Homogen

Computer.
    „Da habe ich es. Sie hieß Veronika Loos und war eine seiner Studentinnen. Mittlerweile ist die Sache nun schon fünf Jahre her.“
    Christian nahm einen kleinen Notizblock aus seiner Jackentasche und notierte sich den Namen der Frau. Erdington beäugte ihn dabei interessiert und lächelte kurz vor sich hin.

     
     
    „Wenn Sie mich fragen, könnten es viele gewesen sein. Horitsch hatte nicht viele Freunde und unter Wissenschaftlern hatte er nicht den besten Ruf. Als er dann diesen Hippie-Laden Sentic aufmachte, wurde es nicht besser!“ Erdington schüttelte verständnislos den Kopf. „Gemeinschaftslabor!“, ergänzte er zynisch.

     
     
    „Wieso? Ich finde die Idee gar nicht schlecht ein Gemeinschaftslabor einzurichten. Erstens kann man sich die Kosten teilen und zweitens austauschen unter seinen Kollegen“, entgegnete Christian.

     
     
    „Sicher. Aber irgendwie hat das ganze Konzept nicht richtig zu ihm gepasst. Ich meine, er war eben kein besonders geselliger Typ und dann plötzlich mit so vielen zusammen arbeiten zu wollen...das ist schon merkwürdig!“, sagte der Professor nachdenklich.

     
     
    „Na vielleicht hat er sich ja auch geändert. Leute ändern sich auch mit der Zeit wissen Sie?“, sagte Christian in einem herausfordernden Tonfall. Doch Erdington zeigte ihm nur die kalte Schulter.

     
     
    „Wie standen Sie eigentlich zu ihm?“, fragte Christian mit einem verdächtigen Unterton weiter.

     
     
    Der Professor schien überrascht von der Frage und drehte sich etwas weg, um seine leichte Verlegenheit zu verbergen.
    „Ich habe ihn vor seinem Tode ein paar Mal getroffen. Das ist kein Geheimnis. Er kam manchmal zu mir, um sich einen Rat zu holen oder einfach nur, um vor mir anzugeben. Wir waren Studienfreunde, wissen Sie! Ich war überrascht, dass er diese Gen-Reihe überhaupt gefunden hat. Als ich ihm von der Theorie mit den Affen erzählte, schien er wenig begeistert. Dennoch griff er sie auf, wenngleich auch mit Ratten“, erzählte Erdington in Erinnerung versunken.

     
     
    „Die Idee mit den Affen?“, fragte Christian ganz erstaunt.

     
     
    „Na Sie wissen schon. Affen sind uns am nächsten. Fast 99% unserer Gene sind identisch. Ich schlug ihm vor, doch mal eine ganz bestimmte Sequenz genauer unter die Lupe zu nehmen, da ich selbst keine Zeit hatte, um mich dieser Theorie zu widmen. Überhaupt hielt ich nicht viel von der Idee, das Homogen, wie es heute genannt wird, zu erforschen. Zuviel Aufruhr, zu wenig Prestige. Peter, ich meine Professor Horitsch, fand die Idee hingegen spektakulär“, antwortete Erdington sachlich.

     
     
    Christian nickte leicht und biss sich in Gedanken vertieft leicht auf seine Unterlippe. Bisher glaubte er, sein Mordopfer wäre ein unschuldiger Wissenschaftler, Marionette der Medien und Opfer eines heimtückischen Mörders gewesen. Jetzt veränderte sich sein Bild etwas. Die unschuldig zart umrissene Silhouette des Opfers, wandelte sich in   eine kräftigere lebensnahere Erscheinung. Anscheinend war Horitsch ein jagender Sensations- und Frauenheld gewesen.

     
     
    „Danke Professor, dass Sie sich die Zeit für mich genommen haben“, sagte Christian freundlich und stand auf.

     
     
    Der Professor lächelte leicht und nickte ihm dann zu: „Gern. Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen junger Mann!“

     
     
    Er geleitete Christian noch zur Tür und klopfte ihm dann leicht auf den Rücken zum Abschied. Plötzlich schien er Christian doch etwas sympathischer als zu Beginn und er fragte sich, ob diese Wissenschaftler womöglich alle etwas merkwürdig seien. Dennoch kam ihm dieser Mann irgendwie seltsam vor. Wieso hatte er nicht den Mut, um selbst nach diesem Gen zu forschen? Warum sollte er einem Konkurrenten seine Theorie so leichtfertig mitteilen, damit dieser sie dann erforscht und berühmt wird?

     
     
    Erleichtert vom Ausgang des Gesprächs und mit neuen Informationen zog er von dannen und ging in das nächstgelegene Internetcafé. Dort gab er bei Google den Namen: Veronika Loos ein. Er wollte zuerst den Informationen des Professors nachgehen. Tatsächlich wurde er auch fündig. Ein Bericht in einer Klatschzeitung aus dem Jahre 2004 erzählte von der wenig versprechenden Anzeige einer jungen Studentin, die ihren Professor bezichtigte, sie unschicklich berührt zu haben. Die Klage wurde jedoch abgewiesen und die Studentin musste die Universität wegen versuchter Verleumdung verlassen. Christian schüttelte den Kopf als er den