Holy Shit
Konfrontation, dazu im Internet, ob im Chat oder zeitversetzt auf einem Blog oder in sozialen Netzwerken. Ohne Publikum macht es den Wortkämpfern natürlich nur halb so viel Spaß. Dessen lautstarke Kommentare heizen die Schlacht an. In Schulen setzt manDiss-Battles schon lange ein, um Aggressionen und Vorurteile zur Sprache zu bringen, am besten spielerisch aufzulösen und gleichzeitig, durchaus mit Erfolg, die Sprachkompetenz zu fördern.
Der Ursprung der Form im amerikanischen »Battle-Rap« ist eindeutig. Freilich haben sich bestimmte Regeln längst verändert, beispielsweise ließ man anfangs rassistische Stereotype und Verwandtenbeschimpfungen aus, inzwischen ist beides neben Potenzprotzerei, Splatterphantasien und Homophobie geradezu Kennzeichen der Diss-Battles. Gleich blieb das maßlose Selbstlob der durchweg männlichen Protagonisten, vor allem Muskeln und Sexualorgan betreffend, ebenso der Versuch, die Glaubwürdigkeit des Gegners als Gangsta sowie sein Handwerkszeug im Dissen lächerlich zu machen.
Was man dann so sagt? Roey Marquis II. zum Beispiel dies: »Mach dich nass wie Blättchen, mein Schätzchen, mit Stock im Arsch wie Zäpfchen.
Bleib smooth wie Kätzchen bei Fuss und dein Arsch bewegt sich. Dein Schwanz bleibt ewig ledig, ich ficke täglich, versteht sich.
Rappen mein Fetisch, wirkt ästhetisch, mein Auftreten poetisch. Ich sehe nichts, verpiss und schäme dich für deinen mickrigen Penis.
Dein Schwanz ist zu sehnig, Kleiner, meiner ist dicker und steht. Ich geh nicht, ey, ich bin so ein Poser! Motherfucker auf Bühnen schweb ich.«
Don’t fuck the army! Ein Rapper unter Beschuss
Wie man in den Wald hineinflucht, so flucht es heraus. Das erfuhr der US-amerikanische Hip-Hop-Musiker Soulja Boy. Eigentlich gehören sein Genre und das Fluchen so untrennbar zusammen, dass sich fast nie Protest gegen Songzeilen regt. Wo sollte man anfangen, wo aufhören?
Eine bewusste Provokation hatte Soulja Boy mit seinem Song »Let’s Be Real« also offensichtlich nicht beabsichtigt. Es ging ihm im September 2011 – kurz vor dem zehnten Jahrestag des Anschlags auf das World-Trade-Center – wohl ganz allgemein um den schlechten Zustand des Landes. Dumm nur, dass er gleich zu Beginn rappte: »Fuck the FBI and fuck all the army troops, fighting for what? Please be your own man …« Solche Textzeilen erscheinen in der Rapmusik normal, ja harmlos, doch nicht fürs US-Militär.
Nur Stunden später meldete sich ein Sprecher der Veteranen, die eigentlich nicht als Hip-Hop-Fans bekannt sind, zu Wort. Er protestierte gegen die Beschimpfung der Armee und verlangte eine Entschuldigung bei allen Truppenteilen. Darüber hätte Soulja Boy lachen können, wenn das nicht nur die Vorhut gewesen wäre.
Mit Hilfe des Internets wurde der Song, genauer gesagt, der »Fuck all the army troops«-Ausschnitt bei US-Soldaten rund um den Globus verbreitet. Eine Welle von Hassmails, bei denen die Absender kein Blatt vor den Mund nahmen, brach über Soulja Boy zusammen – natürlich stammten viele der Wütenden selbst aus den Rängen des Militärs. TausendeKommentare schwirrten durchs Netz, einer böser als der andere. Die rasch folgende Erklärung und Entschuldigung des Musikers halfen wenig. Ein Boykott seiner Platten auf allen Militärstützpunkten wurde gefordert. Und immer weiter beschimpften ihn Soldaten aller Einheiten. Einzelne, die für Soulja Boy das Recht auf freie Meinungsäußerung ins Feld führten, fluchte man nieder: »Und an diejenigen, die weiterhin sagen ER HAT REDEFREIHEIT…… F_t euch, ihr seid wertlos wie ein altes überfahrenes Opossum, ein benutztes Kondom und eine Sammlung 8-Tracks.« Kreativ geflucht, bedenkt man, dass die Analog-Tonträger »8-Tracks« schon seit fast dreißig Jahren nicht mehr verwendet werden.
Kreativer noch waren andere Antworten, wenngleich auch sie mit Flüchen nur so gespickt waren. Immer mehr Soldaten stellten selbst Raps ins Internet, in denen sie Soulja Boy mit seinen eigenen Waffen schlagen wollten und zu durchaus eindrucksvollen Ergebnissen kamen. Wer sich davon überzeugen will, braucht nur auf einschlägigen Videodiensten im Netz »soulja boy let’s be real army reactions« einzugeben.
Ein wichtiger Grund übrigens, warum der Soldatenzorn so hochkochte: Man interpretierte den Künstlernamen des jungen Musikers, der eigentlich auf ein umgangssprachlich gesprochenes »Soul you« anspielt, als gewollte Fehlschreibung von »soldier« und wollte sich von einem
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