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Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Titel: Hongkong 02 - Noble House Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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das und der Haß und der Neid, die Culum und sie ihr Leben lang begleiteten.
    Na ja, man kann sie verstehen.« Dunross überlegte kurz und fügte dann hinzu: »Es heißt, sie hätte Culum Struan zeit seines Lebens unter ihrer Fuchtel gehalten und bis zum Tag ihres Todes Noble House tyrannisiert – eben so wie alle Tai-Pane, alle Schwiegertöchter, alle Schwiegersöhne und deren Kinder. Selbst noch nach ihrem Tod. Ich erinnere mich an ein englisches Kindermädchen, das ich hatte – möge sie für alle Zeiten in der Hölle schmoren! –, die mir drohte: ›Seien Sie brav, Master Ian, sonst zaubere ich die ‚Hexe‛ Struan hervor, und die wird Sie auffressen …‹«
    »Wie schrecklich«, sagte Casey.
    Dunross zuckte die Achseln. »Kindermädchen tun Kindern solche Dinge an. Ich hatte nie eines, das was taugte. Aber auch nie eine schlechte gan sun. «
    »Was ist eine gan sun? « erkundigte sich Casey.
    »Es bedeutet ›naher Körper‹ und ist die korrekte Bezeichnung für eine amah. Bis 1949 hatten die Kinder wohlhabender chinesischer, aber auch der meisten europäischen und eurasischen Familien immer ihren eigenen ›nahen Körper‹, von dem sie betreut wurden – und behielten sie in vielen Fällen ihr Leben lang. Die meisten gan sun legen ein Keuschheitsgelübde ab. Man erkennt sie leicht an dem langen Zopf, den sie am Rücken herunterhängen lassen. Meine gan sun heißt Ah Tat. Sie ist ein feiner Kerl. Sie lebt immer noch bei uns«, erzählte Dunross.
    »Meine«, berichtete Gavallan, »war mütterlicher zu mir als meine richtige Mutter.«
    »Die ›Hexe‹ Struan ist also Ihre Urgroßmutter?« fragte Casey Linbar.
    »O Gott, nein! Nein, ich … ich stamme nicht von Dirk Struan ab«, erwiderte er. Sie sah Schweiß auf seiner Stirn und verstand es nicht. »Meine Linie stammt von seinem Halbbruder Robb, Robb Struan, ab. Er war Dirks Partner. Der Tai-Pan ist ein direkter Nachkomme von Dirk, aber … keiner von uns stammt von der ›Hexe‹ ab.«
    »Sie sind alle miteinander verwandt?« fragte Casey, die eine befremdliche Spannung im Saal fühlte.
    »Ja«, antwortete Dunross. »Andrew ist mit meiner Schwester Kathy verheiratet, Jacques ist ein Vetter und Linbar … Linbar trägt unseren Namen.« Dunross lachte.
    »Es gibt noch einen ganzen Haufen Leute in Hongkong, die sich an die ›Hexe‹ erinnern. Sie trug immer ein langes schwarzes Kleid mit einer großen Turnüre, diesem altmodischen Rückenpolster, und einen komischen Hut mit einer riesigen, mottenzerfressenen Feder, alles ganz aus der Mode, und dazu einen schwarzen Stock mit einem silbernen Griff. Meistens ließ sie sich von vier Dienern in einer Sänfte durch die Straßen tragen. Auch die Chinesen hatten schreckliche Angst vor ihr. Sie nannten sie ›Ehrenwerte alte fremde Teufelsmutter mit Drachenzähnen und dem bösen Blick‹.«
    »Das stimmt.« Gavallan lachte. »Mein Vater und meine Großmutter kannten sie noch. Sie hatten ihre eigene Handelsgesellschaft hier und in Schanghai, wurden aber im großen Krieg mehr oder weniger ruiniert und kamen 1929 zu Struan’s. Mein alter Herr erzählte mir, daß er als Junge mit Freunden hinter der ›Hexe‹ herlief. Wenn sie besonders zornig war, nahm sie ihre falschen Zähne heraus und drohte ihnen damit.« Alle lachten.
    »He, Andrew, das hatte ich ganz vergessen«, mischte sich Linbar schmunzelnd ein.
    »Meine gan sun, die alte Ah Fu, kannte sie gut, und immer wenn jemand ihren Namen erwähnte, rollte sie entsetzt die Augen und flehte die Götter an, sie vor dem bösen Blick der ›Hexe‹ und ihren magischen Zähnen zu bewahren. Mein Bruder Kyle und ich, wir pflegten Ah Fu mit ihr zu hänseln.«
    »Oben im Großen Haus hängt ein Bild von ihr«, sagte Dunross zu Casey, »eigentlich sogar zwei. Wenn es Sie interessiert, zeige ich sie Ihnen.«
    »O ja – ich würde sie gern sehen. Haben Sie auch eines von Dirk Struan?«
    »Mehrere. Und eines von Robb, seinem Halbbruder.«
    »Ich würde sie alle gern sehen.«
    »Ich auch«, sagte Bartlett. »Ich habe nie auch nur eine Fotografie meiner Großeltern gesehen, geschweige denn ein Porträt meines Ururgroßvaters. Ich wollte immer etwas über meine Ahnen erfahren, was das für Leute waren, woher sie kamen. Ich weiß nichts von ihnen, außer daß mein Großvater im Wilden Westen in einer Stadt, die Jtrrico hieß, einen Güterspeicher betrieb. Muß schon eine feine Sache sein, wenn man weiß, wo man herkommt.« Er hatte nur zugehört, fasziniert den Untertönen

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