Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Run richtig angelaufen war –, lag er schon mit Millionen vorn.
Montag wurde das Papier mit 28,60 notiert; ungeachtet von Richard Kwangs Stützungsaktionen, war es jetzt auf 24,30 gesunken, – ein Verlust von 4,30 Punkten.
4,30 mal 500.000 macht 2.150.000, dachte Gornt vergnügt, alles in prima Hongkongwährung, wenn ich jetzt gleich zurückkaufen würde – nicht schlecht für achtundvierzig Stunden Arbeit. Aber ich kaufe noch nicht zurück, nein, noch nicht! Ich bin sicher, daß der Kurs zusammenbrechen wird, wenn nicht heute, dann morgen, Donnerstag. Wenn nicht Donnerstag – Freitag. Spätestens Montag, denn keine Bank der Welt kann einen solchen Run aushalten. Dann, nach dem Krach, kaufe ich mit ein paar Cents auf den Dollar zurück und verdiene zwanzigmal eine halbe Million.
»Verkaufen Sie 200.000«, sagte er und fing jetzt an, ganz offen leer zu verkaufen.
»Du lieber Himmel, Mr. Gornt!« Der Makler rang nach Fassung. »Die Ho-Pak wird an die fünf Millionen aufbringen müssen, um Deckung anzuschaffen. Das wird die ganze Börse ins Wanken bringen.«
»Ja«, grinste er.
»Wir werden es verdammt schwer haben, uns die Papiere zu leihen.«
»Dann fangen Sie gleich an!«
Widerwillig schickte sich der Makler an zu gehen, als eines der Telefone läutete. »Ja? O hallo, Tageszeit Tschang«, antwortete er in leidlichem Kantonesisch. »Was kann ich für Sie tun?«
»Ich hoffe, Sie können mein ganzes Geld retten, ehrenwerter Mittelsmann. Wie ist der Kurs für Noble House?«
»25,30.«
Entsetztes Kreischen. »O weh, o weh, die Börse schließt schon in einer halben Stunde. O weh, o weh! Bitte verkaufen Sie! Bitte verkaufen Sie sofort Noble House, Good Luck Properties und Golden Ferry, und … wie ist der Kurs der zweiten großen Gesellschaft?«
»23,30.«
» Ayeeyah. Ein Punkt tiefer als heute früh? Die Götter werden meinen elenden Joss bezeugen! Bitte verkaufen Sie sofort!«
»Aber Tageszeit Tschang, die Börse ist eigentlich ganz stabil, und …«
»Sofort! Haben Sie die Gerüchte nicht gehört? Noble House wird zusammenbrechen, Iiiii, verkaufen Sie! Augenblick, meine Kollegin Fung-tat möchte auch mit Ihnen reden.«
»Ja, Drittes Stubenmädchen Fung?«
»So wie Tageszeit Tschang, ehrenwerter Mittelsmann! Verkaufen Sie! Bevor ich verloren bin! Verkaufen Sie und rufen Sie uns zurück, welche Kurse Sie erzielt haben! O weh, o weh, o weh! Bitte beeilen Sie sich!«
Er legte den Hörer auf. Das war der fünfte von Panik bestimmte Anruf alter Kunden gewesen, und es gefiel ihm gar nicht. So ein Unsinn, in Panik zu geraten, dachte er, und sah in seinem Makler-Kurstagebuch nach. Über 40.000 HK hatten die beiden, Tageszeit Tschang und Drittes Stubenmädchen Fung, in verschiedenen Papieren investiert. Wenn er jetzt verkaufte, würden sie immer noch vorn liegen, auch wenn die Kurse von Struan’s nachgelassen hatten.
Joseph Stern war Chef der Hongkonger Firma Stern and Jones, die seit fünfzig Jahren bestand. Erst nach dem Krieg hatten sie sich als Makler etabliert. Bis dahin waren sie Devisenhändler und Schiffslieferanten gewesen. Er war ein kleiner, dunkelhaariger, nahezu kahler Mann Mitte Sechzig, und manche Leute meinten, er habe chinesisches Blut in seinen Adern.
Er ging zur Kursanzeigetafel vor und blieb neben der Kolonne stehen, in der Golden Ferry registriert war. Er trug die Anteile von Tschang und Fung in die Verkaufskolonne ein. Es war nur ein kleiner Posten.
»Ich kaufe zu 30 Cents unter dem Kurs«, bot ein Makler.
»Auf Golden Ferry ist doch kein Run«, protestierte Stern.
»Nein, aber die Gesellschaft gehört zum Struan-Konzern. Ja oder nein?«
»Sie wissen doch selbst, daß Golden Ferry in diesem Quartal höhere Gewinne erzielt hat?«
»Na, wenn schon! Mein Gott, ist das heiß heute! Also ja oder nein?«
Joseph Stern überlegte kurz. Er wollte die Nervosität nicht noch weiter anheizen.
Erst gestern war Golden Ferry um einen Dollar gestiegen. Aber er kannte das erste Gesetz aller Börsen: Gestern hat nichts mit heute zu tun. Der Kunde hatte gesagt: verkaufen.
»20 Cents unter Kurs?« fragte er.
»30. Letztes Angebot. Kann Ihnen doch gleich sein. Ihre Provision bekommen Sie sowieso. 30 unter Kurs?«
»Einverstanden.« Stern ging die Anzeigentafel entlang und verkaufte den größten Teil ihrer Aktien ohne Schwierigkeiten, obwohl er jedesmal im Preis entgegenkommen mußte. Es kostete ihn Mühe, das Paket Ho-Pak hereinzunehmen. Vor der Kolonne, in der die Bank verzeichnet war,
Weitere Kostenlose Bücher