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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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gesamten
    Gesprächs in seine Decke gewickelt.
    »Durchaus nicht«, sagte sie trotzdem und folgte ihm ins Haus.
    »Ich habe etwas zu essen gemacht«, hörte sie ihn in der Küche sagen. »Nur
    einen Salat und Brot. Ich nehme an, Sie möchten keinen Wein.«
    »Ich fahre«, sagte sie und tippte sich auf die Brusttasche. »Darf ich hier
    rauchen?«
    Er schaute sie zwischen zwei Schränken aus der offenen Kochecke her an.
    »Hier hat noch niemand geraucht. Was nicht bedeutet, daß es etwas schaden
    wird. Bitte sehr.«
    Ehe Hanne ihre Zigarette geraucht hatte, war der Tisch gedeckt. Mit weißen
    Tellern und Silberbesteck. Eivind Torsvik füllte ihr hohes Weinglas mit
    Mineralwasser und schenkte sich selbst Edelzwicker ein.
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    »Wissen Sie, daß der Monopolladen Wein ins Haus liefert?« fragte er und
    setzte sich. »Und daß es im Internet von guten Rezepten nur so wimmelt?«
    »Sind Sie immer hier?«
    Hanne nahm sich Caprese und ein Stück Weißbrot.
    »Nein. Leider muß ich gelegentlich in die Stadt. Zum Zahnarzt und so.
    Außerdem fahre ich manchmal zum Einkaufen mit dem Rad nach Hasle. Das
    ist fast schon Stadt. Sollokka hier in der Nähe hat eigentlich nur einen großen
    Kiosk zu bieten. Wußten Sie, daß Dutroux aufgrund von privaten Ermittlungen
    aufgeflogen ist?«
    Hanne kostete den Salat. Der Mozzarella war weich und würzig, die Tomaten
    ungewöhnlich pikant.
    »Ich habe hier hinten ein kleines Gewächshaus. Das kann ich Ihnen nachher
    zeigen, wenn Sie möchten. Ich leite eine solche Organisation. Oder was heißt
    schon leiten. Wir sind eine Gruppe von zweiundzwanzig Europäern und
    fünfzehn Amerikanern. Die anderen akzeptieren mich als eine Art Chef,
    obwohl es nie eine Wahl oder eine formelle Ernennung gegeben hat.«
    Hanne Wilhelmsen ertappte sich bei der Frage, ob er von einer
    Gemüseorganisation spreche. Sie hörte auf zu kauen und starrte ihn mit
    erhobener Gabel an.
    »Wir sammeln ganz einfach Informationen über Pädophile.«
    Er lächelte kurz und starrte fast herausfordernd zurück. Seine blonden Haare
    umtanzten sein ovales Gesicht, und seine Augen zeigten einen Glanz, den sie
    bisher noch nicht gesehen hatte. Seine Lippen waren blutrot in der weißen
    Gesichtshaut, und plötzlich fiel ihr auf, daß er kaum Bartwuchs hatte. Er sah
    aus wie ein Engel. Wie die Engel, die Hanne vor langer Zeit als Glanzbilder in
    einem Schuhkarton gesammelt hatte, überirdisch schöne Seraphim mit blauen
    Augen und Glitzer auf den Flügeln.
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    »Im Moment sehen Sie aus wie ein Engel!« rief sie.
    Er blieb sitzen wie bisher. Sein Blick wich nicht, und Hanne meinte etwas zu
    sehen, das sie nichts anging, ein Leben, mit dem sie nichts zu tun haben
    wollte. Eivind Torsvik war nicht nur ein Mann, der sich mit seiner eigenen
    Einsamkeit arrangiert hatte, mit einem Leben, zu dem sie sich hingezogen
    fühlte und um das sie ihn vielleicht auch beneidete. So, wie er jetzt dasaß und
    sie anstarrte, während die Sonnenstrahlen seine Haare wie einen
    Heiligenschein aussehen ließen, war er noch etwas anderes, etwas, das sie
    nicht zu fassen bekam, das ihr angst machte und sie dazu brachte, Messer und
    Gabel hinzulegen.
    »Ich bin ein Engel«, sagte er. »Ich bin der Engel. Unsere Organisation heißt
    The Angels of Protection, TAP im Alltagsgebrauch.«
    Hanne wollte gehen, das hier brauchte sie jetzt wirklich nicht. Sie hatte mit
    einem Mordfall zu tun, bei dem sie gar nichts begriff, und sie wollte nicht mit
    Informationen über eine okkulte Organisation belastet werden, die im Dienste
    des Guten durchaus zu Gesetzesbrüchen greifen mochte. Sie räusperte sich,
    dankte für das Essen und schob ihren Teller zwei Zentimeter zurück.
    »Glauben Sie an Gott?«
    Hanne schüttelte den Kopf und machte sich an ihrer Serviette zu schaffen. Sie
    wollte weg. Sie wollte nicht hier sein, in diesem Haus, das viel zu warm war
    und wo das Dröhnen der umfangreichen Computeranlage ihre Kopfschmerzen
    wieder steigerte.
    »Ich auch nicht. In keiner Weise. Gott ist eine jämmerliche Größe, die die
    Menschen brauchen, um das Unerklärliche zu erklären. Wenn ich frage, dann,
    weil ich glaube, daß es eine Art Sinn hat, daß Sie am Samstag hier aufgetaucht
    sind. Ich halte Ihren Besuch für einen der Zufälle, von denen die Geschichte so
    viele gesehen hat; plötzliche und
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    unvorhergesehene Ereignisse, die eine Innovation oder eine Katastrophe mit
    sich gebracht haben. Satt?«
    »Ja, danke. Es hat gut geschmeckt.«
    Hanne leerte ihr Glas

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