Hongkong 02 - Noble House Hongkong
das Gerücht, daß der Gouverneur Montag einen Bankfeiertag vorschreiben und die Banken für so lange schließen wird, wie nötig. Es ist ja nur eine Frage der Zeit, bis wieder genügend Bargeld da ist. Inzwischen werden viele Geldinstitute pleite machen, aber das sollte unsere Pläne nicht stören.«
»Wann wollen Sie Ihre Deckungskäufe vornehmen?«
»Das hängt davon ab, wann die anderen Struan’s fallenlassen.«
»Wie wäre es mit Montag mittag? Damit hätten Sie und Ihre Strohmänner reichlich Zeit zurückzukaufen, nachdem meine Entscheidung auf Umwegen bekanntgeworden ist und die Aktien noch ein bißchen mehr gefallen sind.«
»Ausgezeichnet. Chinesen verlassen sich sehr auf Gerüchte. Mittag ist gut. Sie machen das von Taipeh aus?«
»Ja. Sie bekommen die Bestätigung von Casey.«
»Sie weiß? Sie kennt unsere Pläne?«
»Ja. Ich habe sie informiert. Wie viele Aktien brauchen Sie für die Übernahme?«
»Wenn wir zurückkaufen, werden wir genug für drei zusätzliche Sitze im Vorstand haben. Damit ist Dunross erledigt. Sobald wir im Vorstand sind, haben wir die Kontrolle über Struan’s, und dann fusioniere ich Struan’s mit Rothwell-Gornt.«
»Und sind Tai-Pan von Noble House.«
»Jawohl.« Gornts Augen glitzerten. Er füllte die Gläser nach. »Zum Wohl!«
»Zum Wohl!«
Zufrieden mit ihrer Abmachung tranken sie. Aber in ihrem tiefsten Inneren traute keiner dem anderen, nicht einmal ein klein wenig. Es gab beiden ein Gefühl der Beruhigung, zu wissen, daß sie für alle Eventualitäten gerüstet waren.
Mit grimmigen Gesichtern kamen die drei Männer aus dem Government House und stiegen in Crosses Wagen. Crosse chauffierte. Sinders saß neben ihm, Rosemont im Fond, und beide hielten ihre noch ungelesenen Kopien der AMG-Berichte krampfhaft fest. Die Nacht war dunkel und dunstig und der Verkehr dichter als sonst.
»Was meinen die Herren?« fragte Rosemont. »Wird der Gouverneur die Berichte lesen, bevor er sie durch den Reißwolf laufen läßt?«
»An seiner Stelle würde ich sie lesen«, antwortete Sinders, ohne sich nach ihm umzudrehen.
»Sir Geoffrey ist viel zu clever, um das zu tun«, meinte Crosse. »Er wird die Originale nicht vernichten, bevor Ihre Kopie sicher in den Händen des Ministers ist – für den Fall, daß Ihnen etwas zustößt. Aber er ist auch zu gewitzt, um etwas zu lesen, was sich als peinlich für den Generalbevollmächtigten und damit für die Regierung Ihrer Majestät erweisen könnte.«
Wieder trat Schweigen ein. Dann aber konnte Rosemont sich nicht mehr zurückhalten und fragte: »Was war mit Metkin? Wo ist die Sache schiefgelaufen?«
»In Bombay. Dort muß an dem Flugzeug manipuliert worden sein – wenn es Sabotage war.«
»Was denn sonst, verdammt noch mal! Natürlich bekam jemand einen Wink. Aber wo saß der Verräter? War es wieder Ihr gottverdammter Maulwurf?« Rosemont wartete, aber er bekam keine Antwort. »Was ist mit der Iwanow ? Werden Sie sie in gerichtliche Verwahrung nehmen und eine Durchsuchung anordnen?«
»Der Gouverneur hat in London angefragt, und man hat dort gemeint, es sei unklug, einen diplomatischen Zwischenfall zu provozieren.«
»Was wissen denn diese Hammel?« erboste sich Rosemont. »Sie ist ein Spionageschiff, verdammt noch mal! Wetten, wir würden dort die letzten Kodebücher, das Luftraumüberwachungssystem der UdSSR und fünf oder sechs KGB-Experten finden?«
»Sie haben natürlich recht, Mr. Rosemont«, pflichtete Sinders ihm bei. »Aber ohne Genehmigung können wir nichts unternehmen.«
»Lassen Sie mich und meine Jungs mal …«
»Auf keinen Fall!« Ärgerlich nahm Sinders seine Zigaretten heraus.
»Sie wollen es ihm also durchgehen lassen?«
»Ich werde Kapitän Suslew morgen ins Polizeipräsidium zitieren und eine Erklärung von ihm verlangen«, antwortete Sinders.
»Da möchte ich gern dabei sein.«
»Ich werde es in Erwägung ziehen.«
»Wir sind doch Verbündete, zum Teufel!«
In scharfem Ton fuhr Crosse dazwischen. »Warum haben Sie dann gestern, ohne dazu befugt zu sein, die Wohnung 32 in den Sinclair Towers gestürmt?«
Rosemont seufzte und beichtete.
Nachdenklich sah Sinders ihn an. »Woher wußten Sie, daß es eine konspirative Wohnung ist, Mr. Rosemont?«
»Wir haben hier ein gut ausgebautes Netz von Informanten. Ich kann Ihnen nicht sagen, von wem ich es weiß, aber wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen die Fingerabdrücke von dem einen Glas.«
»Das wäre sehr nützlich«, sagte Sinders.
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