Hongkong 02 - Noble House Hongkong
meldete er sich zornig.
Eine kurze Pause folgte, und dann antwortete eine ebenso grobe Stimme auf Kantonesisch: »Du hast ja eine saumäßige Laune, wer immer du bist! Wo sind deine Scheißmanieren?«
»Wer spricht?« fragte er auf Kantonesisch. »Wer ist da?«
»Hier spricht der Werwolf. Der oberste Werwolf, bei allen Göttern! Wer bist du?«
»Oh!« Das Blut wich aus Philip Tschens Gesicht. Von Panik befallen, winkte er seine Frau heran. Sie beugte sich vor, um mitzuhören. »Hier … hier ist der Ehrenwerte Tschen«, antwortete er vorsichtig. »Bitte, wie … wie ist Ihr Name?«
»Hast du Wachs in den Ohren? Ich habe gesagt, daß ich der Werwolf bin. Bin ich so dumm, dir meinen Namen zu nennen?«
»Ich bin … es tut mir leid, aber woher soll ich wissen … daß Sie … daß Sie mir die Wahrheit sagen?«
»Woher soll ich wissen, wer du bist? Vielleicht bist du ein Kotfresser von einem Bullen? Wer bist du?«
»Ich bin Noble House Tschen. Ich schwöre es!«
»Gut. Dann habe ich also dir einen Brief geschrieben, in dem ich sagte, ich würde heute um sechs anrufen. Hast du den Brief nicht bekommen?«
»Ja, ich habe den Brief bekommen«, antwortete Philip Tschen und versuchte, seine Erleichterung zu verhehlen, in die sich Wut, Frustration und Entsetzen mischten.
»Lassen Sie mich bitte mit meinem Ersten Sohn sprechen!«
»Das ist nicht möglich, nein, ganz unmöglich! Kann ein Frosch daran denken, einen Schwan zu verschlingen? Dein Sohn befindet sich auf einem anderen Teil der Insel … er ist in Sicherheit, o ja, durchaus, Noble House Tschen. Es fehlt ihm an nichts. Hast du das Lösegeld beisammen?«
»Ja. Vorderhand könnte ich nur 100.000 aufbringen. Die …«
»Verdammt nochmal«, gab der Mann zornig zurück. »Du weißt genau, daß wir 500.000 verlangt haben. Und für dich ist es immer noch wie ein Haar von zehn Ochsen!«
»Lügen, alles Lügen!« brüllte Philip Tschen los. »Lügen und Gerüchte, von meinen Feinden ausgestreut. Haben Sie nicht gehört, was heute auf der Börse los war?«
» Ayeeyah! Auf der Börse! Was haben die armen Bauern mit der Börse zu tun? Soll ich dir das andere Ohr schicken?«
»Nein. Aber wir müssen verhandeln. Fünf sind zuviel. Eineinhalb kann ich gerade noch schaffen.«
»Ganz China würde mich auslachen, wenn ich mich mit eineinhalb begnügte. Wirfst du mir vor, ich wollte einen Schafskopf anbieten, und in Wirklichkeit Hundefleisch verkaufen? Eineinhalb für den Ersten Sohn von Noble House Tschen? Unmöglich! Es geht um das Gesicht, das mußt du doch auch einsehen!«
Philip Tschen zögerte. »Na ja«, gab er zurück, »da ist was dran. Aber zuerst möchte ich wissen, wann ich meinen Sohn zurückbekomme.«
»Sobald das Lösegeld gezahlt ist. Das verspreche ich bei den Gebeinen meiner Vorfahren! Ein paar Stunden, nachdem wir das Geld haben, geben wir ihn auf der Sha-Tin-Straße frei.«
»Aha, er ist jetzt in Sha Tin.«
» Ayeeyah, mich fängst du nicht, Noble House Tschen! Ich rieche Kuhmist in unserem Gespräch. Hören die Hurenböcke von der Polizei vielleicht mit?«
»Nein, ich schwöre es, ich habe nicht mit der Polizei gesprochen, und ich versuche auch nicht, Ihnen eine Falle zu stellen, aber ich brauche doch Zusicherungen, vernünftige Zusicherungen.« Der Schweiß stand Philip Tschen auf der Stirn. »Ihnen kann nichts passieren, Sie haben ja meinen Schwur. Ich habe die Polizei nicht angerufen. Wenn ich sie anrufe, wie sollen wir da verhandeln?«
Wieder gab es ein langes Zögern, und dann sagte der Mann, offenbar ein wenig besänftigt: »Du hast recht. Also schön, ich werde vernünftig sein. Ich gebe mich mit 400 zufrieden, aber es muß heute sein.«
»Das ist ausgeschlossen! Sie verlangen von mir, ich soll im Meer nach einem Tiger fischen! Als Ihr Brief kam, waren die Banken schon geschlossen, aber ich habe 100 in bar, in kleinen Noten …« Dianne stieß ihn an und hielt zwei Finger hoch. »Hören Sie, verehrter Werwolf, vielleicht kann ich mir heute abend noch etwas ausleihen.
Vielleicht … hören Sie, heute abend gebe ich Ihnen zwei. Ich bin sicher, daß ich so viel in einer Stunde aufbringen kann. 200.000!«
»Tot soll ich hier umfallen, wenn ich mich mit so einem Bettel begnüge! 350.000!«
»200.000 in einer Stunde!«
»Das andere Ohr in zwei Tagen oder 300.000 heute abend!«
Philip Tschen jammerte, bettelte, schmeichelte und fluchte. Beide Männer verstanden sich aufs Feilschen. Bald lieferten sie sich ein mit allem Scharfsinn
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