ersten Mal sah sie, wie sich auf seinem Kinn ein kleines Grübchen vertiefte. „Jetzt richtig gut“, sagte er und ihre Röte vertiefte sich. Hinter ihnen räusperte sich Schwester Cora. „Eigentlich wollte ich ...“, aber dann lächelte sie: „Das kann ich auch später.“ Sie schloss die Tür hinter sich.
    „Deine Bewegungstherapeutin?“, fragte Leonie. „Ein attraktives Mädchen.“ Was rede ich da für einen Quatsch?, dachte sie und fühlte seinen amüsierten Blick. „Setz dich doch bitte“, sagte er. „Du trägst übrigens ein sehr schönes Kleid. Steht dir ausgesprochen gut.“ Schon lange hatte er sich nicht mehr so aufgeregt und verlegen gefühlt. „Danke“, sie setzte sich, „und, gefällt es dir hier?“ Schon wieder eine blöde Frage, aber er lehnte sich zurück und grinste: „Das hast du eben schon einmal gefragt.“ „Entschuldigung“, stammelte sie. „Es ist nur einfach ...“ „Ich finde nicht, dass es einfach ist“, sagte er und zwang sie, seinen Blick zu erwidern. „Aber ich finde, dass es schön ist. Sehr schön sogar.“ Er schwieg, es war alles gesagt. Sie schwieg auch, weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte. „Was macht das Bein?“, fragte er schließlich und sie schob ihr Kleid ein Stück hoch, so dass er ihren leichten Verband sehen konnte, der ihren Gipsverband abgelöst hatte. „Besser, danke.“ „Keine Probleme mehr mit dem Laufen?“
    „Nein, überhaupt nicht mehr, alles bestens, in ein paar Tagen könnte ich sogar wieder joggen“, sagte sie und verstummte. Wie unsensibel von mir, dachte sie erschrocken, ausgerechnet ihm gegenüber damit anzugeben, dass ich bald wieder joggen kann. „Aber das werde ich nicht tun“, sie lächelte ihn an. „Ich hasse nämlich joggen.“
    „Früher hab ich Tennis gespielt“, sagte er und konnte die Traurigkeit nicht länger verbergen. „Ich war mal ein richtig guter Tennisspieler.“
    Leonie sah an ihm vorbei aus dem Fenster, wo eine schwache Wintersonne ein paar Restblätter von den kahlen Bäumen wirbelte. „Leonie“, sagte er leise und als sie ihn anschaute, ertrank sie in seinen dunklen Augen. „Nun schau doch nicht so traurig. Du kannst doch nichts dafür. Hör bitte auf, das gesamte Elend der Welt auf deine schönen Schultern zu packen.“ Ihr Herz war so schwer, dass sie Angst hatte, es würde aus ihr herausplumpsen. Einfach so, ohne Vorwarnung. Es würde ihr auf die Füße fallen und sie würde sagen. „’Tschuldigung, aber das ist mein Herz, und es fühlt sich nicht mehr wohl bei mir, weil ich eine schlechte Person bin.“ Er würde protestieren, aber dann würde sie endlich, endlich sagen: „ICH war die Radfahrerin, die deinen Unfall verursacht hat. Ich bin schuld.“
    Und dann würde er ...
    „Woran denkst du, Leonie? Du bist

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