Hongkong 02 - Noble House Hongkong
wissen ja, wie empfindlich Chinesen auf Gerüchte reagieren. Die Ho-Pak Bank ist genauso solide und gesund wie jede andere Bank in der Kolonie. Wir sind ganz sicher …«
»Nicht von Tai-Panen und nicht von Großbanken. Mein Mann und ich nicht gefällt diese Stellungnahme. Bitte zu ändern«, unterbrach sie ihn, und er hörte den Granit in ihrer Stimme. »Die Verleger sind wir. Es ist unsere Zeitung. Wir weisen Sie an, und darum werden Sie stoppen.«
»Sie befehlen mir zu stoppen?«
»Natürlich ist es Befehl.«
»Bitte sehr, wenn Sie es befehlen, wird gestoppt.«
»Gut!« Die Leitung war unterbrochen. Christian Toxe zerbrach seinen Bleistift, schleuderte ihn an die Wand und fluchte. Dann rief er: »Wie wär’s mit Kaffee, Peg? Mac! Martin!« Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Sein Stuhl knarrte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und zündete sich eine Zigarette an.
»Ja, Chris?« fragte Haply.
»Der Artikel, den du da in der Maschine hast, läuft nicht, Martin. Schreib was über das Bankwesen in Hongkong, und daß es an der Zeit wäre, eine Art Bankenversicherung einzuführen …« Die zwei Männer starrten ihn an.
»Unserem Verleger paßt es nicht, daß wir die Hintergründe der Gerüchte ausleuchten.«
Martin Haply stieg die Röte ins Gesicht. »Der Teufel soll ihn holen! Du hast doch selbst gehört, wie die Leute auf der Party des Tai-Pan geredet haben!«
»Das beweist gar nichts. Du hast keine Beweise. Wir verfolgen diese Linie nicht weiter.«
Haply wollte etwas sagen, überlegte sich’s aber. Vor Wut kochend, machte er auf dem Absatz kehrt und ging. Er marschierte durch den großen Saal, riß die Eingangstür auf und knallte sie hinter sich zu.
»Kann sich nicht beherrschen, der Junge!« meinte Christian Toxe. Fragend sah er den anderen an. »Jemand muß ihr das eingeredet haben. Was würdest du als Gegenleistung erwarten, wenn du diese Drachendame Mong wärst?«
»Doch nicht eine stimmberechtigte Mitgliedschaft im Jockey-Club?«
»Brav, setzen!«
Singh, der indische Reporter, kam mit einem Telex-Stoß herein. »Vielleicht können Sie etwas davon gebrauchen.«
Es waren Reuter-Meldungen aus dem Nahen Osten. »Teheran 08.32 Uhr: Diplomatischen Quellen zufolge sind an der nördlichen Grenze des Iran ausgedehnte sowjetische Truppenbewegungen nahe der ölreichen Grenzprovinz Aserbeidschan angelaufen, wo es zu großen Unruhen gekommen ist. Wie verlautet, hat Washington um Erlaubnis ersucht, Beobachter in dieses Gebiet zu entsenden.«
Ein zweiter Text lautete: »Tel Aviv 06.00 Uhr: Gestern spät abends hat die Knesset offiziell bekanntgegeben, daß die Finanzierung eines weiteren bedeutenden Bewässerungsprojektes gesichert ist, das die Ableitung der Wasser des Jordan in den südlichen Negev vorsieht. Jordanien, Ägypten und Syrien haben sofort und in aller Schärfe protestiert.«
»Negev? Liegt da nicht Israels neues Atomkraftwerk?« fragte Toxe. »Ob sie das Wasser wohl dafür brauchen?«
»Ich weiß nicht recht, Mac, aber die Jordanier und Palästinenser werden da wohl einen tüchtigen Brand bekommen – so wie wir. Wasser, Wasser auf allen Seiten, aber kein Tropfen, um unter die Dusche zu gehen. Wenn es doch nur ordentlich regnen wollte! Stutzen Sie diese Berichte zurecht, Singh! Wir bringen sie auf der letzten Seite. Schreiben Sie einen Aufmacher über die Werwölfe für die Titelseite: ›Die Polizei hat die Kolonie mit einem engmaschigen Netz überzogen, doch ist es ihr nicht gelungen, die verbrecherischen Entführer von Mr. John Tschen zu fassen. Wie aus der Familie seines Vaters, des Compradors von Struan’s, verlautet …‹ Na und so weitet.«
Augenglas Wu sah die alte Frau mit einer Einkaufstasche in der Hand aus einem Mietshaus kommen und folgte ihr unauffällig. Er war sehr zufrieden mit sich. Während er auf sie gewartet hatte, war er mit einem Straßenhändler ins Gespräch gekommen, der sein Geschäft auf dem gegenüberliegenden Gehsteig betrieb. Er verkaufte Tee und Reispudding. Wu hatte eine Schale erstanden, und während er den Pudding verzehrte, hatte ihm der Händler von der alten Frau erzählt. Sie hieß Ah Tarn und wohnte seit einem Jahr in diesem Haus. Mit den Wellen von Auswanderern, die im vergangenen Sommer China verlassen hatten, war sie aus einem Dorf in der Nähe von Kanton gekommen. Sie hatte keine Familie, und die Leute, für die sie arbeitete, hatten keine Söhne um die Zwanzig. Heute früh allerdings hatte er sie mit einem jungen Mann
Weitere Kostenlose Bücher