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Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Titel: Hongkong 02 - Noble House Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ihr ein Glas ein. »Arme Mutter! Schrecklich, daß Vater so böse ist! Was hat er bloß, und warum will er nicht, daß wir aus dem Fenster schauen?«
    Weil er nicht will, daß ihr mistigen Diebe ihm dabei zuseht, wie er seinen geheimen Safe im Garten ausgräbt, dachte Dianne. Nicht einmal ich soll es sehen. Sie lachte grimmig in sich hinein. Sie wußte, wo die eiserne Kassette vergraben war, und das gab ihr die Ruhe wieder. Sie hatte recht getan, ihn zu schützen, indem sie ihn beim Vergraben beobachtete – für den Fall, daß, was Gott verhüten möge, die Götter ihn von dieser Erde abberufen sollten, bevor er ihr das Versteck nennen konnte.
    Sie wußte nicht, was jetzt in der Kassette war, und es interessierte sie auch nicht; sie war von ihm schon so oft – und wie er glaubte – heimlich aus- und wieder eingegraben worden. Ihr war es gleich, wenn sie nur wußte, wo ihr Mann sich aufhielt, wo sich seine verschiedenen Safes und die dazugehörigen Schlüssel befanden – für den Fall eines Falles.
    Schließlich bricht das Haus Tschen ohne mich zusammen, wenn er stirbt, sagte sie sich zuversichtlich. »Hör auf zu plärren, Ah Sun!« Sie stand auf und zog die Vorhänge zu. Die Nacht war finster, und man konnte nichts vom Garten sehen, nur die Auffahrt, das hoheeiserne Tor und dahinter die Straße.
    »Noch ein Glas, Mutter?« fragte die alte amah.
    »Danke, kleines Fettmäulchen«, antwortete sie liebevoll. Das Feuer des Alkohols hatte ihren Zorn weggeschwemmt. »Und dann kannst du mir das Genick massieren; ich habe Kopfschmerzen. Und ihr beide setzt euch nieder, haltet den Mund und macht kein Geräusch, bis Vater zurückkommt!«
    Eine Taschenlampe in der einen, eine Schaufel in der anderen Hand, eilte Philip Tschen den Gartenpfad hinunter. Er warf einen Blick zurück, obwohl er genau wußte, daß man ihn hier vom Haus aus unmöglich sehen konnte, und knipste die Taschenlampe an. Der Lichtstrahl wanderte über das Unterholz, bis er den Fuß eines Baumes erreichte. Sorgfältig beseitigte Philip die natürliche Laubdecke. Als er sah, daß die Erde darunter aufgewühlt worden war, stieß er derbe Flüche aus. »Das Schwein … mein eigener Sohn!« Nachdem er sich mit Mühe gefaßt hatte, begann er zu graben.
    Seit er die Party verlassen hatte, versuchte er sich zu erinnern, wann genau er die Kassette das letzte Mal ausgegraben hatte. Jetzt war er sicher. Es war im Frühling gewesen, als er die Besitzurkunde einer Reihe von Elendsquartieren in Wanchai benötigt hatte, die er dann mit fünfzigfachem Gewinn an Donald McBride für eine seiner großen Wohnanlagen verkaufte.
    »Wo war John an diesem Tag?« murmelte er. »War er im Haus?«
    Während er weitergrub, versuchte er sich zu erinnern, aber es gelang ihm nicht. Er wußte, daß er die Kassette nie ausgegraben hätte, wenn es gefährlich war oder sich Fremde im Haus befanden. Aber John? Nie hätte ichgedacht … John muß mir irgendwie gefolgt sein.
    Die Schaufel schlug auf Metall auf. Sorgfältig wischte er die Erde weg und zog die Kassette aus der schützenden Hülle. Die Deckelscharniere waren gut geschmiert.
    Mit zitternden Fingern hielt er die Taschenlampe über die offene Kassette. Alle seine Papiere und Urkunden und privaten Bilanzen schienen geordnet und unberührt geblieben zu sein, aber er wußte, daß sie alle herausgenommen und gelesen – und kopiert oder auswendig gelernt worden waren. Ein Teil der Informationen im Safe seines Sohnes konnten nur von hier gekommen sein.
    Alle Schmuckkästchen waren da. Nervös langte er nach dem einen, das er suchte, und öffnete es. Verschwunden waren die Halbmünze und das Dokument, das dazugehörte.
    Tränen der Wut rollten ihm über die Wangen. Er fühlte sein Herz klopfen, er roch die feuchte Erde und wußte: Wenn sein Sohn dagewesen wäre, er hätte ihn freudig mit seinen eigenen Händen erwürgt.
    »O mein Sohn … mögen alle Götter dich verfluchen!«
    Er bekam weiche Knie. Zitternd ließ er sich auf einen Felsbrocken nieder und versuchte, seine Gedanken zusammenzunehmen. Er hörte die Warnung seines Vaters auf dem Totenbett: »Verliere nie die Münze – sie ist die Garantie für unser Überleben und der Schlüssel zur Macht über Noble House.«
    Im Jahre 1937 wurde er in die tiefsten Geheimnisse des Hauses Tschen eingeweiht: daß der jeweilige Comprador auch oberster Führer der Hung Mun in Hongkong war – der großen geheimen Triadengesellschaft Chinas. Ursprünglich ins Leben gerufen, um an der

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