Honeymoon
stieß ich auf vier Polizisten im Gespräch. Sie hatten gerade das Haus Zimmer für Zimmer durchsucht.
»Leer«, teilte mir einer von ihnen mit.
Ich ging in die Küche. Im Spülbecken stand schmutziges Geschirr, eine Rolle Frischhaltefolie lag auf der Arbeitsfläche. Sie haben zu Abend gegessen. Ich warf einen Blick auf das Wandtelefon neben dem Kühlschrank. Die Anzeige des Anrufbeantworters blinkte, aber es war nur eine Nachricht darauf. Meine.
Sämtliche Cops, darunter auch Will und Mitch, hatten sich nebenan im Fernsehzimmer versammelt. Ich gesellte mich zu ihnen.
»Wir brauchen einen Plan«, sagte ich. »Ich habe auch keinen parat. Ich bin im Moment nicht gerade in Topform.«
Ein kleiner, dunkelhaariger Officer namens Nicolo übernahm das Kommando. Er schien alles gut im Griff zu haben und sagte, Noras roter Mercedes sei bereits in der gesamten Region New York – New Jersey – Connecticut zur Fahndung ausgeschrieben. Die Flughafenpolizei sei ebenfalls alarmiert. Er war gerade dabei, mir zu erklären, dass er das Haus als »Kommandozentrale« nutzen wolle, als mir plötzlich etwas einfiel.
Der rote Mercedes ... ein Auto ... die Garage – Ich hatte nicht nachgesehen, ob der Minivan in der Garage stand.
Ich war gerade zwei Schritte weit gekommen, als ich hinter meinem Rücken einen kollektiven Seufzer der Erleichterung vernahm. Ich drehte mich um, um zu sehen, was die anderen sahen.
Da standen sie alle in der Küchentür – Max und John junior, gefolgt von ihrer Mutter. Sie hatten alle Eistüten in der Hand. Baskin-Robbins aus der Eisdiele in der Stadt.
Schon beim Anblick der versammelten Ordnungshüter hatten sie ganz große Augen bekommen. Als sie dann noch mich in meinem ramponierten Zustand erblickten, wären ihnen dieselben fast aus dem Gesicht gefallen.
Sofort lief ich hin und umarmte sie alle stürmisch. So beschäftigt war ich, dass ich noch nicht einmal das Telefon klingeln hörte.
Aber Mitch Cravens hörte es. Er ging hin und wollte gerade abheben, als sein Vater ihn zurückhielt. Will Cravens legte um Ruhe heischend den Zeigefinger an die Lippen. Dann drückte er die Lautsprechertaste.
»Wie schön, ich habe ein Publikum«, ertönte ihre Stimme.
Alle Köpfe im Raum wirbelten herum. Nora hatte in der Tat ein aufmerksames Publikum. Niemand lauschte ihr andächtiger als ich.
Aber diesmal wollte sie gar nicht mich sprechen.
»Ich weiß, dass Sie da sind, Mrs O'Hara«, sagte sie im gleichen ruhigen Ton. »Ich wollte Ihnen nur etwas sagen. Ich habe mit Ihrem Mann gevögelt. Einen schönen Abend noch.«
Nora legte auf.
Es war totenstill im Raum, als ich meiner Frau in die Augen sah. Meiner Exfrau vielmehr – und das schon seit zwei Jahren.
Sie schüttelte den Kopf. »Und da wunderst du dich noch, dass ich die Scheidung eingereicht habe, du Mistkerl!«
Fünfter Teil
Flucht
103
Das war es dann also. Kurz und schmerzlos.
Das Ende.
»He, ich hätte dich fast nicht erkannt ohne deinen guten alten Rucksack, Fitzgerald«, sagte der Tourist.
»Sehr witzig, O'Hara. Ich hatte noch gar keine Gelegenheit, dir dafür zu danken, dass du mich dort vor der Grand Central Station rausgehauen hast. Also, vielen Dank. Ich wäre wohl auch allein mit ihm fertig geworden, aber vielleicht auch nicht.«
Der Tourist und das Mädchen mit dem Rucksack hatten sich im Gastronomiebereich des Flughafens LaGuardia getroffen. Der Erpresser – der Verkäufer – sollte jeden Moment eintreffen.
Wenn
alles wie geplant lief.
»Das ist ziemlich verrückt, was? Glaubst du, dass er aufkreuzt? Der Verkäufer?«, fragte sie.
O'Hara trank einen Schluck von seiner XXL-Cola von McDonald's. »Nur wenn er sein Geld haben will, was ich sehr stark annehme. Zwei Millionen gute Gründe, zu erscheinen«
Fitzgerald schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Mal angenommen, der Käufer erscheint tatsächlich – woher wissen wir, dass er alles rausrückt, was er hat? Seine Kopien. Dass er uns nicht übers Ohr zu hauen versucht?«
»Du meinst so, wie wir es mit ihm vor der Grand Central Station gemacht haben? Mit seinem inzwischen leider verstorbenen Stellvertreter, genauer gesagt.«
»Hey,
er
ist schließlich der Bösewicht, vergiss das nicht, O'Hara.«
»Okay, ich glaube, ich hab's kapiert. Er ist der Bösewicht, er ist der Bösewicht.«
In diesem Moment bekam O'Hara über Kopfhörer die Information. »Er kommt. Wir wissen, wer er ist. Diesmal ist er persönlich erschienen.«
Fitzgerald hatte es noch nicht kapiert. »Aber wieso
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