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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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Vorstellungen davon, was ein Gang zur Börse
    wirklich bedeutete. Er fischte einen Kugelschreiber aus einer oben
    abgeschnittenen Coladose und notierte den Ausdruck auf einem hellroten
    Klebezettel.
    »Ach was«, sagte er tonlos und biß in den Kugelschreiber. »Und dann?«
    »Ein Gang zur Börse bringt so vieles mit sich. Unter anderem verstärkte
    Kontrolle. Größere Aufmerksamkeit könnten Sie sagen. Von der Konkurrenz.«
    Bisher hatte Billy T. mit mäßigem Interesse zugehört. Stäle Salvesen war ein
    Stück Leinwand, das gebleicht werden mußte, das danach aber vermutlich in
    einer Kleiderkammer verstaut werden konnte. Stäle Salvesen war ein be-
    dauernswerter Frührentner und noch dazu tot, und Halvorsrud log. Doch
    langsam wachte Billy T. auf. Salvesen hatte eine Geschichte. Er hatte nicht
    immer in einer Zweizimmerwohnung mit vier Stück Lebensmitteln im Kühl-
    schrank gehaust. Stäle Salvesen war der König auf dem Hügel gewesen. Vor
    nur zehn Jahren.
    »Zehn Jahre sind keine lange Zeit, verdammt«, sagte Billy T. zerstreut.
    »Bitte?«
    »Erzählen Sie weiter.«
    »Ich habe Stäle Salvesen 1990 kennengelernt. Das heißt...«
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    Halvorsrud zog eine Packung Barclay hervor und hielt sie Billy T. hm.
    »Rauchen Sie nur«, murmelte Billy T., ohne Anwältin Borgs Reaktion
    abzuwarten.
    »Kennengelernt ist zuviel gesagt. Ich bin ihm nie persönlich begegnet. Aber
    ihm wurde ein übles Vergehen vorgeworfen. Insiderhandel. Und noch
    anderes.«
    Billy T. kritzelte »Ins. Han.« auf seinen hellroten Zettel und schenkte sich
    mehr Kaffee ein.
    »Salvesens Sohn, ich habe seinen Namen vergessen, studierte damals
    Betriebswirtschaft in den USA«, berichtete Halvorsrud. »Er tätigte einen sehr
    günstigen und äußerst umfassenden Aktienkauf bei einer Firma, bei der sein
    Vater im Aufsichtsrat saß. Nicht. . . «
    Dieses Wort betonte er.
    »Nicht bei Aurora Data, wohlgemerkt. Es war eine andere Firma. Unmittelbar
    nach diesem Kauf — und dabei war nur von Tagen die Rede — stellte sich
    heraus, daß diese Firma eine lukrative Abmachung mit einem amerikanischen
    Riesenkonzern getroffen hatte. Die Aktien hatten ihren Wert plötzlich
    verdoppelt. Und damit kamen wir ins Bild.«
    »Die Wirtschaftskripo«, sagte Billy T.
    »Ja. Ich hatte damals gerade meine Stellung dort angetreten.«
    Zum ersten Mal konnte Billy T. im Gesicht des Oberstaatsanwalts die
    Andeutung eines Lächelns sehen. Halvorsrud war gegen die Strömung
    geschwommen. Nach vielen Jahren als erfolgreicher Wirtschaftsanwalt, als
    Fachmann für Steuerrecht, Firmenrecht und Geldverdienen, hatte er einen
    Schlußstrich gezogen und war in den Staatsdienst übergewechselt. Vorher
    hatte er runde fünf Millionen im Jahr verdient, dann hatte er seine
    einzigartigen Fähigkeiten in die Dienste der Wirtschaftskripo gestellt, für ein
    Salär, das Halvorsrud wie Knöpfe und Glanzbilder vorkommen mußte.
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    Über seinem Schreibtisch im Büro hing ein Messingschild, das die früheren
    Kollegen ihm zum Abschied geschenkt hatten: »It takes one to know one.«
    »Wir fingen an zu graben. Und wurden fündig. Wenn man bei jemandem
    nachschaut, der sich aus dem Nichts hochgearbeitet hat und innerhalb von
    sieben Jahren zum reichen Mann geworden ist, dann findet man zumeist un-
    endlich viel. Unregelmäßigkeiten. Gesetzesbrüche.«
    »Und wozu wurde er dann verurteilt?«
    »Verurteilt?«
    »Ja«, sagte Billy T. ungeduldig. »Wie hoch war seine Strafe?«
    Wieder lächelte Halvorsrud, ein ausgiebiges, fast hochmütiges Lächeln.
    »Wir haben niemals Anklage erhoben.«
    Billy T. wollte schon auf den skandalösen Umstand hinweisen, daß der
    Staatsanwalt einen Toten übel verleumdete, um dann zugeben zu müssen, daß
    dessen Vergehen niemals schwerwiegend genug gewesen waren, um ihn vor
    Gericht zu bringen. Dann riß er sich zusammen. Er mochte nicht daran
    denken, wie oft er selbst sich in dieser Lage befunden hatte. Die Schuld war
    offenkundig, es mangelte jedoch an Beweisen.
    »Was nicht bedeutet, daß der Mann unschuldig war«, fügte Halvorsrud hinzu,
    als habe Billy T. laut gedacht. »Ich bin nach wie vor überzeugt, daß Stäle
    Salvesen hätte verurteilt werden müssen. Aber. . . «
    »Schon gut«, sagte Billy T. »Alles klar. Ist mir auch schon passiert. Aber
    besonderes Glück hatte Salvesen dann trotzdem nicht mehr, oder? Etwas muß
    doch passiert sein, meine ich. Vom Straßenkreuzer zum Fahrrad, in einem
    knappen Jahrzehnt. . . «
    »Ich habe nicht die geringste

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