Hongkong 02 - Noble House Hongkong
die Menschen, die sich in der Türöffnung drängten, und Orlanda schien einem Nervenzusammenbruch nahe.
Gornt stand vom Tisch auf und ging näher an die Tür heran. Er sah das Gedränge und mutmaßte, daß die Treppen unten verstopft seien. Geschrei und Gekreische trugen zur allgemeinen Angst bei, aber Sir Charles Pennyworth stand neben der Tür und bemühte sich um einen geordneten Rückzug die Treppe hinunter. Allmächtiger Gott, dachte Gornt, das Schiff brennt, hundert Menschen und nur ein Ausgang! Dann fiel sein Blick auf die Bar. Er ging hin und schenkte sich einen Whisky-Soda ein. Äußerlich war er völlig ruhig, aber der Schweiß lief ihm über den Rücken.
Unten auf dem überfüllten zweiten Deck stolperte Lando Mata und riß im Fallen eine ganze Gruppe mit, unter ihnen Dianna Tschen und Kevin, womit er diesen den einzigen Fluchtweg blockierte. Menschen kreischten hilflos, als sie zu Boden gedrückt wurden, während andere in heilloser Verwirrung über sie stürzten oder hinwegstolperten, um sich in Sicherheit zu bringen. Pugmire hielt sich oben auf der Treppe am Geländer fest, um auf den Beinen zu bleiben, und gebrauchte seine Bärenkräfte, um sich mit dem Rücken gegen die Nachdrängenden zu stemmen und so zu verhindern, daß noch mehr Menschen niedergetrampelt wurden. Angstschweiß auf der Stirn, aber gleichermaßen beherrscht, stand Julian Broadhurst neben ihm und gebrauchte seine Körpergröße und sein Gewicht, um Pugmire zu unterstützen.
Eine Zeitlang hielten sie dem Druck stand, aber allmählich wurde ihnen der Ansturm zuviel. Pugmire spürte, wie sich sein Griff löste. Zehn Stufen weiter unten kämpfte Mata sich hoch, trampelte in seiner Hast auf ein paar Leute und drängte sich die Treppe hinunter. Kevin hinter sich herzerrend, rappelte sich Dianne Tschen auf die Beine. Der vom ersten Deck aufsteigende Rauch trug zur allgemeinen Kopflosigkeit bei. Pugmire verlor den Halt. Zusammen mit Broadhurst wurde er von der Menschenflut an die Wand gepreßt. Wieder setzte sich eine kleine Lawine in Bewegung, und jetzt war die Treppe auf beiden Ebenen verstopft.
Vierfinger Wu und Venus Poon befanden sich auf dem ersten Deck, als das Feuer ausbrach. Venus Poon nur wenige Schritte hinter ihm, war er die letzte Treppe hinuntergeschossen und hatte sich einen Weg über den Laufsteg gebahnt, der zum Pier hinüberführte. Schwer atmend, mit klopfendem Herzen, wandte er den Blick zurück. Männer und Frauen kamen aus dem breiten, reichverzierten Eingang gewankt. Aus den Bullaugen nahe der Wasserlinie züngelten Flammen. Vierfinger Wu sah Richard Kwang und seine Frau Hals über Kopf herausstürzen, fing an zu lachen und fühlte sich gleich wohler. Auch Venus Poon kamen die Leute sehr komisch vor.
Zuschauer sammelten sich und glotzten; keiner rührte die Hand, um zu helfen – völlig richtig, ging es Vierfinger durch den Kopf. Man muß die Entscheidungen der Götter respektieren. Die Götter haben ihre eigenen Gesetze, und nur sie bestimmen den Joss der Menschen. Mein Joss ist es, mich gerettet zu haben und mich heute nacht mit dieser Nutte zu vergnügen. Mögen die Götter mir helfen, meinen kaiserlichen Stab hochzuhalten, bis sie um Gnade fleht! »Komm, kleines Fettmäulchen«, sagte Vierfinger Wu und lachte gackernd. »Wir können die Leute jetzt ruhig ihrem Joss überlassen. Wir verschwenden nur Zeit.«
»Nein, Vater«, widersprach sie. »Jeden Augenblick kommen jetzt die Fernsehkameras und die Reporter – wir müssen an unser Image denken, heya ?«
»Image? Jetzt geht’s in die Betten und …«
»Später«, erklärte sie gebieterisch, und er schluckte eine Verwünschung hinunter.
»Willst du denn nicht als Held gefeiert werden? Und wie wäre es mit dem Ritterstand wie Shiteh?« Eilig begab sie sich in die Nähe des Laufstegs, wo sie sehen und gesehen werden konnte. Wu blickte ihr verständnislos nach. Eine quai-loh- Ehrung wie Shiteh? Iiiii, warum nicht? Sorgsam darauf bedacht, sich keiner Gefahr auszusetzen, folgte er ihr.
Flammen schlugen aus dem Schornstein auf dem obersten Deck, und schreckensstarre Menschen blickten aus den Fenstern aller drei Decks. Auf dem Pier liefen die Leute zusammen. Andere kamen herausgewankt, viele husteten von dem Rauch, der sich allmählich über das ganze Schiff ausbreitete.
Bartlett lehnte sich über die Reling des obersten Decks und sah auf den Schiffsrumpf und die Anlegestelle hinunter. Er sah die Menge auf dem Pier und die hysterischen Menschen, die sich
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