Holz und Elfenbein
schüttelte den Kopf und ließ sich die frische Brise, die die ersten Vorboten des Frühlings mit sich führte, um die Nase wehen. Wer konnte so etwas wie die komplizierten Verflechtungen einer Beziehung schon gänzlich entwirren?
So angenehm diese Fahrt durch Frankreich gewesen war, ihr Vorrat an frischer Wäsche war langsam, aber sicher erschöpft – der Sportwagen bot sowieso nicht viel Stauraum für große Koffer. Zum Glück hatten sie die ganzen Kisten mit Wein, Federico vermutete ja, dass Alexis wirklich sämtliche in England lebende Arrowfields mit Weinlieferungen versorgt hatte, einfach direkt an das Anwesen der Arrowfields versandt. Alexis‘ Großmutter, die dort lebte, würde sich wahrscheinlich wundern, warum jeden Tag aufs Neue Pakete mit Weinflaschen eintrafen.
Alexis‘ Großmutter. Würde sie ihn gut aufnehmen? Federico hoffte, dass Catherine etwas Vorarbeit geleistet hatte und die restlichen Familienmitglieder ihm ebenso offen und freundlich begegneten wie Alexis‘ jüngere Schwester.
Es wurde langsam wirklich Zeit, dass sie in England ankamen und er sie alle kennenlernte. Außer natürlich Alexis‘ Eltern, die sich noch immer in Asien aufhielten und er wusste nicht, wann sie zurückkommen würden. Federico hielt diese Unsicherheit einfach nicht mehr aus. Entschlossen stieß er sich von der Reling ab und ging übers Deck zu Alexis hinüber.
Zeit, der Zukunft ins Gesicht zu sehen.
Alexis lenkte den Wagen um die letzte Kurve und parkte direkt vor der großen Treppe, die zum Eingang des Hauses hinaufführte. »Nun, das ist es«, meinte er mit einer weit ausholenden Handbewegung als er den Motor ausgeschaltet hatte.
Federico hatte schon genügend Muse gehabt das Anwesen der Arrowfields zu bewundern: Den mit Kies bedeckten Weg, der direkt auf das Haus hinführte. Die schlanken Säulen, die das Vordach stützten und die kleinen Ziersträucher daneben – unnötig zu erwähnen, dass sie frisch geschnitten waren. Er lächelte schwach, es war ein richtig typisches englisches Herrenhaus... und es war groß und schrie geradezu nach Vermögen und Reichtum!
»Ich komme mir vor als ob ich direkt in einem Roman von Jane Austen gelandet bin.« Das war in der Tat sein erster Gedanke gewesen als er das Haus gesehen hatte.
Alexis bedachte ihn mit einem amüsierten Blick. »So falsch liegst du da wahrscheinlich gar nicht, wobei die ersten Grundmauern noch etwas älter sind und aus dem 18. Jahrhundert stammen. Doch innen ist alles renoviert und modern eingerichtet. Wir haben auch keinen Geist«, versuchte er die Stimmung etwas aufzulockern und Federico zu einem Lachen zu bewegen. »Eingeschüchtert?«
»Ja, verdammt. Du hättest mich vorwarnen können. Aber wenigstens kommt nicht gleich ein Diener gerannt und will das Auto parken.«
Entschuldigend zog Alexis eine Schulter hoch und drückte Federicos Hand bevor sie ausstiegen. »Gareth ist mit meinen Eltern in Singapur, er würde das normalerweise machen. Aber bezeichne ihn bitte nicht als Diener, das ist doch etwas herablassend.«
»Wer ist Gareth?« Der Name sagte Federico irgendetwas, vielleicht hatte er mit diesem ›Gareth‹ bereits telefoniert, grübelte er nach.
»Der Butler meines Vaters, wobei die Bezeichnung Sekretär oder persönlicher Assistent auch in Ordnung geht. Die Köchin...«
»Ihr habt eine Köchin?« Federico riss die Augen auf.
»Ja«, kam es von Alexis gedehnt.
»Okay.« Federico versuchte das alles zu verdauen. »Gibt es sonst noch Diener... Angestellte«, verbesserte er sich prompt, »über die ich Bescheid wissen sollte?«
»Nein, nur den üblichen Gärtner und zweimal die Woche kommt die Putzfrau.«
Federico fühlte sich nun ganz und gar nicht mehr wohl in der Haut. Er hatte ja gewusst, dass Alexis‘ Familie ›anders‹ war, gemessen an den Maßstäben, die er kannte. Doch so etwas, Angestellte, Butler, Köchinnen.
»Was noch?«, entfuhr es ihm schwach und blieb mitten auf der Treppe stehen. »Verbindungen zum Königshaus? Bist du mit der Queen verwandt?« Er hatte es scherzhaft gemeint, doch nachdem er Alexis‘ Gesichtsausdruck gewahr wurde: »Oh mein Gott! Das ist nicht dein Ernst!«
»Na ja, nicht direkt, aber beinahe hätten einmal ein Cousin und die Prinzessin von... Egal. Ist jetzt nicht so wichtig. Ab und an steht die Yellow Press vor der Tür. Aber man gewöhnt sich daran.«
»Aber ihr seid keine Adligen?«
Alexis verneinte: »Nein, wir sind 1963 von sämtlichen erblichen Adelstiteln zurückgetreten.«
Doch
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