Hongkong 02 - Noble House Hongkong
dachte er und wartete geduldig, aber Tiptop war schlauer. »Also dann, danke für Ihren Anruf, Tai-Pan!«
»Es war mir ein Vergnügen«, gab Dunross sofort zurück. »Übrigens kann ich Ihnen vertraulich mitteilen, es könnte tatsächlich sein, daß die Polizei, besser gesagt, ein kleiner Beamter, einen Fehler gemacht hat.«
»Ach ja. Ich nehme an, daß der Fehler unverzüglich wiedergutgemacht wird.«
»Sehr bald, wenn die betreffende Person ihr Amt zurückzugeben und von der Erlaubnis, ins Ausland zu reisen, Gebrauch zu machen wünscht.«
»Wie bald könnte sehr bald sein, Tai-Pan?«
Dunross wählte seine Worte vorsichtig. »Es sind da gewisse Formalitäten zu beachten, aber ich halte es für möglich, daß das schnell erledigt ist. Leider müssen hochgestellte Persönlichkeiten im Ausland zu Rate gezogen werden. Sie werden das sicher verstehen.«
»Gewiß. Soviel ich weiß, befindet sich eine dieser Persönlichkeiten bereits in Hongkong. Ein Mr. Sinders?«
Dunross war von Tiptops Informiertheit beeindruckt. »Ich habe schon gewisse Zusagen«, antwortete er.
»Ich hätte geglaubt, daß nur sehr wenige Zusagen nötig sind. Echtes Gold scheut kein Feuer.«
»Ja. Kann ich Sie heute abend irgendwo erreichen – um Ihnen über irgendwelche Fortschritte zu berichten?«
»Sie erreichen mich unter dieser Nummer. Bitte rufen Sie mich um neun Uhr an!«
Tiptops Stimme wurde noch trockener. »Wie ich höre, wäre es gut möglich, daß Ihre Anregung in bezug auf das Bankgeschäft günstige Aufnahme findet. Der Chop der Victoria, der des Gouverneurs und Ihr eigener, das wäre alles, um das Darlehen auf dreißig Tage zu erhalten. Dieser relativ bescheidene Betrag liegt für eine begrenzte Zeit bereit, sobald das übliche Verfahren eingeleitet ist. Bis dahin bleibt die Sache streng vertraulich.«
»Selbstverständlich.«
»Danke für Ihren Anruf!«
Dunross legte den Hörer auf und trocknete sich die Handflächen. »Für eine begrenzte Zeit« war seinem Gedächtnis unauslöschlich eingeprägt. Aber er verstand, daß die beiden »Verfahren« auf das engste, aber doch nicht unbedingt miteinander verkettet waren.
Die Gänge waren voll, und schon drängten viele Besucher in die Aufzüge, um heimzufahren. Dunross warf einen Blick in seine Loge, wo er die Aufmerksamkeit Gavallans auf sich lenkte. »Andrew, geh zur Mitgliedertribüne hinunter! Dort findest du Roger Crosse – er ist mit einem Mann namens Sinders zusammen. Frage sie, ob sie einen Moment Zeit hätten, mich in meiner Loge zu besuchen! Beeil dich!«
Gavallan lief los. Dunross eilte den Gang hinunter, an den Wettschaltern vorbei. Es sah Gornt bei einer der Kassen stehen, doch auch das trübte seinen frohen Mut nicht. Für alles kommt die Zeit, dachte er. »Wie wollen Sie die 10.000 haben? Unsere Wette?«
»Bargeld, wenn’s recht ist.«
»Ich schicke es Ihnen nachher hinüber.«
»Es hat Zeit bis Montag.«
»Heute abend. Montag werde ich alle Hände voll zu tun haben.« Mit einem höflichen Nicken setzte Dunross seinen Weg fort.
Auch in der gedrängt vollen Loge der Victoria ging es hoch her wie überall. Drinks, Gelächter, übersprudelnde Laune, Begeisterung und gegen Pilot Fish ausgestoßene Verwünschungen, aber schon wurden für das Rennen am nächsten Sonnabend Wetten abgeschlossen. Als Dunross eintrat, wurde er von Beifallsrufen, tröstlichem Zuspruch und einem neuen Schwall von Fragen empfangen. Er wehrte sie elegant ab, auch die von Martin Haply, der neben Adryon an der Tür stand.
»Ach, Vater, so ein Pech mit Noble Star! Ich habe die Hosen verloren und mein Taschengeld dazu.«
Dunross lachte. »Junge Damen sollten nicht wetten! Adryon, Schatz, vergiß die Cocktails nicht, du bist die Gastgeberin!«
»Natürlich. Wir werden pünktlich sein. Vater, bekomme ich einen Vorschuß auf mein nächstes Tasch…«
»Selbstverständlich«, antwortete Dunross zu ihrer Überraschung, drückte sie an sich und steuerte auf Havergill und Kwang zu.
»Hallo, Ian«, begrüßte ihn Havergill. »Das war Pech, aber Pilot Fish hatte unzweifelhaft die Nase vorn.«
»Nicht zu leugnen. Guten Tag, Mr. Kwang.« Dunross gab ihm den Abzug des Zielfotos. »Scheußliches Pech für uns beide.« Auch andere drängten sich heran, um es zu sehen.
»Tatsächlich … eine Nasenlänge.«
»Ich dachte, Noble Star würde …«
Dunross beugte sich zu Havergill vor. »Ist alles unterschrieben?«
»Ja. Zwanzig Cents auf den Dollar. Er hat die Willenserklärung unterzeichnet.
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