Hongkong 02 - Noble House Hongkong
kommen. Eine Woche, zehn Tage.«
»Dann werden Sie morgen eine andere Abstellfläche brauchen. Morgen um sechzehn Uhr erwarten wir einen anderen VIP-Flug. Ich habe Kapitän Jannelli angewiesen, sich vor vierzehn Uhr mit der Bodenkontrolle zu verständigen.«
»Danke. Gehört es etwa zu den Obliegenheiten des Chefs des CID Kowloon, sich den Kopf über Abstellflächen zu zerbrechen?«
Armstrong lächelte. »Ich weiß gern, was im Bereich meiner Abteilung vorgeht. Eine lästige Gewohnheit, aber eingewurzelt. Es passiert nicht oft, daß Privatflugzeuge uns besuchen – oder daß Mr. Tschen persönlich jemanden abholen kommt. Und wenn es geht, sind wir gern gefällig. Ein Großteil des Flughafens gehört Struan’s und John ist ein persönlicher Freund von mir. Ist er auch ein alter Freund von Ihnen?«
»Ich habe einige Zeit mit ihm in New York und Los Angeles verbracht und finde ihn sehr nett. Hören Sie, Inspektor, dieses Flugzeug ist meine Nachrichtenzentrale, und ohne Nachrichtenzentrale bin ich verloren. Wenn ich eine Woche hierbleibe, könnte ich dann wohl hin- und herpendeln?«
»Ich fürchte, das könnte sich als tüftelig erweisen, Mr. Bartlett.«
»Heißt das nun ja oder nein oder vielleicht?«
»Ach Gott, das ist hier so ein Ausdruck für schwierig. Es tut mir leid, aber hier auf Kai Tak haben wir sehr strenge Sicherheitsvorschriften.«
»Wenn Sie dazu eigens Leute einstellen müssen, bin ich gern bereit, dafür zu zahlen.«
»Es ist eine Frage der Sicherheit, Mr. Bartlett, keine Geldfrage. Sie werden feststellen, daß Hongkong über einen erstklassigen Fernsprechdienst verfügt, Mr. Bartlett.«
»Nun, wenn Sie können, wäre ich Ihnen dankbar.«
Armstrong nippte an seinem Kaffee. »Ist das Ihr erster Besuch in Hongkong?«
»Ja, Sir. Mein erster in Asien. Weiter als Guadalcanal bin ich nie gekommen. Das war 1943.«
»Waren Sie in der Army?«
»Sergeant bei den Pionieren. Wir bauten alles mögliche: Hangars, Brücken, Übungsplätze. Was es so gab. Ausgezeichnete Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln.« Bartlett nahm einen Schluck aus seiner Dose. »Wollen Sie wirklich keinen Drink?«
»Danke, nein.« Armstrong trank aus und schickte sich an aufzustehen. »Danke für den Kaffee.«
»Darf ich Ihnen jetzt eine Frage stellen?«
»Selbstverständlich.«
»Was für ein Mensch ist Dunross? Ian Dunross. Der Chef von Struan’s.«
»Der Tai-Pan?« Armstrong mußte lachen. »Das hängt davon ab, wen Sie fragen, Mr. Bartlett. Haben Sie ihn nie kennengelernt?«
»Nein, noch nicht. Ich werde ihn morgen sehen. Beim Lunch. Warum nennen Sie ihn Tai-Pan? «
» Tai-Pan bedeutet ›Oberster Führer‹ auf Kantonesisch – die Person, die über die größte Machtfülle verfügt. Für die Chinesen sind die europäischen Chefs der alten Handelshäuser alle Tai-Pane. Aber selbst unter Tai-Panen gibt es immer einen größten. Den Tai-Pan. Struan’s führt den Spitznamen ›Noble House‹ oder ›Noble Hong ‹.
Hong bedeutet Handelsfirma oder Gesellschaft. Es geht auf den Anfang des China-Handels und die frühen Tage Hongkongs zurück. Wenn man so will, wurde Hongkong am 26. Januar 1841 gegründet. Der Gründer von Struan and Company, Dirk Struan, war eine Legende und ist es in mancher Beziehung noch heute. Die einen sagen, er sei ein Seeräuber, die anderen, er sei ein feiner Kerl gewesen. Jedenfalls verdiente er ein Vermögen damit, daß er indisches Opium nach China schmuggelte, mit dem Geld chinesischen Tee kaufte, den er mit einer Flotte von chinesischen Klippern nach Europa verschiffte. Er wurde ein reicher Kaufherr und erwarb sich den Titel eines Tai-Pan. Seitdem sind die Leute von Struan’s immer bemüht, in allem die ersten zu sein.«
»Und sind sie es?«
»Ach, ein paar Firmen sind ihnen auf den Fersen, Rothwell-Gornt zum Beispiel, aber, ja, ich möchte sagen, sie sind die ersten. Ganz gewiß gibt es nichts, was nach Hongkong hereinkommt oder Hongkong verläßt, was hier verzehrt oder hergestellt wird, ohne daß Struan’s, Rothwell-Gornt, Asian Properties, Blacs – die Bank of London and China – oder die Victoria Bank ihre Finger im Spiel hat.«
»Und Dunross selbst? Was für ein Mensch ist er?«
Armstrong dachte einen Augenblick nach. »Auch die Antwort auf diese Frage hängt sehr davon ab, wem Sie sie stellen, Mr. Bartlett. Gesellschaftlich habe ich wenig Kontakt mit ihm – wir treffen uns hin und wieder beim Rennen. Er ist charmant, ein ausgezeichneter Geschäftsmann … Wollte man
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