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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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Kleidung als feinen Stoffhosen und Hemden gesehen hatte. Die Klamotten beim morgendlichen Workout zählten nicht. Es war ein merkwürdiger Kontrast Alexis nun in Jeans, schmucklosen Shirt und einer Lederjacke zu sehen. Nun ja, er hatte auch nicht ernsthaft erwartet, dass Alexis in seiner Freizeit Stoffhosen mit Bügelfalten trug.
    »Sollen wir ein Taxi rufen?«
    »Wenn es dir nichts ausmacht, dann würde ich gern zu Fuß gehen.« Federico hoffte, dass er dadurch etwas zur Ruhe kommen und sich vielleicht sogar eine gewisse Müdigkeit einstellen würde.
    »Ich hoffe, du kennst den Weg. Wir sind hierher gefahren.«
    »Oh, kein Problem.« Federico lebte ja schließlich schon ein paar Jahre in Genf. Es war ein strammer Fußmarsch zurück ins Konservatorium, aber weder regnete es noch war die Nacht besonders kühl. Man konnte es gut aushalten.
    »Also hat Claude dich mit in den Club geschleppt?«, begann Alexis als sie von der Straße auf einen Radweg abbogen.
    »Ja, das gehört alles zu seinem Aktionsplan ›Federico muss lockerer werden‹. Er meint, ich müsste mehr Spaß haben.« Federico leerte die Bierflasche, ein paar Meter weiter stand ein Mülleimer und so konnte er die Flasche gleich loswerden. Er musste zweimal blinzeln um die Öffnung für den Müll zu treffen, ganz eindeutig hatte er zu viel und zu schnell getrunken, aber so lange er nicht im Zickzack lief, konnte er es noch verkraften.
    »Aber so ein Club ist nicht unbedingt deine Art Spaß zu haben.«
    »Nein, nicht unbedingt. Ist es deine?«, fragte Federico nach kurzem Zögern. Er wollte nicht direkt fragen, ›Bist du schwul?‹, aber sollte Alexis die Frage bejahen, dann wusste Federico es auch so.
    »Oh, nein, ich verbringe nicht mehr oft meine Freitagabende in Bars oder Clubs.«
    Das war nicht die Antwort, die Federico erwartet hatte, aber gut, er wollte nicht nachhaken. »Claude meinte, sie ließen einen leichter rein, wenn man als Paar kommt. Das war auch ein Grund, warum ich mitgehen sollte. Was ist mit deinem Freund? Ist er...« Federico machte ein vielsagendes Geräusch, halb Husten, halb Räuspern.
    Alexis spürte Federicos Unbehagen bei der Frage und antwortete nicht sofort. »Frank ist bi.«
    »Aha.«
    »Warum reden wir immer über Sex, wenn wir uns sehen?«, fragte Alexis, der Ton ganz und gar ernsthaft.
    »Weiß nicht«, Federico rief sich ihre Gespräche im Park und im Bistro ins Gedächtnis. »Aber du hast recht«, befand er. »Dann wechsle doch das Thema.«
    »Gern. Wie gehts dir?«
    Nicht gerade Federicos Lieblingsgesprächsthema, er musste wohl ein Seufzen von sich gegeben haben, denn Alexis meinte. »So gut also.«
    »Claude hat ja nicht ganz unrecht, wenn er meint ich müsste mehr Zeit außerhalb des Campus verbringen.« Sie liefen einige Meter schweigend nebeneinander, dann fuhr sich Federico durch die Haare. Das tat er oft, wenn er sich unbehaglich fühlte. »Weißt du Alexis... mit sechzehn habe ich den Concours de Genève, den Wettbewerb hier in Genf, gewonnen und schon war ich international gefragt. Danach bin ich auf der ganzen Welt unterwegs gewesen, habe Konzerte gegeben, mit Orchestern gespielt. Sicher habe ich mehr gesehen als die meisten anderen Jugendlichen in diesem Alter, aber...« Er schluckte, es hörte sich so weinerlich und schwach an, was er jetzt sagen wollte.
    »...aber du warst immer allein«, vollendete Alexis den Satz und Federico nickte.
    »Ja, genau das«, stimmte er leise zu und es tat gut zu wissen, dass Alexis dies verstand. »Nach drei Jahren wollte ich wieder etwas Ruhe und auch Stabilität. Ich selbst finde, dass sich mein Klavierspiel in diesen letzten drei Jahren nicht so weiterentwickelt hat, wie es das eigentlich sollte und deshalb bin ich jetzt wieder hier.«
    »Und du übst mehr als je zuvor, was dich noch mehr abkapselt.«
    Was sollte Federico darauf antworten? Es war fast schon ein schmerzhafter Prozess für ihn mit Alexis zu reden, der analysierte ihn so scharfsinnig und legte den Finger auf die wunden Punkte. Es kam ihm so vor als würde Alexis ihn schon jahrelang kennen.
    »Was ist mit deinen Eltern, sie sind doch sicher sehr stolz auf dich.«
    Auch so ein wunder Punkt, den Alexis jetzt unabsichtlich getroffen hatte. »Sie sind beide tot.«
    Alexis blieb abrupt stehen. »Oh. Ich... entschuldige.« Er legte den Arm um Federicos Schultern. Sie gingen weiter und erst als sie an der nächsten Kreuzung waren, fiel Federico auf, dass Alexis noch immer den Arm um ihn hielt.
    › Na ja, es ist dunkel

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