Homicide
.44 Magnum nachgeladen und sich den Lauf in den Mund gesteckt. Menschlich gesehen waren die Vorfälle in der McElderry Street 3002 eine Tragödie, für die Statistik der Mordermittler von Baltimore hingegen der Stoff, aus dem die Träume sind.
In der darauffolgenden Woche ließ sich der Trend nicht mehr leugnen. Dave Brown und Worden wurden zu einem Pokerstreit im Easterngerufen, bei dem ein Einundsechzigjähriger im Disput über den richtigen Einsatz plötzlich nach dem Gewehr griff und einen Freund erschoss. Dann rückten Garvey und Kincaid zu einer Schießerei in der Fairview Avenue aus und fanden einen Mann, der von seinem Sohn ermordet worden war. Die beiden waren in Streit geraten, weil der Sohn sich geweigert hatte, seine Gewinne aus dem Drogenhandel mit dem Vater zu teilen. Anschließend zogen Barlow und Gilbert aus Stantons Schicht das große Los: Im Südwesten hatte erneut ein aufgebrachter Freund erst die Frau, die er liebte, und dann das Kleinkind in ihren Armen umgebracht, ehe er die Waffe auf sich selbst richtete.
Fünf Nächte später fuhren Donald Waltemeyer und Dave Brown zu einer Bar in Highlandtown zu einem weiteren Schusswechsel im Streit. Der anschließende Auftritt der beiden Verdächtigen in den Räumen des Morddezernats erinnerte eher an eine Szene aus einem zweitklassigen Mafiafilm. Die beiden kleinen dunklen Italiener namens DelGiorno und Forline aus Philadelphia hatten den Mann aus Baltimore getötet, weil sie über die Leistungen ihrer jeweiligen Väter in Streit geraten waren. Der Vater des Opfers leitete einen Industriebetrieb; DelGiornos Vater hingegen hatte sich in der Mafia Philadelphias gesundgestoßen, bis er durch Umstände außerhalb seiner Kontrolle gezwungen war, als Zeuge des FBI gegen die führenden Köpfe des dortigen Gangstersyndikats auszusagen. Aus diesem Grund konnte seine Familie natürlich nicht mehr in Südphiladelphia wohnen bleiben, und so kamen der junge DelGiorno und sein Freund nach Southeast Baltimore. Die Detectives im fünften Stock mussten sich das Lachen verkneifen, als DelGiorno seinen Dad anrief.
»Yo, Dad«, murmelte der junge Mann in den Hörer und heulte wie eine primitive Kopie von Sylvester Stallone. »Ich habe Mist gebaut. Richtig Mist . umgebracht … tot, ja. Wir haben gestritten … nein, Tony … Tony hat geschossen … Ich stecke wirklich in Schwierigkeiten, Dad!«
Am Morgen erschien eine Horde kurz geschorener FBI-Agenten in dem mit Kunststein verkleideten Haus, das die Regierung nur achtundvierzig Stunden zuvor für DelGiorno angemietet hatte. Sie verpackten die Habseligkeiten des Jungen in Kisten, und nachdem eine lächerlich niedrige Kautionssumme gezahlt worden war, konnte er es sich einenAbend später auf Kosten der Regierung in einer anderen Stadt gemütlich machen. Für die Rolle, die er beim Tod eines Vierundzwanzig-jährigen gespielt hat, wird Robert DelGiorno schließlich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt werden, während Tony Forline, der Schütze, fünf Jahre bekommt. Kurz nachdem diese zuvor ausgehandelten Urteile ausgesprochen werden, sagt der ältere DelGiorno in Philadelphia als Hauptbelastungszeuge des FBI im Prozess gegen eine kriminelle Vereinigung aus.
»Nun, wir haben ihm eine Lektion erteilt«, meinte McLarney, nachdem der Untersuchungsrichter die niedrige Kaution für die italienischen Jungs festgesetzt und man sie aus Maryland fortgeschafft hatte. »Wahrscheinlich sind sie inzwischen wieder in Philly und warnen ihre kleinen Freunde vom Mob, in Baltimore nur ja keinen Mord zu begehen. Wir stecken sie zwar nicht in den Knast, aber, he!, wir nehmen ihnen die Waffen ab und rücken sie nicht wieder raus.«
Ungeachtet des Ausgangs hatten sie mit DelGiorno einen weiteren gelösten Fall in diesem Monat der Aufklärungen. Für Gary D’Addario eine gute Entwicklung, die nur leider zu spät kam. In dieser von Statistiken beherrschten Welt hatte er schon viel zu lange in der Schusslinie gestanden, und sein Zwist mit dem Captain hatte sich inzwischen bis zum CID-Commander Dick Lanham herumgesprochen. D’Addario wunderte sich nicht, als er erfuhr, dass der Captain in Gesprächen mit Lanham die niedrige Aufklärungsquote und andere Probleme auf D’Addarios Führungsstil zurückgeführt hatte. Das Ganze wurde zu einer hässlichen Sache und noch hässlicher, als der Captain eines Morgens Ende April auf Worden und damit D’Addarios angeblich besten Detective zukam.
»Ich fürchte, der Colonel hat einige Veränderungen im
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