Holunderküsschen (German Edition)
aus?“
„Wärme, Abenteuer, Geheimnis und Gefahr“, sage ich nach kurzer Überlegung.
„Exakt! Welches der beiden Alternativen würdest du dir an die Wand hängen wollen?“
Die Antwort ist klar. „Wüste.“
Chris nickt zufrieden. „Weißt du, ich habe mich vor Jahren bei einer meiner Reisen in die Wüste verliebt. Mich begeistern die Menschen und ihre Geschichten, deren Leben. Aber am meisten fasziniert mich die Natur dort.“
Ich wende mich wieder Chris zu, dessen Hände mittlerweile mit bunter Farbe beschmiert sind. Er ist voll in seinem Element, seine Bewegungen sind fließend und seine Hände scheinen einer imaginären Musik zu folgen.
Auch Benni wirkt hoch konzentriert. Mein Gott, der Mann sieht sogar sexy aus, wenn er a r beitet. Sein ganzer Fokus ist auf Chris gerichtet. Es ist das erste Mal, dass ich Benni bei der A r beit beobachte. Ich bin begeistert. Seine schlanken Finger umfassen die Kamera fast liebevoll. Wie fühlt es sich wohl an, wenn er mich berühren würde? Hat er weiche Haut? Bestimmt. Schöne Hände sind selten bei Männern. Benni hat schöne Hände. Ebenso schöne Zähne. Schon zwei A t tribute, die ihn in die oberen Ränge des Männerolymps befördern – ganz abgesehen von dem knackigen Po.
„Julia, hörst du mir noch zu?“ Chris zwinkert mir zu. Hat er was gemerkt? Warum sieht er mich so bedeutungsvoll an?
Wieder spüre ich, wie ich rot werde und senke hastig den Kopf. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie Benni erstaunt zu mir rüber sieht. Seine braunen Augen glänzen im Licht.
„Äh, entschuldige“, murmele ich, „ich habe nur einen Moment nachgedacht.“
„So kann man es auch ausdrücken“, spöttelt Chris und macht eine unauffällige Kopfbew e gung in Richtung Benni, der sich gerade über das Bild beugt und eine Detailaufnahme macht.
Konzentriere dich! Benni ist nur dein Fotograf. Du bist gerade von deinem Verlobten betr o gen worden. Hör auf, ständig über Benni nachzudenken. Männer sind erst einmal tabu.
Eine Hand legt sich auf meinen nackten Arm. Ich zucke zusammen. Es ist Benni. Er steht direkt hinter mir. Seine körperliche Nähe macht mich nervös.
„Was hältst du davon, wenn wir dich und Christian ...“
„Chris, bitte“ unterbricht ihn Chris.
Benni nickt. „Ich würde gerne ein Bild von Chris und dir machen.“
„Keine gute Idee“, protestiere ich. Meine Haut prickelt an der Stelle , als er die Hand wieder wegnimmt.
Ich kann Bilder von mir nicht leiden. Meistens sehe ich aus wie ein Marzipangesicht mit einem Pudel auf dem Kopf.
„Doch“, besteht Benni. „Deine Leser sollen sehen, wer die sympathische Frau ist, die hinter dem Artikel steht. Außerdem wirkt es so authentischer.“ Er dreht an seinem Objektiv. „Chris, du könntest Julia dabei noch ein bisschen von deinen Reisen nach Afrika erzählen“, schlägt er vor. Chris kniet auf dem Boden und ich folge seinem Beispiel. Benni platziert sich an der Stirnseite des Bildes.
Chris schüttet den Sand mit einer schwungvollen Bewegung über der Leinwand aus, dann nimmt er einen Topf mit Farbe und vermengt scheinbar ohne Konzept den Sand mit der Farbe. Es folgen Bewegungen, wie bei Kindern, die mit Matsche spielen. Sein Gesicht bekommt einen konzentrierten, leicht verrückten Ausdruck. Wahnsinn und Genie liegen eben doch dicht beie i nander.
„Das ist echt cool gelaufen“, stellt Benni später zufrieden fest . „Aber mal ehrlich , eine kleine Macke hat der Typ schon.“
Ich nicke. „Schätze mal, Chris war ein bisschen zu lange in der Sonne.“ Wir beide lachen.
„Trotzdem glaube ich, dass er mit seinen Bildern erfolgreich wird. Die Idee ist gut und m a len kann er auch.“
„Katja und ich waren uns schon immer einig, dass Chris mit seinem Können auf Dauer E r folg haben würde. Du hättest mal sehen sollen, wie der in der Oberstufe gemalt hat! Gegen ihn hatte keiner von uns eine Chance“, sage ich locker.
„Ich wette, du warst aber auch ziemlich gut.“ Benni lächelt mich warmherzig an.
Und mein Magen macht wieder einen dieser kleinen Hüpfer, die er in letzter Zeit immer macht wenn Benni in meiner Nähe ist.
„Hast du dir schon überlegt, wann wir uns zusammensetzen, um die Fotos auszusuchen?“ Ich denke kurz nach. „Ich könnte den Artikel bis morgen Abend fertig haben.“
„Lass uns nächste Woche treffen.“ Sein Gesichtsausdruck hat sich verändert. Er wirkt plöt z lich ernst.
„Warum erst nächste Woche? Miriam möchte den Artikel so schnell wie
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