Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)
Preis Wolfskehls Dank an Fermat gewesen.
Aus welchem Grund Wolfskehl den Preis auch gestiftet haben mochte, er brachte Fermats letzten Satz zu Berühmtheit. Mit der Zeit wurde das Mathe-Problem sogar Teil der Popkultur. In der Kurzgeschichte The Devil and Simon Flagg von Arthur Porges aus dem Jahr 1954 schließt der Titelheld einen Pakt mit dem Teufel. Flagg konnte seine Seele nur retten, wenn er dem Teufel eine Frage stellte, die dieser nicht beantworten konnte. Also fragte Flagg ihn nach einem Beweis für Fermats letzten Satz. Der Teufel gesteht seine Niederlage ein und sagt: »Nicht einmal die besten Mathematiker auf den anderen Planeten, die euch alle weit voraus sind, konnten das beweisen. Ein Typ auf dem Saturn – der aussieht wie ein Pilz auf Stelzen – löst partielle Differenzialgleichungen im Kopf, aber selbst er hat aufgegeben.«
Fermats letzter Satz tauchte außerdem in Romanen auf ( Verdammnis von Stieg Larsson), in Filmen ( Teuflisch mit Brendan Fraser und Elizabeth Hurley) und Theaterstücken ( Arkadien von Tom Stoppard). Den wohl berühmtesten Gastauftritt hatte Fermats letzter Satz in der Episode »Hotel Royale« von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert aus dem Jahr 1989. In dieser im 24.Jahrhundert spielenden Folge beschreibt Captain Jean-Luc Picard Fermats letzten Satz als »ein Rätsel, das wir vielleicht niemals lösen werden«. Doch damit lag Picard falsch, oder er wusste es einfach nicht besser. Denn im Jahr 1995 bewies Andrew Wiles von der Princeton University das Theorem doch. 9
Bereits als Zehnjähriger hatte Wiles davon geträumt, Fermats Herausforderung anzunehmen. Drei Jahrzehnte lang war er von dem Rätsel besessen gewesen, bis er in sieben Jahren Arbeit unter vollständiger Geheimhaltung schließlich bewies, dass die Gleichung x n + y n = z n ( n > 2) keine Lösung hat. Der veröffentlichte Beweis war 130 Seiten lang. Das zeigt, welch gewaltige Leistung Wiles erbracht hat; es zeigt aber auch, dass die Beweisführung viel zu komplex ist, als dass sie im 17.Jahrhundert hätte durchgeführt werden können. Wiles benutzte viele moderne Hilfsmittel und Verfahren, Fermat musste bei seinem Beweis des Theorems also einen anderen Ansatz gehabt haben als Wiles.
In einer Episode der BBC-Fernsehserie Doctor Who aus dem Jahr 2010, deren Protagonist ein Zeitreisender ist, wird auf diesen Punkt angespielt. In »Fünf vor Zwölf« spielt der Schauspieler Matt Smith erstmals den regenerierten elften Doktor, der eine Gruppe Genies von seiner Glaubwürdigkeit überzeugen muss, damit sie seinen Rat annehmen und die Welt retten. Sie wollen ihm gerade eine Abfuhr erteilen, als der Doktor sagt: »Aber vorher müsst ihr euch das hier ansehen. Fermats Satz. Der Beweis. Und ich meine den echten Beweis. Niemand hat ihn jemals gesehen.« Der Doktor weiß also offensichtlich von Wiles’ Beweis, aber er ist zu Recht überzeugt davon, dass es nicht Fermats Beweis ist, den er für den »echten« hält. Vielleicht ist der Doktor ins 17.Jahrhundert zurückgereist und hat den Beweis von Fermat direkt geholt.
Ich fasse zusammen: Im 17. Jahrhundert behauptet Pierre de Fermat, er könne beweisen, dass die Gleichung x n + y n = z n (n > 2) keine ganzzahlige Lösung hat. Im Jahr 1995 erbringt Andrew Wiles einen neuen Beweis, der Fermats Aussage bestätigt. Im Jahr 2010 offenbart der Doktor Fermats originalen Beweis. Alle sind sich darüber einig, dass die Gleichung keine Lösung hat.
Damit stellt sich Homer in »Im Schatten des Genies« gegen die größten Denker aus fast vier Jahrhunderten. Fermat, Wiles und sogar der Doktor sind der Meinung, Fermats Gleichung habe keine Lösung, und doch steht sie an Homers Tafel:
3987 12 + 4365 12 = 4472 12
Das lässt sich mit einem Taschenrechner ganz einfach überprüfen. Man potenziert 3987 mit 12. Addiert dazu 4365 hoch 12. Zieht aus dem Ergebnis die 12. Wurzel und erhält 4472.
Oder zumindest erhält man dieses Ergebnis auf jedem Taschenrechner, der nur zehn Ziffern auf dem Display anzeigen kann. Wenn man allerdings einen genaueren Rechner hat, der mindestens ein Dutzend Ziffern anzeigt, kommt man zu einem anderen Wert. Dieser liegt bei:
3987 12 + 4365 12 = 4472,0000000070576171875 12
Wie ist das möglich? Homers Gleichung ist eine fast richtige Lösung zu Fermats Gleichung. Das bedeutet, dass die Zahlen 3987, 4365 und 4472 die Gleichung fast vollständig ausgleichen – sie sind so nahe dran, dass fast keine Diskrepanz zu erkennen ist. Doch in der
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