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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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den Kopf ein bißchen über
    Wasser haben und sehen, was hier eigentlich passiert ist.«
    Als er das sagte, ging ihm auf, wie sinnlos diese Antwort war. Dem Jungen
    sagte sie gar nichts. Preben Halvorsrud wollte jetzt zu seinem Vater. Sofort.
    »Bald«, korrigierte Billy T. sich. »So bald wie überhaupt nur möglich.«
    Er hatte keine Fragen mehr. Vorsichtig hatte er versucht, den Jungen nach der
    Beziehung seiner Eltern auszufragen. Preben antwortete zumeist einsilbig. Der
    Junge zeigte aber immerhin eine mürrische, widerwillige Fürsorge für seine
    Geschwister. Vor allem schien er sich um seine sechzehnjährige Schwester
    Sorgen zu machen.
    »Wann ist die Beerdigung?« fragte er plötzlich und starrte aus dem Fenster.
    Billy T. gab keine Antwort. Er wußte es nicht. Preben Halvorsruds Mutter war
    erst vor drei Tagen enthauptet worden. Bisher hatten Billy T. und die übrigen
    elf Ermittler sich ausschließlich darauf konzentriert, die losen Fäden zu einem
    Gewebe zusammenzubringen, das ihnen am Ende zeigen würde, wer Doris Flo
    Halvorsrud ermordet hatte. Aber die Frau mußte natürlich begraben werden.
    Für einen absurden Moment sah Billy T. zwei Särge vor sich; einen
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    großen für den Leichnam und einen kleinen, adretten für den Kopf. Er verkniff
    sich ein äußerst unangebrachtes Lächeln.
    »Kann mein Alter gehen?«
    Der Junge blickte ihn für einen kurzen Moment an. Er war seiner Mutter wie
    aus dem Gesicht geschnitten, trotz der spätpubertären und viel zu großen Nase
    und seiner Haut, die ihm bei den Mädchen sicher arge Probleme machte.
    »Von hier weg, meinst du? Nein. Er muß sicher noch eine Weile hier bleiben.
    Wie gesagt...«
    »Ich meine nicht von hier. Ich kapier ja, daß das nicht geht. Ich meine zur
    Beerdigung. Zur Beerdigung meiner Mutter. Kann mein Alter da
    hinkommen?«
    Billy T. rieb sich das Gesicht und zog lange und hart die Nase hoch.
    »Da bin ich mir wirklich nicht sicher, Preben. Ich werde mein Bestes tun.«
    »Das wäre auf jeden Fall gut für meine Schwester. Sie ist so ein... Papakind,
    sozusagen.«
    »Und du«, fragte Billy T. »Was ist mit dir?«
    Der Junge zuckte mit den Schultern.
    »Naja...«
    »Glaubst du, es ist wichtig für deinen Vater? Zur Beerdigung gehen zu können,
    meine ich?«
    Preben Halvorsrud zog eine Grimasse, die Billy T. einfach nicht deuten konnte.
    Vielleicht war er einfach nur müde.
    »Mmm«, er nickte kurz.
    »Warum?«
    »Sie haben sich doch geliebt, Mann!«
    Zum ersten Mal durchbrach Wut die abweisende Verschlossenheit. Der
    Neunzehnjährige richtete sich im Sessel auf und nahm die Hand vom Mund.
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    »Meine Eltern waren seit über zwanzig Jahren verheiratet. Ich weiß ja auch,
    daß das nicht immer so verdammt leicht war. Das geht sicher allen so. Sie zum
    Beispiel...«
    Ein schmuddeliger Zeigefinger mit Blut an der Spitze zeigte auf Billy T.
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Nein«, sagte Billy T. »Aber ich heirate im Sommer.« »Haben Sie Kinder?«
    »Vier. Bald fünf.«
    »Himmel«, rief Preben Halvorsrud und ließ seinen Finger sinken. »Mit
    derselben Frau?«
    »Nein. Aber hier ist nicht von mir die Rede.«
    Billy T. knallte unnötig hart mit einer Schreibtischschublade.
    »Doch«, sagte Preben. »Hier ist von Ihnen die Rede. Wenn Ihre Kinder
    verschiedene Mütter haben, dann wissen Sie doch, wovon ich rede. Daß nicht
    alles immer so verdammt leicht ist. Sie haben es doch auch nicht geschafft.
    Sich immer nur an eine zu halten, meine ich. Wenn die Mutter Ihrer Kinder
    tot wäre, wäre es für Sie dann nicht wichtig, zu ihrer Beerdigung zu gehen, was
    meinen Sie? Meinen Sie nicht?«
    Seine Stimme schlug ins Falsett um, als sei der Junge eigentlich erst fünfzehn.
    So sah er auch aus. Seine Augen liefen jetzt fast schon über. Der dünne Schild
    aus Gleichgültigkeit bekam Risse. Billy T. seufzte laut und erhob sich. Das
    Gefühl, ein Arsch zu sein, lähmte ihn fast, als er sich über den Jungen beugte.
    Preben Halvorsrud krümmte sich unter ihm zusammen.
    »Sie hatten also Probleme.«
    Der Junge nickte ganz kurz.
    »In welcher Weise denn?«
    Preben schniefte laut und rieb sich rasch mit dem Handrücken über die
    Augen. Dann hob er das Kinn und schaute
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    Billy T. an. Die Tränen, die schwer an seinen Wimpern hingen und jederzeit
    herunterfallen konnten, glitzerten im grauweißen Tageslicht.
    »Was wissen wir denn schon über unsere Eltern«, sagte er leise. »Uber solche
    Dinge, meine ich.«
    Billy T. überlief ein Schauer. Ohne

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