Hongkong 02 - Noble House Hongkong
kannst damit rechnen.«
»Ist der Brief unterschrieben?«
»›Deine einzige Liebe.‹ Das Wort ›Liebe‹ in Englisch.«
»Mr. Toxe! Die Frau Verlegerin auf Leitung zwo!« rief seine englische Sekretärin durch die offene Tür. Ihr Schreibtisch befand sich unmittelbar außerhalb der verglasten Trennwand.
»O verdammt, ich … ich ruf sie zurück. Sagen Sie ihr, mir wird da gerade eine tolle Geschichte serviert.« Und wieder ins Telefon: »Bleib dran, Dan! Fahr mit der Polizei in ihre Wohnung – wenn es ihre Wohnung ist! Stell fest, wem sie gehört – wer ihre Leute sind, wo sie wohnen … Ruf zurück!« Toxe legte auf und rief seinen Chefredakteur: »He, Mac!«
Der hagere, mürrische, grauhaarige Mann verließ seinen Schreibtisch und kam hereinmarschiert. »Ja?«
»Ich denke, wir sollten eine Extraausgabe machen. Schlagzeile …« Er kritzelte auf ein Stück Papier: »Mob tötet Duftige Blume!«
»Wie wäre es mit ›Mob ermordet Duftige Blume‹?«
»Oder ›Erstes Todesopfer in Aberdeen‹?«
»›Mob ermordet‹ gefällt mir besser.«
»Einverstanden. Martin!« Martin Haply schlenderte herein. Toxe fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, während er den beiden erzählte, was Dan Yap ihm berichtet hatte. »Martin, schreib eine Glosse: ›Das bildschöne junge Mädchen starb unter den Füßen des Mobs. Aber wer waren die wahren Killer? Waren die es, die Gerüchte ausstreuten? Läßt der Run auf die Ho-Pak Bank eine so einfache Erklärung zu?‹ … etcetera.«
»Alles klar.« Lachend kehrte Haply an seinen Schreibtisch zurück. Er nahm einen Schluck kalten Kaffee aus einem Plastikbecher und fing an zu tippen. Im Hintergrund klapperten Fernschreiber.
»He, Martin! Wie schaut’s denn jetzt auf der Börse aus?«
Martin Haply wählte eine Nummer, ohne den Apparat anzusehen, und rief dann zum Herausgeber hinein: »Ho-Pak ist auf 24,60 gefallen. Struan’s hat einen Punkt abgegeben, obwohl stark gekauft wurde. Hongkong Lan Tao ist um drei Punkte gestiegen – die Geschichte wurde soeben bestätigt: Dunstan Barre hat sein Geld gestern abgezogen.«
»Hattest du also wieder einmal recht! Scheiße!«
»Victoria hat einen halben Punkt nachgegeben – alle Banken haben schwankende Kurse, und es gibt keine Käufer. Angeblich bilden sich Schlangen vor den Hauptbüros der Blacs und der Victoria im Central District.« O du Heiliger! dachte Toxe, wenn es auch zu einem Sturm auf die Victoria kommt, bricht die ganze Insel zusammen!
»Soll ich sie zurückrufen?« fragte die Sekretärin. Sie war rundlich und nur schwer aus der Ruhe zu bringen.
»Wen? Ach Scheiße, Peg, ich hatte vergessen! Ja – rufen Sie den Drachen an!«
Der Drache war die Frau des Verlegers Mong Pa-tik, des jetzigen Oberhaupts der kinderreichen Familie Mong; ihr gehörten dieses Blatt, drei chinesische Zeitungen und fünf Zeitschriften. Von den Mongs wurde behauptet, sie stammten von Morley Skinner, dem ersten Herausgeber des Guardian, ab. Es hieß, Dirk Struan hätte ihm die Zeitung überlassen – angeblich dafür, daß er ihn gegen Tyler Brock und dessen Sohn Gorth unterstützt hatte, indem er Gorths Ermordung in Macao totschwieg.
Dirk Struan, so wurde gemunkelt, habe das Duell provoziert. Toxe hatte die alte Sarah Tschen erzählen hören, daß die Brocks, als sie kamen, um Gorths Leiche zu holen, ihn nicht wiedererkannten. Ihr Vater, Sir Gordon Tschen, hatte die alte Dame auch noch zu berichten gewußt, mußte halb Chinatown mobilisieren, um zu verhindern, daß die Brocks die Struan’schen Lagerhäuser anzündeten. Statt dessen steckte Tyler Brock Tai-ping Shan an. Nur der große Taifun, der in jener Nacht kam, verhinderte, daß die ganze Stadt in Flammen aufging – der gleiche Wirbelsturm, der Struans Großes Haus mit ihm und seiner heimlichen chinesischen Frau May-may zerstörte.
»Ich habe sie auf Leitung zwo.«
»Äh? Ach so! In Ordnung, Peg.« Toxe seufzte.
»Ah, Mr. Toxe! Ich habe erwartet Ihren Anruf, heya ?«
»Was kann ich für Sie oder Mr. Mong tun?«
»Ihre Berichte über die Ho-Pak Bank, daß die nachteiligen Gerüchte über die Ho-Pak Bank unwahr sind und von Tai-Panen und anderen Großbank ausgestreut wurden. Heute habe ich wieder gesehen.«
»Ja. Haply ist seiner Sache sicher.«
»Mein Mann und ich hören, daß nicht wahr sein. Keine Tai-Pane oder Banken ausstreuen Gerüchte oder haben Gerüchte ausgestreut. Vielleicht klug, Angriff stoppen.«
»Es ist kein Angriff, Mrs. Mong, nur eine Stellungnahme. Sie
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