Hongkong 02 - Noble House Hongkong
dich«, sagte der Vorarbeiter mißmutig, »wir müssen noch über zwanzig Tonnen verladen. Der nächste!«
Ein anderer Kuli trat an seine Stelle, während er langsam aus dem muffigen Betonraum schlurfte, dessen Regale mit einer anscheinend unendlichen Menge sauber gestapelter kleiner Goldbarren gefüllt waren, die unter den wachsamen Augen der beiden Beamten darauf warteten, in den nächsten Leinensack gelegt, gezählt und dann versiegelt zu werden.
Auf der schmalen Treppe stolperte der alte Mann. Er fand mit Mühe sein Gleichgewicht wieder, dann hob er den Fuß, um eine Stufe höherzusteigen – nur noch achtundzwanzig – und dann die nächste, und er hatte gerade den Treppenabsatz erreicht, als seine Beine nachgaben. Er stolperte zur Wand und lehnte sich dagegen, um das Gewicht von den Schultern zu nehmen. Er wußte, daß er die Last nie wieder aufnehmen konnte, wenn er aus dem Geschirr schlüpfte, und zitterte davor, daß der Vorarbeiter oder der zweite Vorarbeiter vorüberkommen könnte. Durch seine Schmerzen hörte er Schritte, die näherkamen. Er schob den Sack höher hinauf und setzte sich wieder in Bewegung. Er stürzte beinahe nach vorn.
»He, Neun-Karat Tschu, ist alles in Ordnung?« fragte der andere Kuli im Shantung-Dialekt und hielt ihn fest.
»Ja … ja …« Er keuchte vor Erleichterung, froh darüber, daß es sein Freund aus dem Dorf im Norden und der Leiter seiner Zehnergruppe war. »Bei den Scheißgöttern … ich bin nur ausgeglitten.«
Der andere Mann sah die gequälten, tränenden alten Augen und die hervortretenden Muskeln. »Ich nehme den da, und du ruhst dich aus«, sagte er. Geschickt schwang er den Sack auf den Fußboden. »Ich werde dem mutterlosen Fremden, der glaubt, daß er genügend Hirn hat, um ein Vorarbeiter zu sein, erklären, daß du ausgetreten bist.« Er griff in seine zerrissene Hosentasche und gab dem Alten eines der kleinen, zusammengedrehten Stücke Folie. »Da, nimm! Ich ziehe es dir heute abend vom Lohn ab.«
Der Alte bedankte sich. Er bestand nur noch aus Schmerzen und konnte kaum noch denken. Der andere Mann schwang sich den Sack auf den Rücken und stemmte sich gegen das Stirnband. Zufrieden mit dem Geschäft, das er gemacht hatte, stieg er mit verkrampften Wadenmuskeln die Treppe hinauf.
Der alte Mann schlurfte von dem Absatz in eine staubige Nische und hockte sich hin. Seine Finger zitterten, als er die Folie mit der Prise weißen Pulvers aufrollte. Er zündete ein Streichholz an und hielt es vorsichtig unter die Folie, um sie zu erhitzen.
Das Pulver wurde schwarz und begann zu rauchen. Sorgfältig hielt er sich das rauchende Pulver unter die Nase und inhalierte immer wieder tief, bis jedes Körnchen in Rauch aufgegangen war, den er, ach so dankbar, in seine Lungen sog.
Er lehnte sich an die Wand. Bald verschwand der Schmerz, und an seine Stelle trat Euphorie. Er fühlte sich wieder jung und stark und wußte jetzt, daß er seine Schicht mühelos durchstehen und am Samstag, wenn er zum Rennen ging, gewinnen würde. Ja, es war seine glückliche Woche, und er würde den größten Teil seines Gewinns in ein Stück Land investieren, ja, zunächst ein kleines Stück Land, aber mit der Hausse wird es im Wert steigen, immer höher, und dann werde ich es verkaufen und ein Vermögen verdienen und immer mehr kaufen.
Hoch aufgerichtet ging er die Treppe hinunter, stellte sich an und wartete ungeduldig, bis er an die Reihe kam. » Dew neh loh moh, beeilt euch, ich habe nicht die ganze Nacht Zeit! Um Mitternacht habe ich eine andere Arbeit.«
Die andere Arbeit war ein Job an einer Baustelle im Geschäftsviertel, und er wußte, daß es ein Segen war, daß er in einer Nacht zwei Gelegenheitsarbeiten zusätzlich zu seiner normalen Tagesbeschäftigung als Bauarbeiter gefunden hatte. Er wußte auch, daß es das teure weiße Pulver war, das ihn verändert und Müdigkeit und Schmerzen von ihm genommen hatte. Natürlich wußte er, daß das weiße Pulver gefährlich war.
Aber er war vorsichtig und nahm es nur, wenn er am Ende seiner Kraft war. Daß er es jetzt beinahe jeden Tag, beinahe jeden Tag zweimal nahm, störte ihn nicht.
Einmal war er ein Bauer gewesen und der älteste Sohn von landbesitzenden Bauern in der nördlichen Provinz Shantung, im fruchtbaren, sich ständig verändernden Delta des Gelben Flusses, in dem sie seit Jahrhunderten Obst, Getreide, Sojabohnen, Erdnüsse, Tabak und Gemüse anbauten.
Ach, unsere herrlichen Felder, dachte er glücklich, während er
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