Hongkong 02 - Noble House Hongkong
war nichts.« Er erhob sich, um die Flucht zu ergreifen.
»Setz dich! Nichts, daß du mich, deine treue Frau, vor der Dienerschaft angeschrien hast? Nichts, daß du mich in mein eigenes Eßzimmer geschickt hast, als ob ich eine geheime Hure wäre? Heya ?« Instinktiv wußte sie, daß jetzt der richtige Augenblick war, wo er sich nicht verteidigen konnte. Sie waren allein zu Haus. »Du findest nichts dabei, mit mir Schindluder zu treiben, mit mir, die ich dir die besten Jahre meines Lebens geschenkt habe, die ich dreiundzwanzig Jahre für dich geschuftet und gesorgt habe? Mit mir, Dianne Mei-wei Ttschung, in deren Adern das Blut des großen Dirk Struan fließt, die als Jungfrau zu dir kam – mit Grundbesitz in Wanchai und Lan Tao, Aktien und Beteiligungen und der besten Ausbildung, die man in England bekommen kann? Mit mir, die kein Wort verliert über dein Herumhuren und über das Gör, das du diesem Barmädchen gemacht und jetzt zum Studium nach Amerika geschickt hast?«
»Wie bitte?«
»Ach, ich weiß alles von dir und ihr, und daß du mich nie geliebt hast und nur mein Geld haben wolltest!«
Philip Tschen bemühte sich, seine Ohren zu verschließen, doch es gelang ihm nicht.
In seinen Schläfen hämmerte es. Er haßte häusliche Szenen, und er haßte ihre keifende Stimme. Er versuchte, sie zu unterbrechen, aber sie ließ es nicht zu und warf ihm die verschiedensten Liebschaften und Fehltritte vor.
»… und was ist mit deinem Klub?«
»Was für ein Klub?«
»Ich rede von einem privaten chinesischen Speiseklub in einer Seitengasse der Pedder Street, in dem es einen Chefkoch aus Schanghai gibt, Teenager-Hostessen, Schlafzimmer und Sauna und Geräte, die schmutzige alte Männer brauchen, um ihre kraftlosen Stengel hochzubekommen. 87.000 gute amerikanische Dollar hast du Shiteh tschung und diesen beiden feinen Freunden als Eintrittsgeld hingelegt und zahlst immer noch 4.000 HK Monatsbeitrag. Du solltest lieber … Wohin gehst du?«
»Ich … ich wollte … auf die Toilette.«
»Ha! Weil du dich schämst, wie du mich behandelst, und …« Doch dann merkte sie, daß er nahe daran war, in die Luft zu gehen und über sie herzuziehen, und mit einemmal wurde ihre Stimme zu einem sanften Gurren. »Armer Philip! Armer Junge! Warum warst du denn so zornig? Wer hat dir etwas getan?«
Und so erzählte er es ihr, und sogleich fühlte er sich wohler; Angst und Wut begannen dahinzuschmelzen. Er berichtete ihr von Johns Schließfach in der Bank, von den Briefen an Linc Bartlett und daß er einen zweiten Schlüssel zu seinem eigenen Safe in ihrem Schlafzimmer gefunden hatte. »Ich habe alle Briefe mitgebracht«, sagte er, und er war den Tränen nahe. »Sie sind oben, du kannst sie selbst lesen. Mein eigener Sohn! Er hat uns betrogen!«
»Mein Gott, Philip«, stöhnte sie, »wenn der Tai-Pan erfährt, daß du und Vater Tschen-tschen … wenn er das erfährt, vernichtet er uns!«
»Ja, ja, ich weiß! Darum bin ich ja so verzweifelt! Nach den Bestimmungen von Dirks Vermächtnis hat er dazu das Recht und die Mittel. Aber das ist noch nicht alles. John wußte auch von unserem Safe im Garten und hat ihn ausgegraben.« Er erzählte ihr von der Münze.
» Ayeeyah! « Noch unter dem Schock stehend, starrte sie ihn an. Doch in ihr Entsetzen mischte sich stürmische Freude; denn ob John nun wiederkam oder nicht, er hatte sich selbst vernichtet. Nie würde er erben! Mein Kevin ist jetzt Sohn Nummer Eins und zukünftiger Comprador von Noble House. Doch dann erstickten die Ängste ihre Begeisterung, und verzagt murmelte sie: »Wenn es dann noch ein Haus Tschen gibt.«
»Was? Was hast du gesagt?«
»Nichts. Es ist unwichtig. Einen Augenblick, Philip, laß mich nachdenken! Du … du solltest jetzt zur Bank gehen. Hole 300.000 – für den Fall, daß du ihnen mehr geben mußt! Wir müssen John unbedingt zurückbekommen. Ob er die Münze wohl bei sich trägt – oder sie in seinem anderen Schließfach verwahrt hat?«
»Im Schließfach, nehme ich an, oder in einem Versteck in seiner Wohnung, in den Sinclair Towers.«
»Wie können wir die Wohnung in ihrer Anwesenheit durchsuchen? Seine Frau meine ich, dieses Flittchen Barbara. Wenn sie ahnt, daß wir etwas suchen … Habe ich dich richtig verstanden, Philip? Wer immer die Münze vorlegt, bekommt, was er verlangt?«
»Ja.«
Sie dachte wieder ganz klar. »Philip«, sagte sie, und alles andere war vergessen, »wir brauchen jetzt jede Hilfe, die wir bekommen können. Ruf
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