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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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ihn zu sich umgedreht hatte. Alexis war ein paar Zentimeter größer als er, wie er jetzt feststellte und...
    Er riss die Augen auf. »Hmpf!« Alexis hatte eine Hand unter sein Kinn geschoben und küsste ihn! Für einen kurzen Moment war Federico wie gelähmt und ließ es einfach geschehen. Dennoch erschien ihm dieser Augenblick wie eine ganze Ewigkeit. Seine Finger zuckten unwillkürlich und sein Körper schien sich nicht entscheiden zu können ob er zurückweichen oder auf Alexis zugehen sollte. Er schmeckte die seltsame Mischung vom Bier und dem Aroma des Tees auf Alexis‘ Lippen und auf einmal drehte sich in seinem Kopf alles.
    »Federico...«
    »Nein.« Er stolperte zur Couch und hielt sich dort fest, schnappte nach Luft. »Nein, nein. Ich weiß nicht, wie viel du getrunken hast, aber für mich war es zu viel und für dich anscheinend auch... Ahm....« Wurde er jetzt rot im Gesicht? Zumindest fühlte es sich genau so an.
    »Federico...«, versuchte es Alexis erneut.
    »Wir sehen uns am Montag.« Federicos Bewegungen waren zu fahrig als dass er den Reißverschluss seiner Jacke richtig einfädeln konnte, von daher ließ er sie offen und flüchtete förmlich aus der Wohnung.

7

    Unfähig sich zu bewegen, unfähig einen deftigen Fluch über seine Lippen kommen zu lassen, ja noch nicht einmal ein klarer Gedanke wollte sich in seinem Hirn formen. So starrte Alexis Arrowfield auf seine Wohnungstür und dann wurde ihm klar, dass er es nach allen Regeln der Kunst vermasselt hatte. Es klopfte zweimal an der besagten Tür und das riss ihn aus seiner Lethargie.
    »Federico, ich...«, entfuhr es ihm als er die Tür aufriss und der kleine Funke Hoffnung erlosch sofort wieder. »Ach du bist es.« Er ließ Frank eintreten und warf sich selbst auf die Couch.
    »Hilf mir auf die Sprünge, aber der junge, äußerst ansehnliche Mann, der mir gerade an der Haustür entgegengekommen ist und ausgesehen hat als ob er in den nächstbesten Busch reihern möchte, war das nicht zufällig Federico Batist?«
    »Doch«, gab Alexis kleinlaut zu.
    »Was hast du mit ihm gemacht? Bist du ihm an die Wäsche gegangen?«
    »Ich habe ihn geküsst.«
    Zuerst fassungslose Stille, dann legte Frank los: »Ja bist du denn von allen guten Geistern verlassen!« Er warf die Autoschlüssel mit großem Getöse auf den Couchtisch. »Was ist denn aus dem berühmten Fingerspitzengefühl der Arrowfields geworden?«
    »Das ist mir abhanden gekommen.« Aus gutem Grund war Alexis kein Diplomat geworden wie sein Vater oder seine ältere Schwester.
    »Sieht ganz so aus.« Frank rumorte in der Wohnung herum, aber Alexis blieb einfach nur liegen und schaltete irgendwann den Fernseher an. Da er weder auf halbnackte Moderatorinnen von dümmlichen Quizsendungen oder die hundertste Wiederholung von uralten Actionserien Lust hatte, blieb er bei einer Dokumentation über die ukrainische Landschaft hängen. Doch dabei dachte er nur daran, wie er sich bei Federico entschuldigen sollte.
    Was hatte ihn nur dazu getrieben, überlegte Alexis während reizvolle Landschaftsaufnahmen auf der Mattscheibe vorbeizogen. Er hatte einfach zu viel erwartet, aber Federico hatte sich nun einmal an ihn gelehnt! Alexis war sich dessen ganz sicher gewesen. Darauf zu schließen, dass der Pianist mehr wollte, war ein Fehler gewesen. Hoffentlich kein fataler!

    Federico Batist hatte bemerkenswert gut geschlafen, wenn man in Betracht zog was er für eine ereignisreiche Nacht hinter sich gebracht hatte. Zuerst hatte er den ganzen Tag versucht zu verdrängen, was geschehen war. Doch irgendwann am Samstagabend, Claude spielte bei einer Aufführung im hiesigen Opernhaus und Federico war somit alleine, konnte er nicht umhin seiner Bettdecke einen Faustschlag zu verpassen. Was hatte sich Alexis eigentlich dabei gedacht! Federico brauchte nun keine Fragen mehr zu stellen, ob der Organist schwul war, oder nicht. Die Sache war offensichtlich und doch blieb die Frage: Warum hatte er es getan?
    Federico war wütend auf Alexis. Nicht, weil dieser schwul war. Nein, Federico war ja alles andere als homophob. Aber dass Alexis ihn so ausgenutzt hatte. Er hatte sich erlaubt dem anderen gegenüber Schwäche zu zeigen. Federico hatte mit Alexis über Dinge geredet, die er sonst vielleicht mal mit Claude besprach und den kannte er schon beträchtlich länger. Er hatte gedacht zwischen ihm und Alexis gebe es so etwas wie Kollegialität, Respekt, Achtung und womöglich auch Freundschaft, aber jetzt kam er sich ausgenutzt

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