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Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)

Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)

Titel: Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Singh
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kinderleicht, alle können es lösen … alle außer Lisa. Daraufhin stellt sie die ganze Episode über ihre intellektuellen Fähigkeiten und ihre akademische Zukunft infrage. Meinen Lesern möchte ich diese Seelenqualen jedoch ersparen. Jeder darf gerne versuchen, selbst auf die Lösung zu kommen. Sie steht dann jedoch in der Bildunterschrift auf der nächsten Seite.
    Das Lunch-Rätsel ist auch deshalb bemerkenswert, weil es einen neuen Mathematiker ins Autorenteam brachte und so zur Stärkung der mathematischen Basis der Simpsons beitrug. J. Stewart Burns studierte Mathematik in Harvard und ging dann als Doktorand an die University of California in Berkeley. Seine Doktorarbeit handelte u.a. von algebraischer Zahlentheorie oder Topologie, aber er brach seine Forschungen früh ab und erhielt für die Arbeit einen Masterabschluss statt eines Doktortitels. Der Grund für seinen vorzeitigen Abschied aus Berkeley war ein Jobangebot von den Produzenten der Sitcom Auf schlimmer und ewig. Burns wollte schon immer Comedy fürs Fernsehen schreiben, und dies war seine große Chance. Kurz darauf freundete er sich mit David S. Cohen an, Cohen lud Burns in die Büros der Simpsons zur Leseprobe für eine Episode ein, zufällig für »Vertrottelt Lisa?«. Im Team von Auf schlimmer und ewig war Burns der Mathe-Nerd mit einem Masterabschluss. Im Simpsons -Team war sein Mathe-Abschluss nichts Ungewöhnliches mehr. Dort war er nicht mehr der Streber, sondern derjenige, der für die Witze unter der Gürtellinie sorgte.
    Burns erzählte mir, wie er zu den Simpsons gekommen war. Er wies dabei auf Parallelen zwischen Rätseln und Witzen hin, die seiner Meinung nach sehr viel gemeinsam hatten. Beide müssen sorgfältig aufgebaut werden, beide brauchen ein überraschendes Ende, und im Prinzip haben beide eine Pointe. Tatsächlich muss man sowohl bei den besten Rätseln als auch bei den besten Witzen erst nachdenken und dann lächeln, wenn man sie verstanden hat. Vielleicht erwiesen sich Mathematiker aus diesem Grund als so wertvolle Ergänzung für das Autorenteam der Simpsons.

    David S. Cohen erinnert sich zwar nicht mehr, ob der Vorschlag für das Rätsel in »Vertrottelt Lisa?« von ihm stammt. Auf jeden Fall sind die ersten Skizzen von ihm. Das Rätsel, das in der Episode auftaucht, steht in der letzten Zeile des Zettels. Um es zu lösen, muss man erkennen, dass die beiden Hälften jedes Symbols spiegelgleich sind. Die rechte Hälfte des ersten Symbols ist eine 1, die linke Hälfte ihre Spiegelung. Die rechte Hälfte des zweiten Symbols ist die 2, die linke Hälfte ihre Spiegelung. Bei 3, 4 und 5 ist es genauso. Daher muss das sechste Symbol aus der Zahl 6 mit ihrer Spiegelung bestehen.
In der obersten Zeile sieht man, dass Cohen wohl zuerst die Folge 3, 6, 9 verwenden wollte. Aber diese Idee wurde wahrscheinlich verworfen, weil man für das vierte Element, die 12, zwei Ziffern gebraucht hätte. Auch die mittlere Zeile mit der Folge 1, 4, 2, 7 wurde verworfen. Was das fünfte Element in dieser Folge sein sollte, ist unklar, und Cohen kann sich auch nicht mehr erinnern, was er damit vorhatte. [d]
    Neben ihrer Vorliebe für Rätsel brachten die Mathematiker eine neue Arbeitsweise in die Serie ein. Burns fiel auf, dass Autorenkollegen, die keine Mathematiker waren, meist fertig ausgearbeitete Gags anboten. Mathematiker im Autorenteam schlugen eher grobe Umrisse eines Witzes vor. Diese unfertigen Witze wurden dann zwischen den Autoren hin- und hergeworfen, bis sie funktionierten.
    Mathematiker nutzten diesen Gruppenansatz nicht nur, um Witze zu erfinden, sondern auch für die Entwicklung von Handlungssträngen. Auch Jeff Westbrook, ein Autorenkollege von Burns bei den Simpsons und ebenfalls Ex-Mathematiker, sieht den Grund für diese Freude an der Zusammenarbeit im Werdegang der Autoren: »Ich beschäftigte mich vorher mit theoretischer Informatik. Das heißt, ich saß mit anderen Typen rum und bewies haufenweise mathematische Theoreme. Als ich zu den Simpsons kam, war ich überrascht, dass es hier im Autorenzimmer genauso war. Auch hier sitzen wir zusammen und werfen Ideen in den Raum. In beiden Fällen geht es darum, kreative Lösungen für ein Problem zu finden. Im einen Fall ist das Problem ein mathematisches Theorem. Im anderen geht es um ein Problem der Handlung. Wie kann man die Geschichte auflösen und analysieren? Worum geht es in der Geschichte?«
    Vor diesem Hintergrund fragte ich andere Autoren, warum ihrer Meinung nach so viele

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