Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Gemütlichkeit entsprach seiner Tarnung als guter alter Freund.
»Wie lange bleiben Sie noch im Hafen?«
»Nicht sehr lange, Oberinspektor. Die Reparaturarbeiten am Steuerruder gehen leider nur schleppend weiter.«
»Nicht zu schleppend, hoffe ich. Wir werden hier alle sehr nervös, wenn unsere verehrten Gäste im Hafen nicht raschest bedient werden«, sagte Crosse in scharfem Ton. »Ich werde mit dem Hafenmeister sprechen.«
»Danke, das ist … das wäre sehr aufmerksam von Ihnen. Und es war auch sehr aufmerksam von Ihrer Behörde …« Suslew zögerte und wandte sich an Clinker. »Würde es dir etwas ausmachen, alter Freund, wenn du einen Augenblick …«
»Nein, nein«, sagte Clinker. »Bullen machen mich sowieso nervös.« Brian Kwok fixierte ihn. Furchtlos erwiderte Clinker seinen Blick. »Ich erwarte dich im Wagen.«
Suslew räusperte sich. »Es war sehr aufmerksam von Ihrer Behörde, uns die Leiche des armen Genossen Woranski zurückzuschicken. Haben Sie die Mörder gefunden?«
»Leider nein. Es könnten Berufskiller gewesen sein. Wäre er nicht so heimlich an Land gekommen, er könnte immer noch ein nützliches Mitglied des … der Abteilung sein, in der er beschäftigt war.«
»Er war nur ein einfacher Seemann und ein braver Kerl. Ich dachte, in Hongkong wäre man seines Lebens sicher.«
»Haben Sie die Fotografien der Mörder und den Bericht über ihren Anruf an Ihre Vorgesetzten im KGB weitergeleitet?«
»Ich gehöre nicht zum KGB, verdammt noch mal! Ja, die Informationen wurden weitergeleitet – von meinem Vorgesetzten«, antwortete Suslew gereizt. »Woranski war ein anständiger Kerl, und seine Mörder müssen bestraft werden.«
»Wir werden sie bald haben«, gab Crosse lächelnd zurück. »Wußten Sie, daß Woranski in Wirklichkeit Major Yuri Bakyan vom Ersten Direktorat, Departement 6 des KGB war?«
Suslews Gesicht war vom Schock gezeichnet. »Er war … für mich war er nur ein Freund, der uns von Zeit zu Zeit begleitete.« Er sah Brian Kwok an, der seinen Blick mit Abscheu erwiderte. »Warum schauen Sie mich so zornig an? Was habe ich Ihnen getan?«
»Warum ist die Sowjetunion so habgierig, besonders wo es um chinesisches Territorium geht?«
»Politik!« gab Suslew verdrießlich zurück und fügte, an Crosse gewendet, hinzu:
»Ich kümmere mich nicht um Politik.«
»Ihr kümmert euch unentwegt um Politik. Welchen Rang bekleiden Sie im KGB?«
»Gar keinen.«
»Ein wenig Entgegenkommen könnte nicht schaden, Kapitän Suslew«, sagte Crosse.
»Wer stellt Ihre Crew zusammen?«
Suslew warf ihm einen Blick zu. »Könnte ich Sie wohl unter vier Augen sprechen?« fragte er.
»Aber gewiß. Warten Sie hier, Brian!«
Suslew kehrte Brian Kwok den Rücken zu und stieg dann die Stufen zum Rasen hinunter. Crosse folgte ihm. »Wie sehen Sie Noble Stars Chancen?« fragte Suslew freundlich.
»Nicht schlecht. Aber er ist noch nie auf schwerem Boden gelaufen. Haben Sie die Absicht, bis Sonnabend zu bleiben?«
Suslew lehnte sich ans Geländer und lächelte. »Warum nicht?«
Crosse lachte leise. »Ja, warum nicht?« Er war sicher, daß niemand sie jetzt hören konnte. »Du bist wirklich ein guter Schauspieler, Gregor.«
»Du auch, Genosse.«
»Du gehst ein verdammt großes Risiko ein«, sagte Crosse.
»Ach, das ganze Leben ist ein Risiko. Zentrale hat mich angewiesen, die Stellung zu halten, bis Woranskis Ersatzmann eingetroffen ist. Auf dieser Fahrt sind zu viele wichtige Entscheidungen zu treffen, nicht zuletzt in bezug auf Sevrin. Und Arthur wollte es ja so haben.«
»Wer ist der Scheißkerl, der AMG über Sevrin informiert hat?«
»Ich weiß es nicht. Ein Überläufer. Sobald wir es wissen, ist er ein toter Mann.«
»Jemand hat eine Gruppe meiner Leute an die Volksrepublik China verraten. Der AGM-Bericht muß den Anstoß dazu gegeben haben. Du hast meine Durchschrift gelesen. Wer auf deinem Schiff hat sie sonst noch gelesen? Jemand hat deinen Apparat hier infiltriert!«
Suslew wurde blaß. »Ich werde sofort eine Sicherheitsinspektion in die Wege leiten. Aber wer könnte es sein? Ich halte jede Wette, daß ich keinen Spion an Bord habe.«
»Es findet sich immer einer, den man kaufen kann.«
»Hast du dir einen Fluchtplan zurechtgelegt?«
»Mehrere.«
»Ich habe Auftrag, dir in jeder Beziehung zur Seite zu stehen. Soll ich dich auf der Iwanow unterbringen?«
Crosse zögerte. »Ich möchte noch warten, bis ich alle AMG-Berichte gelesen habe. Es wäre schade nach so langer
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