Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Spitze der chinesischen Revolte gegen die verhaßten Mandschu, ihre Herren, zu stehen, war sie unter Sun Yat-sen zur 14K geworden. Er erfuhr, daß der Comprador die wichtigste offizielle Verbindung zwischen der chinesischen Hierarchie auf der Insel und den Nachkommen der 14K auf dem Festland war; und daß Tschen-tse Jin Arn, kurz Jin-qua genannt, der legendäre Handelsherr der cohong war, der der Kaiser das Monopol über den gesamten Außenhandel verliehen hatte.
Durch die Eigentumsverhältnisse und durch Bande des Blutes war das Haus Tschen für alle Zeiten mit dem Noble House verkettet.
»Hör mir aufmerksam zu, mein Sohn«, hatte der Sterbende geflüstert, »der Tai-Pan, Urgroßvater Dirk Struan, war Jin-quas Schöpfung, so wie auch das Noble House.
Jin-qua nährte und formte es, so wie er Dirk Struan nährte und formte. Der Tai-Pan hatte zwei Konkubinen. Die erste war Kai-sung, eine von Jin-quas Töchtern mit seiner fünften Frau. Ihr Sohn war Gordon Tschen, mein Vater, dein Großvater. Des Tai-Pan zweite Konkubine war Ttschung Jin May-may, sechs Jahre seine Geliebte; er heiratete sie heimlich kurz vor dem großen Taifun, in dem sie beide umkamen. Sie war damals dreiundzwanzig, eine wohlgestaltete, erleuchtete Enkelin Jin-quas; mit siebzehn wurde sie an den Tai-Pan verkauft, um ihn, ohne daß er es merkte, in feiner Lebensart zu unterweisen. Von ihnen stammten Duncan und Kate, die den Familiennamen Ttschung annahmen und im Haus meines Vaters erzogen wurden.
Vater verheiratete Kate mit einem in Schanghai ansässigen, im China-Handel tätigen Kaufmann namens Pet Gavallan. Andrew Gavallan ist ebenfalls ein Vetter, obwohl er es nicht weiß … Es gibt so viel zu erzählen, und es bleibt so wenig Zeit.
Macht nichts, alle Stammbäume sind im Safe. Hier ist der Schlüssel.
Und noch ein Geheimnis, Philip, mein Sohn. Unsere Linie stammt von der zweiten Frau meines Vaters ab. Vater heiratete sie, als er dreiundfünfzig war und sie sechzehn. Sie war die Tochter von John Yuan, dem unehelichen Sohn des großen amerikanischen Traders Jeff Cooper und einer eurasischen Dame mit Namen Isobel Yau.
Isobel Yau war die heimliche eurasische Tochter von Robb Struan, des Tai-Pan Halbbruder und Mitbegründer von Noble House, und somit fließt Blut von beiden Seiten der Struans in unseren Adern. Alastair Struan ist ein Vetter, und Colin Dunross ist ein Vetter – nicht aber die MacStruans; ihre Geschichte findest du in Großvaters Tagebüchern.
Ja, Philip, wir sind Eurasier und gehören weder der einen noch der anderen Seite an.
Ich habe mich nie damit abfinden können. Es ist unser Fluch und unser Kreuz, und so obliegt es uns allen, einen Segen daraus zu machen. Ich reiche unser Haus an dich weiter – vermögend und stark, wie Jin-qua es wünschte –, reiche du es an deinen Sohn weiter! Jin-qua war gewissermaßen unser aller Vater; er hat uns Reichtum, geheimes Wissen, Stetigkeit und Macht geschenkt – und er hat uns eine der Münzen gegeben. Hier, Philip, lies, was es mit der Münze auf sich hat!«
Die Kalligraphie auf dem Dokument war gestochen fein: »An diesem achten Tag des sechsten Monats des Jahres 1841 nach der Zeitrechnung der Barbaren habe ich, Tschen-tse Jin Arn aus Kanton, oberster Kaufherr der cohong, dem Grünäugigen Teufel, dem Tai-Pan von Noble House, dem obersten Piraten aller fremden Teufel, die das Reich des Himmels mit Krieg überzogen und uns die Insel Hongkong gestohlen haben, vierzig Lak Silber – eine Million Pfund Sterling in ihrer Währung – geliehen. Damit habe ich ihn davor bewahrt, von Einauge, seinem Erzfeind und Rivalen, verschlungen zu werden. Als Gegenleistung gewährt uns der Tai-Pan besondere Handelsprivilegien für die nächsten zwanzig Jahre, verspricht, daß einer aus dem Hause Tschen für alle Zeiten Comprador von Noble House sein wird, und schwört, daß von ihm oder seinen Nachkommen alle Schulden eingelöst werden, vor allem aber die Schuld der Münzen. Es sind deren vier, und sie sind in Hälften auseinandergebrochen. Dem Tai-Pan habe ich vier Hälften gegeben. Wann immer eine der anderen Hälften ihm oder einem späteren Tai-Pan vorgelegt wird, ist dieser durch seinen Schwur verpflichtet, jedwede Gunst zu gewähren – ganz gleich, ob er sich damit auf dem Boden ihrer oder seiner Gesetze befindet oder nicht.
Eine Münze behalte ich; eine gebe ich meinem Vetter, dem Kriegsherrn Wu Fang Tschoi; eine wird mein Enkel Gordon Tschen erhalten; und den letzten Empfänger
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