Homicide
Glück.«
»Danke, Howard.«
Um zehn Uhr abends hatte Landsman die Anträge beim diensthabenden Richter abgegeben, und die Detectives und Verstärkungskräfte versammelten sich auf dem Parkplatz der Bücherei in der Park Avenue, in der Latonya Wallace zuletzt lebend gesehen worden war. Ursprüngliche hatten sie geplant, zuerst die Wohnung und den Laden des Fish Man zu durchsuchen, aber nachdem man in der Whitelock Street so wenig gefunden hat, wollen Pellegrini und Edgerton lieber die neue Theorie testen. Sie lassen Landsman mit einem Polizisten zurück, um die Durchsuchung des ausgeräumten Ladens des Fish Man zu Ende zu bringen, und fahren mit einer anderen Gruppe anderthalb Block weiter zur Newington Avenue.
Zwei Cavaliers und zwei Streifenwagen halten vor dem dreigeschossigen Gebäude an der Nordseite der Straße, die Polizisten stürzen aus den Wagen und stürmen das Haus wie die Green Bay Packers. Eddie Brown ist als Erster durch die Tür, gefolgt von zwei Uniformierten. Dann kommen Pellegrini und Edgerton, schließlich Ceruti und weitere Uniformierte.
Ein Siebzehnjähriger, der zum Eingang gelaufen ist, um nachzuschauen, was das für ein Krach ist, wird gegen den abblätternden Putz gedrückt und angeschrien, er solle ja die Klappe halten. Dann wird er abgetastet und seine Taschen werden durchsucht. Ein zweiter Jugendlicher in grauen Trainingsklamotten tritt im ersten Stock aus einer Tür, erkennt die Lage und zieht sich blitzschnell zurück.
»Bullen«, ruft er. »Yo, Leute, yo, Bullen im Anmarsch …«
Eddie Brown zerrt Paul Revere aus der Tür und drängt ihn gegen eine Wand. Ceruti und einige Uniformierte bahnen sich unterdessen ihren Weg über den Flur in Richtung auf das Licht, das aus dem Wohnzimmer kommt.
Darin kauern vier Jugendliche über einer Spraydose und Plastikbeuteln. Nur einer von ihnen schaut auf. Einen Moment lang bleibt sein Blick von Verständnislosigkeit verschattet, dann teilen sich die grauen Nebel in seinem Hirn und er versucht mit panischen Rufen durch die Hintertür zu fliehen. Einer der Polizisten aus dem Southern District packt ihn in der Küche am Kragen und beugt ihn über den Ausguss. Die restlichen drei verharren in ihrer anderen Welt und rühren sich nicht. Der Älteste von ihnen drückt seine Gleichgültigkeit dadurch aus,dass er sich die Plastiktüte vors Gesicht presst und einen letzten tiefen Zug nimmt. Der Gestank der Lösungsmittel ist kaum zu ertragen.
»Mir wird schlecht in dieser Scheißluft«, sagt Ceruti und drückt einen der Jugendlichen auf einen Schreibtisch.
»Na, was denkst du?«, fragt ein Uniformierter und schubst seinen Gefangenen in einen Sessel. »Ob Mama wohl böse wird, wenn sie erfährt, dass du abends schnüffelst, wenn am nächsten Morgen Schule ist?«
Nun hört man im ersten Stock fluchende Polizisten und kreischende Frauen, danach dringen aus dem zweiten Stock etwas gedämpftere Schreie. Aus annähernd einem Dutzend Zimmern werden jeweils zwei oder drei Personen gezerrt und die breite, vergammelte Treppe hinuntergeführt – Teenager, kleine Kinder, Frauen mittleren Alters, erwachsene Männer – insgesamt 23 Personen, die man im größten Zimmer des Erdgeschosses zusammentreibt.
In dem völlig überfüllten Raum ist es auf einmal seltsam still. Es ist kurz vor Mitternacht, ein Dutzend Polizisten paradieren durch das Haus. Die zusammengepferchten Bewohner der Newington 702 stellen keine Fragen. In ihrem Leben brauchen Polizeirazzien keinen Anlass mehr. Langsam sortiert sich die Gruppe: Die kleineren Kinder liegen in der Mitte auf dem Boden, die Teenager stehen oder sitzen mit dem Rücken an der Wand, die Älteren haben das Sofa und die Stühle um den klapprigen Esstisch eingenommen. Geschlagene fünf Minuten vergehen, bevor ein älterer, beleibter Mann in blauen Boxershorts und Badelatschen die naheliegendste Frage stellt: »Was, zum Teufel, macht ihr in meinem Haus?«
Eddie Brown tritt in die Tür. Der Dicke schaut ihn geringschätzig an. »Haben Sie hier das Kommando?«
»Ich und noch ein paar andere«, antwortet Brown.
»Sie haben kein Recht, in mein Haus einzudringen.«
»Ich habe alles Recht dazu. Ich habe einen Durchsuchungsbefehl.«
»Was für einen Durchsuchungsbefehl? Mit welcher Begründung?«
»Der Durchsuchungsbefehl ist von einem Richter unterzeichnet.«
»Kein Richter genehmigt einen Durchsuchungsbefehl gegen mich. Ich werde selbst zum Richter gehen und Sie anzeigen. Das ist Einbruch!«
Brown lächelt
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