Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
Eis.« Er sah auf seine Uhr. »Ich muss mich jetzt um dieses Desaster kümmern. Verdammt, was kann man auch anderes erwarten?« Er drückte zornig auf die Ruftaste des Aufzugs. »Da schicken sie junge Männer in Krisengebiete, die Hälfte Nationalgardisten, lausige Zivilisten, viele mit posttraumatischem Stress von früheren Einsätzen. Sie sehen kopflose Leichen, müssen an jeder Straßenecke mit einem Sprengstoffanschlag rechnen, haben es mit angeblichen Verbündeten zu tun, denen man teilweise nicht trauen kann, und sehen Millionen Frauen, die sie nicht anrühren dürfen. Was kann man da anderes erwarten? Herrgott«, brummte er und trat in den Fahrstuhl. »Nein, du hältst dich von Fort Meade fern.« Die Aufzugtür schloss sich.
Bullshit, dachte sie. Nur die NSA konnte ihr zusätzliche Hinweise liefern. Sie würde schon eine Lösung finden.
KAPITEL 6
Fort Meade, Maryland
Während sie die Interstate 295 entlangfuhr, dachte sie daran, auf die I - 495 zu wechseln, um in Kensington haltzumachen, wo sie aufgewachsen war. Die Familie zog seinerzeit aus Michigan hierher, weil ihr Vater einen Job in Bethesda gefunden hatte.
Die Holy Trinity High School. Nur Mädchen, rein katholisch. Nonnen, Feldhockey und Faltenröcke. »Das Weltzentrum der Masturbation«, hatte Maggie es genannt. Vor dem Ausbruch der bipolaren Störung in ihrer Collegezeit war Carrie eine richtige kleine Streberin gewesen: Klassensprecherin, Zweite bei den Staatsmeisterschaften über fünfzehnhundert Meter, Jahrgangsbeste mit allen Aussichten auf ein Studium in Princeton oder Columbia. Währenddessen driftete ihre Mut ter immer mehr ab.
»Es sind die Staatsmeisterschaften, Mom. Ich möchte, dass du kommst.«
»Sprich mit deinem Vater, Carrie. Er will bestimmt dabei sein.«
»Das geht nicht. Da sehen Collegescouts zu. Er würde alles kaputt machen, wie immer.«
»Du brauchst niemanden, der dich begleitet – du machst das schon, Carrie.«
»Was ist denn los, Mom? Hast du Angst, ich könnte ge winnen?«
»Wie kannst du so was sagen? Ich hoffe, du gewinnst. Obwohl es nicht wichtig ist.«
»Weil ich es schaffen könnte? Ist es das, was dir Angst macht? Dass eine von uns aus diesem Irrenhaus rauskommt und nicht du das bist?«
»Du verstehst gar nichts, Carrie. Es ist alles ein abgekartetes Spiel – die Sieger gewinnen am Ende nicht wirklich.«
Mannomann, ein Wunder, dass ich nicht noch verrückter geworden bin, dachte sie bei diesen Erinnerungen. Inzwischen war sie vom Highway abgefahren und hatte das Einfahrtstor erreicht. Dahinter sah sie den großen schwarzen Glasbau, das Hauptquartier der National Security Agency: »The Black House«.
Es dauerte eine halbe Stunde, bis ihre Identität überprüft war, ihr ein Besucherausweis ausgehändigt wurde und man sie in einen leeren Konferenzsaal mit einem langen Mahagonitisch führte. Ein dünner Mann in Hemdsärmeln und mit Fliege, der aussah wie aus den Fünfzigern übrig geblieben, trat ein.
»Jerry Bishop«, stellte er sich vor und setzte sich ihr gegenüber. »Das ist wirklich was Besonderes. Wir bekommen nicht so oft Besuch aus McLean. Worum geht’s? Abbasiya?«
»Also, ich hätte sicher nichts dagegen, wenn Sie mir darüber etwas Interessantes sagen könnten oder über irgendwel che neuen Al-Kaida-Operationen. Damit würden Sie mich zum Superstar machen.« Sie lächelte gewinnend.
»Wir beobachten derzeit keine signifikante Zunahme in der Kommunikation, abgesehen vom üblichen dschihadistischen Scheiß im Web. Da kursieren die abenteuerlichsten Pläne: Anschläge auf die Wasserversorgung von New York City oder auf Raffinerien und Chemiefabriken. Der absolute Favorit ist der Vorschlag, ein Privatflugzeug voller Sprengstoff ins Kapitol zu steuern. Wobei mir schleierhaft ist, wie irgendjemand auf die Idee kommen kann, es würde Amerika schweren Schaden zufügen, ein paar Kongressabgeordnete zu verlieren«, fügte er grinsend hinzu. »Ansonsten wäre zu erwähnen eine leichte Zunahme im Telefonverkehr bei den Salafisten auf dem Sinai, was höchstens für die Israelis interessant sein dürfte. Das ist so ziemlich alles.«
»Es gibt Fremdenverkehrsorte im Süden des Sinai, die bei Touristen aus Israel, Amerika und Europa beliebt sind. Die ägyptische Regierung hat das Gebiet kaum unter Kontrolle. Könnte was dran sein.«
»Ja, vielleicht.« Er nickte. »Aber deswegen sind Sie nicht hier, oder?«
Carrie zog Fotos von Taha al-Douni alias Nightingale, Ahmed Haidar, Dima und Davis Fielding aus
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