Holz und Elfenbein
Essen würde es Geflügel und gedämpftes Gemüse geben. Als ob Federico das interessierte, er warf dem Butler einen finsteren Blick zu und hatte dann prompt seine Ruhe. Wenn es nach Federico ginge, dann konnte dieser Wasserhahn noch eine Weile länger tropfen.
»Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder Gareth?« Alexis hatte von dem Weißwein gekostet, den Gareth zum Abendessen ausgewählt und ihm gerade davon eingeschenkt hatte.
David nippte an seinem Glas, zuckte mit den Achseln und befand, dass der Wein seinen Zweck erfüllte. »Der ist doch in Ordnung.«
»Du hast auch keine Ahnung, Dad«, bescheinigte Alexis seinem Vater lachend. »Nein, der Weißwein ist viel zu trocken und passt auch überhaupt nicht zu dem süß-sauren Gemüse.«
»Lass es gut sein Alex.« Elizabeth warf ihrem Sohn einen wissenden Blick zu. »Mach nicht so ein Drama daraus. Du hast den passenden Wein doch schon unter dem Tisch stehen. Oder warum warst du vorhin eine Viertelstunde lang im Keller?«
Grinsend reichte Alexis dem Butler den – seiner Meinung nach – passenden Wein, den er in der Tat unter dem Tisch gelagert hatte. »Ein hervorragend edelsüß ausgebauter deutscher Weißwein, den ich in London gekostet habe. Er wird sogar dir schmecken Mum.«
Gareth verdrehte kurz die Augen, diese Geste konnte er sich wohl nicht verkneifen, entkorkte aber dann gehorsam die neue Flasche.
»Jetzt ärger dich nicht, du weißt doch, dass man mir in Sachen Wein nichts vormachen kann.« Alexis zwinkerte Gareth zu. »Ich habe dir schon ein paar Mal angeboten, dir ein paar Sachen beizubringen.«
»Ah ja, die Community muss wohl zusammenhalten«, spottete Federico und schnaubte. »Ob du wohl auch so freundlich zu ihm wärst, wenn er nicht schwul wäre?«
Augenblicklich verharrten die Messer und Gabeln, die gerade noch ansetzen wollten um das Geflügel zu zerlegen, buchstäblich in der Luft. Totenstille herrschte in dem Esszimmer und einzig Gareth ließ ein leises, frustriertes Stöhnen von sich hören.
Alexis‘ Gesicht wurde auf einen Schlag merkwürdig ausdruckslos, was in einer anderen Situation eher komisch gewirkt hätte.
»Federico«, begann er in einem Ton, der Federico eine Warnung hätte sein sollen.
»Was? Ihr habt es nicht gewusst?« Federico lachte auf und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, dann erst wurde ihm der Blick bewusst, den sich Gareth und Alexis zuwarfen und seine selbstzufriedene Mine, die er gerade noch zur Schau getragen hatte, fiel in sich zusammen. Es war als ob man ihm einen physischen Schlag verpasst hatte als er sich gewahr wurde, was er in diesem Blick gelesen hatte. Nein, das konnte doch nicht sein!
David und Elizabeth hatten in der Tat nicht gewusst, dass ihr Butler homosexuell war. Und warum auch? Gareth war deshalb kein weniger guter oder schlechter Mitarbeiter. Doch auch sie waren nicht auf den Kopf gefallen und Alexis‘ Unbehagen war förmlich greifbar. Genau wie Gareth, der die Weinflasche auf dem Esstisch abgestellt hatte und nun zu einer Entschuldigung ansetzte.
Alexis unterbrach ihn einfach mitten im Satz und legte ihm eine Hand auf den Arm: »Was entschuldigst du dich?«, und so wie er das Wörtchen ›du‹ betonte, war jedem klar, dass Alexis stattdessen von Federico eine Entschuldigung forderte.
»Niemand verlangt von dir, dass du dich outest«, fuhr Alexis fort.
Federico sah diese Geste und Alexis‘ leise Anklage. Er sollte sich entschuldigen? Das war ja die Höhe! Vor allem wenn sich sein Verdacht bestätigen würde.
Auch David bedeutete Gareth, dass dieser nicht fortzufahren brauchte. »Alexis hat recht. Es ist uns egal, ob du schwul bist oder hetero so lange...« Es war wohl einer der seltenen Augenblicke, in denen sogar der erfahrene Diplomat nicht wusste, wie er es sagen sollte.
»Du hattest ihn, habe ich recht?« Federico schien keinerlei Skrupel zu haben das auszusprechen, was sowieso schon jeder am Tisch geahnt hatte.
Gareth musste diese Vermutung nicht mehr gesondert bestätigen, er wurde so rot wie ein frisch gekochter Hummer.
»Alexis!«, entfuhr es Elizabeth. »Du hast geschlechtlichen Umgang mit dem Personal?«
Federico hätte da am liebsten eine ganz andere, weniger elegante, weniger gesellschaftsfähige Formulierung benutzt.
»Nein!«
»Du streitest es auch noch ab?« Federico warf beinahe sein Weinglas um als er sich nach vorne lehnte.
Alexis schloss kurz die Augen und atmete tief ein. Wahrscheinlich war auch er nahe daran sich zu vergessen. Er richtete seine Worte
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