Homicide
und erst recht, als er den Fish Man seine Pfeife rauchen sieht.
Dennoch machen sie weiter und setzen die Vernehmung bis in die frühen Abendstunden fort. Insgesamt dauert sie vierzehn Stunden, und obwohl sie wissen, dass kaum ein Richter die unentwegten Fragen und den Druck auf den Verdächtigen dulden würde, geben sie nicht auf. Zu ihrem Ärger und ihrer Wut kommt das Wissen, keine weitere Chance mehr zu haben. Als sie die Vernehmung schließlich zähneknirschend abbrechen, schicken sie den Fish Man erst ins Aquarium und bringen ihn anschließend an einen Schreibtisch ins Hauptbüro, wo er ausdruckslosauf den Fernsehbildschirm starrt, während er auf den Streifenwagen wartet, der ihn nach Hause zurückbringen wird.
»Wollen Sie das sehen?«, fragt er Howard Corbin. Der Detective blickt auf. Eine Sitcom.
»Nein«, antwortet er.
»Ist es Ihnen recht, wenn ich einen anderen Sender einschalte?«
»Na klar«, antwortet Corbin. »Machen Sie nur.«
Corbin hat keine Probleme mit dem Fish Man, hatte er nie. In all den Monaten hatte der ergraute Detective nie geglaubt, dass der Mann etwas mit dem Mord zu tun hatte. Eddie Brown dachte ähnlich, und selbst Landsman hatte eine Zeit lang ihre Zweifel geteilt. Nur Pellegrini hatte sich voll und ganz in den Fish Man verbissen.
»Haben Sie was dagegen, wenn ich eine Pfeife rauche?«, fragt der Ladenbesitzer.
»Nein, macht mir nichts aus.« Corbin dreht sich zu Jack Barrick um, der am anderen Ende des Raums sitzt. »Sergeant, kann er seine Pfeife rauchen?«
»Klar«, grummelt Barrick. »Ist mir egal.«
Es wird keine abschließende Begegnung zwischen Tom Pellegrini und dem Fish Man geben, keinen letzten Wortwechsel, keine Gehässigkeiten zum Abschied. Hat er gesiegt, ist ein Detective gelöst und sogar oft großzügig, bei einer Niederlage aber hat der andere für ihn aufgehört zu existieren. Am Ende dieses langen Tages haben sich ihre Wege getrennt. Der eine feiert seine Freiheit, indem er sich durch die Fernsehkanäle schaltet und seine Pfeife mit billigem Tabak stopft. Der andere, der Detective, räumt die pralle eselsohrige Akten von seinem Schreibtisch, nimmt seine Dienstwaffe, seine Aktenkoffer und seinen Mantel und geht dann mit schweren Schritten einen Korridor entlang, der ihn zu einem Fahrstuhl und in eine dunkle Straße führt.
Samstag, 31. Dezember
Sie haben dich.
Du hast es noch gar nicht ganz kapiert, da gehörst du auch schon ihnen. Du kannst es nicht glauben, du hast es dir nicht einmal vorstellen können. Sie würden dich nie schnappen, hast du gedacht, hast gemeint,unverletzlich zu sein und davonkommen zu können. Dabei hättest du dir den Ärger erspart, wenn du selbst den Notruf gewählt hättest. Von Anfang an warst du ein Geschenk.
Aber Mensch, als du es getan hast, sah es doch so aus, als wäre es richtig. Hast Ronnie im rückwärtigen Zimmer zu packen gekriegt, ihn ein dutzend Mal erwischt mit dem Küchenmesser, so schnell, dass er es gar nicht mitbekam. Klar hat er geschrien, aber sein Bruder konnte nichts hören, so laut wie die Anlage in Nebenzimmer dröhnte. Ja, du hattest Ronnie für dich allein, und im Flur hast du dann gedacht, dass Ronnies Bruder eigentlich das Gleiche verdient. Wie du reinkommst, liegt der Knabe noch im Bett und blickt die Klinge an, als müsste er überlegen, wozu sie gut ist.
Du hast sie also beide gekriegt. Ronnie und seinen Bruder und mit ihnen die Lieferung. Du hast dir den Stoff auf die altmodische Art besorgt, Yo, hast getötet, und eigentlich müsstest du schon längst aus der Tür raus sein und halb in Pimlico und dir die hart erarbeitete Beute durch die Nase pfeifen.
Aber nein, du bist noch da und starrst auf die Mordhand. Du hast es vermasselt, dich geschnitten, als Ronnie röchelte und das Messer ganz nass und schmierig geworden ist. Deine Finger sind über den Griff gerutscht, als du es ihm reinrammen wolltest, und die Klinge ist tief in deine Hand gefahren. Eigentlich wolltest du schon längst fort sein, auf der anderen Seite der Stadt, und üben, wie du den Bullen erzählst, du weißt nicht, wovon sie reden, aber nun sitzt du in einem Haus voller Toter fest und wartest, dass die Hand aufhört zu bluten.
Du gehst ins Badezimmer und versuchst, dich sauber zu machen, lässt kaltes Wasser über den Schnitt laufen. Es bringt nicht viel, nur dass es ein bisschen weniger blutet. Also wickelst du dir ein Handtuch um die Wunde, bis du es als roten Lappen auf den Fußboden schmeißt. Als du ins Wohnzimmer gehst,
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