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Honecker privat

Honecker privat

Titel: Honecker privat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Herzog
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Bananen, eine ganze Staude vermutlich noch wie, weshalb sie auch nicht wussten, wie viel sie dafür von uns verlangen sollten. Wir hatten, was selten genug der Fall war, etliche einheimische Banknoten in der Tasche, deren Wert uns nicht sonderlich bewusst war, den Verkäufern aber auch nicht, zumindest nicht in Bezug auf die Bananenstaude.
    Daheim machte ich natürlich damit großen Eindruck. Marianne traute sich zunächst kaum ans Papier, als ich sagte, sie solle aufpassen, ob sich nicht eine Giftschlange zwischen den Bananen versteckt halte. Doch dann aßen meine Kinder und die aus der Nachbarschaft mit großem Genuss Bananen aus Guinea, die ihr Vater aus Afrika importiert hatte.
    Obgleich ich nie durch eine Zollkontrolle musste, habe ich das nie wieder gemacht. Das Risiko schien mir dann doch unvertretbar hoch.

Per Bahn mit Willi zu Willy
    Erst beim Sichten meiner Unterlagen und nun, mit zeitlichem Abstand, wurde mir bewusst, dass ich während meiner Tätigkeit in der Waldsiedlung an den meisten wichtigen historischen Ereignissen im Ostblock teilgenommen hatte – ohne dass es mir damals so bewusst geworden ist. Natürlich erfuhr ich manchmal aus der Zeitung, was Ulbricht, Honecker und die anderen Persönlichkeiten, die ich auf den Reisen betreute, da und dort getan hatten. Oft aber erfuhr ich es nie, weil die Nachrichtenagenturen nichts über die Visite vermeldeten. Später, wenn doch etwas durchsickerte, schrieb man im Westen von »Geheimtreffen«.
    Und jene Genossen, die an der jeweiligen Begegnung teilgenommen hatten, erzählten im Flugzeug oder in der Bahn auch nichts. Sie schwiegen beharrlich. Ihre Gesichter waren Verschlusssachen. Keine Reaktion, nichts, woraus man auf Erfolg oder Misserfolg ihrer Gespräche oder Verhandlungen hätte schließen können. So begleitete ich beispielsweise Ulbricht im Salonflieger, einer umgebauten IL 14, in der allenfalls für fünf Personen Platz war, 1968 nach Karlovy Vary, wo er sich mit KPTsch-Chef Dubcek traf, um mit ihm über dessen Reformpolitik zu sprechen, die im Westen den Beinamen »Prager Frühling« bekommen hatte. Und ich flog mit ihm Anfang August ’68 nach Bratislava, wo die Staats-und Parteichefs der Sowjetunion, Polens, Ungarns, Bulgariens, der Tschechoslowakei und der DDR den letzten Versuch unternahmen, die innenpolitische Krise des Bruderlandes gemeinsam zu lösen. Bekanntlich scheiterten sie damit, am 20. August intervenierten die Verbündeten militärisch. Die DDR beteiligte sich nicht daran, der geschichtsbewusste Walter Ulbricht sorgte dafür, dass kein deutscher Soldat in NVA-Uniform seinen Fuß auf tschechischen Boden setzte.
    Ich nahm an allen Parteitagen der Bruderparteien teil, die alle vier bis fünf Jahre stattfanden. Sie waren zeitlich so choreografiert, dass keiner zeitgleich mit einem anderen erfolgte, so dass an jedem die Abordnungen aller anderen Parteien teilnehmen konnten. Tagte die KPdSU, war das Erscheinen des Spitzenpersonals Pflicht.
    Vom VI. Parteitag der SED (1963) bis zum X. im Jahr 1981 war ich eingesetzt als Kellner im Tagungsgebäude – bis 1971 die Werner-Seelenbinder-Halle, ab 1976 der Palast der Republik (was wohl einer der Gründe war, ihn nach 1990 zu schleifen) – und bei der Betreuung der höchsten ausländischen Gäste. So lernte ich alle Ersten und Generalsekretäre kennen, die in jenen zwei Jahrzehnten im Amte waren.
    Die Parteitage in Moskau, Prag, Warschau, Bukarest, Budapest und Sofia blieben mir auch deshalb in angenehmer Erinnerung, weil die Besatzungen aller Sonderflugzeuge gemeinsam in einem Hotel untergebracht wurden. Für sie gab es ein erlesenes Besichtigungs- und Kulturprogramm, um die Zeit des Wartens zu verkürzen. In Moskau gehörte beispielsweise ein Besuch des Bolschoi-Theaters, des Sternenstädtchens und einer Vorstellung im Staatszirkus zum Pflichtprogramm.
    Meine Beziehungen zur Raumfahrt verdankte ich Valentina Tereschkowa, die 1963 mit Wostok 6 als erste Frau der Welt die Erde umrundete – gleichzeitig mit Wostok 5, in welchem Valery Bykowski saß (dieser sollte 1978 mit unserem Sigmund Jähn im All unterwegs sein und mit ihm anschließend durch die DDR reisen). Walter Ulbricht hatte die Idee, den ersten Kosmonauten und die erste Kosmonautin im Oktober 1963 in die DDR einzuladen. Juri Gagarin und Walja wurden überall als »Himmelsgeschwister« umjubelt. Hunderttausende feierten sie begeistert in Berlin, Erfurt, Karl-Marx-Stadt, Suhl und Wolfen als »lebendigen Zeugen des russischen Wunders«

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