Holz und Elfenbein
meine Mutter. Sie haben sich während ihres Studiums in Brüssel kennengelernt.«
»Hast du noch Kontakt zu der Familie deines Vaters?«
»Nein. Er war ein Einzelkind und seine Eltern sind inzwischen auch schon gestorben.«
»Ah... und deine Tante?«
»Wir telefonieren von Zeit zu Zeit. Aber mein Akzent ist wirklich übel und meine Italienischkenntnisse reichen gerade noch für etwas Smalltalk«, lachte Federico. »Ich war als Kind gern bei ihr. Klar, sie war nicht meine Mutter, aber sie hat versucht eine für mich zu werden. Was sie wohl sagen wird, wenn sie erfährt, dass ich einen Mann liebe?«
Alexis zog die Schultern hoch. »Du musst es ihr nicht sagen. Nun ja, nicht gleich.«
»Ja«, kam es von Federico gedehnt. Kein Thema mit dem er sich gerade jetzt auseinandersetzen wollte. Das hatte noch Zeit.
Er streckte sich träge auf der Couch aus und stieß Alexis mit dem Fuß an.
»Es ist Weihnachten, was ist mit den Geschenken?«, verlangte er zu wissen und wechselte so ziemlich abrupt das Thema. Dabei angelte sich Federico noch einen Zimtstern vom Tisch. Sie hatten gestern in einem Anflug von Weihnachtsstimmung Gebäck gebacken. »Weißt du, ich habe etwas für dich«, verkündete er stolz.
Eigentlich wollte Alexis nicht, dass Federico sein ohnehin schon knappes Budget noch weiter strapazierte, indem er ein Weihnachtsgeschenk kaufte. Das wusste Federico, aber er wollte sich nicht immer nur haushalten lassen, sondern auch einmal etwas beisteuern können. Federico hatte es auch einige Mühe gekostet die Schachtel unbemerkt in die Tasche zu packen, als sie im Wohnheim gewesen waren, um einige persönlichen Dinge Federicos zu holen. So staunte Alexis nicht schlecht als er in das Schlafzimmer ging und keine Minute später mit einem länglichen flachen Karton zurückkam.
Erwartungsvoll stellte Federico das Geschenk vor Alexis ab und setzte sich zurück.
»Das hättest du nicht tun müssen«, mahnte Alexis sanft.
»Unsinn«, gab Federico zurück. »Mach es auf. Ich will sehen, ob er passt.«
»Okay.« Schnell war die rote Schleife abgelöst, die um den Karton geschlungen war. Alexis hob den Deckel an. »Oh Federico! Das ist... ist es das neue Modell?« Alexis nahm den Fechthandschuh aus der Schachtel und zog ihn sich gleich begeistert über die Finger.
»Es ist das neue Modell, wurde speziell für die Olympiade entwickelt«, bestätigte Federico und rutschte an Alexis heran. »Passt, oder? Ich war mir mit der Größe nicht mehr sicher. Jérôme meinte auch, durch das neue Material werden sie wohl etwas kleiner ausfallen.«
»Ich wusste nicht, dass es sie schon zu kaufen gibt.« Alexis hatte bereits seit Monaten damit geliebäugelt sich einen neuen Handschuh zu kaufen. Aber er war einfach immer zu faul gewesen ihn sich bei den einschlägigen Herstellern von Fechtzubehör zu bestellen. Oder hatte keine Zeit dazu gehabt. »Mein alter Handschuh ist schon fast durchgescheuert.«
»Ich weiß!«, grinste Federico, glücklich darüber, dass ihm die Überraschung gelungen war. »Jérôme hat da so seine Connections, deshalb konnte er mir eines der neuen Modelle besorgen. Ich habe den Handschuh dann noch zu einer Schneiderin gebracht.« Er griff nach Alexis‘ Handgelenk und drehte es. Erst jetzt fiel Alexis auf, dass auf der Stulpe seine Initialen eingestickt waren: A.E.A.
»A.E.A! Woher kennst du meinen zweiten Vornamen?«
Federico versuchte sich an einem Blick, der kein Wässerchen trüben sollte, doch dann gestand er. »Ich habe deinen Führerschein einmal in die Finger bekommen... Alexis Elijah.« Er lachte. »Elijah ist ein schöner Name. Jetzt schau nicht so grimmig!«
»Danke.« Alexis bemühte sich den ›grimmigen‹ Gesichtsausdruck wieder abzulegen und zog Federico in eine enge Umarmung. Es war auch für ihn das erste Weihnachtsgeschenk, das er von einem Geliebten erhalten hatte. Federico musste den Handschuh noch vor ihrer zeitweiligen Trennung besorgt haben. Das rührte ihn ungemein, dass Federico damals schon an ein Präsent gedacht hatte!
Doch auch er hatte sich ebenfalls früh den Kopf über ein passendes Geschenk zerbrochen und nun war es an Federico erwartungsvoll den würfelförmigen Karton zu mustern, den Alexis sicher im Schrank unter dem Waschbecken im Badezimmer versteckt gehalten hatte. Zum Glück hatte er nicht das silberne Metronom gekauft, das er ursprünglich für Federico ausersehen hatte . Er wusste, dass Federico ein elektrisches Metronom besaß, aber Alexis fand die altmodischen,
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