Hongkong 02 - Noble House Hongkong
sie auf den Favoriten, einen Schimmel, gesetzt hatte.
»Komm schon … lauf … er schiebt sich nach vorn, Linc! Er ist auf dem zweiten Platz …«
Bartlett konzentrierte sich auf das Feld, das nun in die letzte Gerade einbog. Da war Crossfire, gut placiert hinter Western Scot, einem braunen Wallach, der leicht in Führung lag; Winwell Stag, Havergills Wallach, auf den Peter Marlowe getippt hatte, stieß jetzt vor und näherte sich bedrohlich Crossfire und Western Scot, die Kopf an Kopf dahingaloppierten.
»Komm … komm … mach schon, Crossfire … Oh, ich habe gewonnen, ich habe gewonnen!«
Ein Höllenspektakel brach los, und Bartlett lachte, als Orlanda laut aufjubelte und ihm um den Hals fiel. »O Linc, wie herrlich!«
Wenige Augenblicke später gab der Totalisator die Siegquoten bekannt. Wieder kreischte die Menge. Crossfire zahlte 5 zu 2.
»Das ist nicht viel«, bemerkte Bartlett.
»Doch, doch, doch!« Nie war Orlanda ihm attraktiver erschienen, der schicke Hut, viel schicker als der von Casey – es war ihm sofort aufgefallen, und er hatte ihr ein Kompliment dafür gemacht. Sie beugte sich über die Balustrade und sah auf den Führring hinunter. »Das ist der Besitzer, Vee Cee Ng, er ist einer von unseren Schanghaier Millionären. Mein Vater kannte ihn recht gut.«
Bartlett betrachtete den Mann, der das bekränzte Pferd auf den Führring brachte – ein elegant gekleideter, freudestrahlender, gutgebauter Chinese Mitte Fünfzig.
Dann sah Bartlett Havergill mit seinem Winwell Stag, der als zweiter durchs Ziel gegangen war. Auf dem Sattelplatz erkannte er Gornt, Plumm, Pugmire und mehrere Stewards. Dunross stand neben dem Geländer und unterhielt sich mit einem kleineren Mann. Der Gouverneur, begleitet von seiner Frau und seinem Adjutanten, schlenderte von einer Gruppe zur anderen. Bartlett beobachtete sie und beneidete sie ein wenig, die Besitzer mit ihren Mützen und Regenmänteln, mit ihren Luxusfrauen und Freundinnen, alle Mitglieder eines exklusiven Klubs, der Machtzentrale von Hongkong. Alle sehr britisch, dachte er, alle sehr clever. Werde ich da besser hineinpassen als Biltzmann? Aber sicher. Außer sie wollen mich genauso draußen haben, wie sie ihn draußen haben wollten. Würden sie Orlanda akzeptieren? Selbstverständlich, als meine Frau oder als meine Freundin, es kommt auf dasselbe heraus.
»Wer ist das«, fragte er, »der Mann, der mit Dunross spricht?«
»Ach, das ist Alexei Travkin, er ist der Trainer des Tai-Pan.« Sie brach ab, als Robert Armstrong auf sie zutrat. »Guten Tag, Mr. Bartlett«, grüßte er höflich. »Haben Sie richtig getippt?«
»Nein, leider. Darf ich Sie mit Miss Ramos, Miss Orlanda Ramos bekanntmachen? Inspektor Robert Armstrong vom CID.«
»Guten Tag.« Sie erwiderte Armstrongs Lächeln, aber es entging ihm nicht, daß sie sich zur Vorsicht ermahnte. Warum haben sie nur alle solche Angst vor uns, die Schuldigen wie die Unschuldigen, fragte er sich, wo wir doch nichts anderes tun, als ihren Gesetzen Geltung zu verschaffen, sie vor Bösewichtern und Übeltätern zu beschützen? Das ist so, weil jeder gegen ein Gesetz verstößt, fast jeden Tag, und weil viele Gesetze einfach dumm sind – wie unsere Wettgesetze. So macht sich also jeder schuldig, auch Sie, meine schöne Dame, mit Ihrem ach so sinnlichen Gang und Ihrem ach so vielversprechenden Lächeln – für Bartlett. Welches Verbrechen haben Sie heute begangen, um diesen armen Tor zu bestricken? Er mag kein Tor sein in anderen Belangen, aber gegen eine von Quillan Gornt geschulte Frau? Eine hungrige, schöne, junge Eurasierin, die keinen anderen Weg vor sich hat als den Weg hinab? Ayeeyah! Aber wie gern möchte ich den Platz tauschen! Du mit deinen Gewehren, deinem Geld, Bienen wie Casey und der da und Rendezvous mit dem Abschaum der Welt wie Banastasio – o ja, ich gäbe zehn Jahre meines Lebens dafür, denn heute, das schwöre ich bei Gott, heute hasse ich alles, was ich für das gute alte England tue.
»Haben Sie auch auf den Favoriten gesetzt?« Sie schaute ihn lachend an.
»Nein, leider nein.«
»Sie hat jetzt schon das zweite Mal gewonnen«, sagte Bartlett stolz.
»Tja, wenn Sie eine Glückssträhne haben: Auf welches Pferd tippen Sie im fünften?«
»Ich habe keine Ahnung, Inspektor. Und Sie?«
»Ich kann mich auch nicht entscheiden. Na ja, viel Glück!« Armstrong entfernte sich und steuerte auf die Totokassen zu.
Auf dem Gang blieb er stehen. Die Schlange, Chief Inspector C. C.
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